Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

Neue Vorrede
und Bestärckung derselben, noch manches bey-
gefügt u, das in den vorigen Ausgaben nicht ge-
standen; auch hin und wieder manchen Scri-
benten angeführt, worinn dasjenige mit meh-
rerm nachgelesen werden kann, was ich nur kurtz
hatte anführen können. Drittens habe ich auch
an verschiedenen Orten, denen Einwürffen be-
gegnen müssen, die man in öffentlichen critischen
Schriften, zumal aus Zürich her v, dagegen

gemacht:
Ein Poet müsse einen guten Geschmack haben. Diese
Regel nun nach meiner Art zu erklären und zu erweisen,
das ist meine Absicht in diesem Capitel.
Diese Regel
kömmt mir eben so spaßhaft vor, als wenn ich sagte: Man
hat endlich gar eine Regel gemacht: Ein Tantzmeister muß
Beine und Gelencke haben. Weiß denn der deutsche Sprach-
richter und Philosophus, der so viel Künste in Regeln will
gebracht haben, noch nicht, was eine Regel ist, und wie
sie von einer Forderung unterschieden ist?
u Noch manches beygefügt, das in den vorigen Aus-
gaben nicht gestanden)
Diese Zusätze sind meistens histo-
risch und von schlechter Erheblichkeit: Sie bestehen entwe-
der aus blossen Versetzungen, wie Cap. I. §. 8. III. 24.
oder aus historischen Erzehlungen von poetischen Abentheu-
ren, wie III. 25. oder aus eingeschalteten Citationen aus
lateinischen Scribenten, wie II. 5. und aus den Schriften
der deutschen Gesellschaft, wie IV. 5. Dahin gehöret, daß
auch die in den Anmerckungen angeführte Stellen aus
französischen, englischen etc. Scribenten ins Deutsche über-
sezt werden. Zu diesen Veränderungen muß auch die Aus-
mertzung verschiedener Stellen aus Boileau, wie II. 10.
16. 17. etc. gerechnet werden.
v Denen Einwürffen - - - zumahl aus Zürich her
dagegen gemacht)
Freylich hat er allen diesen Einwürf-
fen,

Neue Vorrede
und Beſtaͤrckung derſelben, noch manches bey-
gefuͤgt u, das in den vorigen Ausgaben nicht ge-
ſtanden; auch hin und wieder manchen Scri-
benten angefuͤhrt, worinn dasjenige mit meh-
rerm nachgeleſen werden kann, was ich nur kurtz
hatte anfuͤhren koͤnnen. Drittens habe ich auch
an verſchiedenen Orten, denen Einwuͤrffen be-
gegnen muͤſſen, die man in oͤffentlichen critiſchen
Schriften, zumal aus Zuͤrich her v, dagegen

gemacht:
Ein Poet muͤſſe einen guten Geſchmack haben. Dieſe
Regel nun nach meiner Art zu erklaͤren und zu erweiſen,
das iſt meine Abſicht in dieſem Capitel.
Dieſe Regel
koͤmmt mir eben ſo ſpaßhaft vor, als wenn ich ſagte: Man
hat endlich gar eine Regel gemacht: Ein Tantzmeiſter muß
Beine und Gelencke haben. Weiß denn der deutſche Sprach-
richter und Philoſophus, der ſo viel Kuͤnſte in Regeln will
gebracht haben, noch nicht, was eine Regel iſt, und wie
ſie von einer Forderung unterſchieden iſt?
u Noch manches beygefuͤgt, das in den vorigen Aus-
gaben nicht geſtanden)
Dieſe Zuſaͤtze ſind meiſtens hiſto-
riſch und von ſchlechter Erheblichkeit: Sie beſtehen entwe-
der aus bloſſen Verſetzungen, wie Cap. I. §. 8. III. 24.
oder aus hiſtoriſchen Erzehlungen von poetiſchen Abentheu-
ren, wie III. 25. oder aus eingeſchalteten Citationen aus
lateiniſchen Scribenten, wie II. 5. und aus den Schriften
der deutſchen Geſellſchaft, wie IV. 5. Dahin gehoͤret, daß
auch die in den Anmerckungen angefuͤhrte Stellen aus
franzoͤſiſchen, engliſchen ꝛc. Scribenten ins Deutſche uͤber-
ſezt werden. Zu dieſen Veraͤnderungen muß auch die Aus-
mertzung verſchiedener Stellen aus Boileau, wie II. 10.
16. 17. ꝛc. gerechnet werden.
v Denen Einwuͤrffen ‒ ‒ ‒ zumahl aus Zuͤrich her
dagegen gemacht)
Freylich hat er allen dieſen Einwuͤrf-
fen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0122" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Neue Vorrede</hi></fw><lb/>
und Be&#x017F;ta&#x0364;rckung der&#x017F;elben, noch manches bey-<lb/>
gefu&#x0364;gt <note place="foot" n="u"><hi rendition="#fr">Noch manches beygefu&#x0364;gt, das in den vorigen Aus-<lb/>
gaben nicht ge&#x017F;tanden)</hi> Die&#x017F;e Zu&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;ind mei&#x017F;tens hi&#x017F;to-<lb/>
ri&#x017F;ch und von &#x017F;chlechter Erheblichkeit: Sie be&#x017F;tehen entwe-<lb/>
der aus blo&#x017F;&#x017F;en Ver&#x017F;etzungen, wie Cap. <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 8. <hi rendition="#aq">III.</hi> 24.<lb/>
oder aus hi&#x017F;tori&#x017F;chen Erzehlungen von poeti&#x017F;chen Abentheu-<lb/>
ren, wie <hi rendition="#aq">III.</hi> 25. oder aus einge&#x017F;chalteten Citationen aus<lb/>
lateini&#x017F;chen Scribenten, wie <hi rendition="#aq">II.</hi> 5. und aus den Schriften<lb/>
der deut&#x017F;chen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, wie <hi rendition="#aq">IV.</hi> 5. Dahin geho&#x0364;ret, daß<lb/>
auch die in den Anmerckungen angefu&#x0364;hrte Stellen aus<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen, engli&#x017F;chen &#xA75B;c. Scribenten ins Deut&#x017F;che u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;ezt werden. Zu die&#x017F;en Vera&#x0364;nderungen muß auch die Aus-<lb/>
mertzung ver&#x017F;chiedener Stellen aus Boileau, wie <hi rendition="#aq">II.</hi> 10.<lb/>
16. 17. &#xA75B;c. gerechnet werden.</note>, das in den vorigen Ausgaben nicht ge-<lb/>
&#x017F;tanden; auch hin und wieder manchen Scri-<lb/>
benten angefu&#x0364;hrt, worinn dasjenige mit meh-<lb/>
rerm nachgele&#x017F;en werden kann, was ich nur kurtz<lb/>
hatte anfu&#x0364;hren ko&#x0364;nnen. Drittens habe ich auch<lb/>
an ver&#x017F;chiedenen Orten, denen Einwu&#x0364;rffen be-<lb/>
gegnen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die man in o&#x0364;ffentlichen criti&#x017F;chen<lb/>
Schriften, zumal aus Zu&#x0364;rich her <note xml:id="f01" next="#f02" place="foot" n="v"><hi rendition="#fr">Denen Einwu&#x0364;rffen &#x2012; &#x2012; &#x2012; zumahl aus Zu&#x0364;rich her<lb/>
dagegen gemacht)</hi> Freylich hat er allen die&#x017F;en Einwu&#x0364;rf-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fen,</fw></note>, dagegen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gemacht:</fw><lb/><note xml:id="t55" prev="#t54" place="foot" n="t"><hi rendition="#fr">Ein Poet mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e einen guten Ge&#x017F;chmack haben. Die&#x017F;e<lb/>
Regel nun nach meiner Art zu erkla&#x0364;ren und zu erwei&#x017F;en,<lb/>
das i&#x017F;t meine Ab&#x017F;icht in die&#x017F;em Capitel.</hi> Die&#x017F;e Regel<lb/>
ko&#x0364;mmt mir eben &#x017F;o &#x017F;paßhaft vor, als wenn ich &#x017F;agte: Man<lb/>
hat endlich gar eine Regel gemacht: Ein Tantzmei&#x017F;ter muß<lb/>
Beine und Gelencke haben. Weiß denn der deut&#x017F;che Sprach-<lb/>
richter und Philo&#x017F;ophus, der &#x017F;o viel Ku&#x0364;n&#x017F;te in Regeln will<lb/>
gebracht haben, noch nicht, was eine <hi rendition="#fr">Regel</hi> i&#x017F;t, und wie<lb/>
&#x017F;ie von einer <hi rendition="#fr">Forderung</hi> unter&#x017F;chieden i&#x017F;t?</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0122] Neue Vorrede und Beſtaͤrckung derſelben, noch manches bey- gefuͤgt u, das in den vorigen Ausgaben nicht ge- ſtanden; auch hin und wieder manchen Scri- benten angefuͤhrt, worinn dasjenige mit meh- rerm nachgeleſen werden kann, was ich nur kurtz hatte anfuͤhren koͤnnen. Drittens habe ich auch an verſchiedenen Orten, denen Einwuͤrffen be- gegnen muͤſſen, die man in oͤffentlichen critiſchen Schriften, zumal aus Zuͤrich her v, dagegen gemacht: t u Noch manches beygefuͤgt, das in den vorigen Aus- gaben nicht geſtanden) Dieſe Zuſaͤtze ſind meiſtens hiſto- riſch und von ſchlechter Erheblichkeit: Sie beſtehen entwe- der aus bloſſen Verſetzungen, wie Cap. I. §. 8. III. 24. oder aus hiſtoriſchen Erzehlungen von poetiſchen Abentheu- ren, wie III. 25. oder aus eingeſchalteten Citationen aus lateiniſchen Scribenten, wie II. 5. und aus den Schriften der deutſchen Geſellſchaft, wie IV. 5. Dahin gehoͤret, daß auch die in den Anmerckungen angefuͤhrte Stellen aus franzoͤſiſchen, engliſchen ꝛc. Scribenten ins Deutſche uͤber- ſezt werden. Zu dieſen Veraͤnderungen muß auch die Aus- mertzung verſchiedener Stellen aus Boileau, wie II. 10. 16. 17. ꝛc. gerechnet werden. v Denen Einwuͤrffen ‒ ‒ ‒ zumahl aus Zuͤrich her dagegen gemacht) Freylich hat er allen dieſen Einwuͤrf- fen, t Ein Poet muͤſſe einen guten Geſchmack haben. Dieſe Regel nun nach meiner Art zu erklaͤren und zu erweiſen, das iſt meine Abſicht in dieſem Capitel. Dieſe Regel koͤmmt mir eben ſo ſpaßhaft vor, als wenn ich ſagte: Man hat endlich gar eine Regel gemacht: Ein Tantzmeiſter muß Beine und Gelencke haben. Weiß denn der deutſche Sprach- richter und Philoſophus, der ſo viel Kuͤnſte in Regeln will gebracht haben, noch nicht, was eine Regel iſt, und wie ſie von einer Forderung unterſchieden iſt?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/122
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/122>, abgerufen am 27.11.2024.