[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.Mauvillons Brief bigkeit diejenigen aufmuntern, die sich vor an-dern hervorthun. Jch bin es zufrieden, daß die Fürsten den Krieg lieben; daß sie ihre Trup- pen fleissig mustern, daß sie dieselben sorgfältig kleiden, sorgfältig exercieren, sorgfältig un- terhalten, ich habe nichts dagegen: Aber man entweihe die Wissenschaften nicht, man beschim- pfe sie nicht in so weit, daß man Hofnarren auf Professorcathedern stelle. Die regierenden Für- sten, und vornehmlich die, welche Helden heis- sen wollen, müssen niemahls vergessen, was Horatz sagt: Vor Agamemnon haben dapfere Männer gelebet, derer Nahmen doch mit ih- nen untergangen seyn, weil kein Scribent sie der Nachwelt bekannt gemachet hat. Ein Fürst muß die Gelehrten werth halten, sie schützen, und, wenn ich es sagen darf, ehren, wo nicht aus Zuneigung, doch aus Politick; denn sie müssen ihn mit der künftigen Welt bekannt ma- chen, und ihnen ist ihr Ruhm und ihr Nahme anvertraut. Jch würde zuweit verfällen, wenn ich allen Anfang
Mauvillons Brief bigkeit diejenigen aufmuntern, die ſich vor an-dern hervorthun. Jch bin es zufrieden, daß die Fuͤrſten den Krieg lieben; daß ſie ihre Trup- pen fleiſſig muſtern, daß ſie dieſelben ſorgfaͤltig kleiden, ſorgfaͤltig exercieren, ſorgfaͤltig un- terhalten, ich habe nichts dagegen: Aber man entweihe die Wiſſenſchaften nicht, man beſchim- pfe ſie nicht in ſo weit, daß man Hofnarren auf Profeſſorcathedern ſtelle. Die regierenden Fuͤr- ſten, und vornehmlich die, welche Helden heiſ- ſen wollen, muͤſſen niemahls vergeſſen, was Horatz ſagt: Vor Agamemnon haben dapfere Maͤnner gelebet, derer Nahmen doch mit ih- nen untergangen ſeyn, weil kein Scribent ſie der Nachwelt bekannt gemachet hat. Ein Fuͤrſt muß die Gelehrten werth halten, ſie ſchuͤtzen, und, wenn ich es ſagen darf, ehren, wo nicht aus Zuneigung, doch aus Politick; denn ſie muͤſſen ihn mit der kuͤnftigen Welt bekannt ma- chen, und ihnen iſt ihr Ruhm und ihr Nahme anvertraut. Jch wuͤrde zuweit verfaͤllen, wenn ich allen Anfang
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Mauvillons Brief
bigkeit diejenigen aufmuntern, die ſich vor an-
dern hervorthun. Jch bin es zufrieden, daß
die Fuͤrſten den Krieg lieben; daß ſie ihre Trup-
pen fleiſſig muſtern, daß ſie dieſelben ſorgfaͤltig
kleiden, ſorgfaͤltig exercieren, ſorgfaͤltig un-
terhalten, ich habe nichts dagegen: Aber man
entweihe die Wiſſenſchaften nicht, man beſchim-
pfe ſie nicht in ſo weit, daß man Hofnarren auf
Profeſſorcathedern ſtelle. Die regierenden Fuͤr-
ſten, und vornehmlich die, welche Helden heiſ-
ſen wollen, muͤſſen niemahls vergeſſen, was
Horatz ſagt: Vor Agamemnon haben dapfere
Maͤnner gelebet, derer Nahmen doch mit ih-
nen untergangen ſeyn, weil kein Scribent ſie
der Nachwelt bekannt gemachet hat. Ein Fuͤrſt
muß die Gelehrten werth halten, ſie ſchuͤtzen,
und, wenn ich es ſagen darf, ehren, wo nicht
aus Zuneigung, doch aus Politick; denn ſie
muͤſſen ihn mit der kuͤnftigen Welt bekannt ma-
chen, und ihnen iſt ihr Ruhm und ihr Nahme
anvertraut.
Jch wuͤrde zuweit verfaͤllen, wenn ich allen
denen Betrachtungen, ſo mir uͤber dieſe Ma-
terie in den Sinn kommen, Platz geben wollte.
Jch fuͤhle und empfinde noch viele Wahrheiten,
die ich bey mir ſelbſt behalten muß, ein kuͤhne-
rer Menſch, als ich bin, mag ſie zu Papier
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