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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.

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Mauvillons Brief
Geschmack und ohne Urtheilskraft anbringen.
Und wenn die deutsche Welt sie deßwegen nicht

bestraf-
*
Die Mannheit Gothenburgs war izo gnug verschnitten.
*
Der kluge Steuermann muß selber unterliegen,
Und über Kopf und Hals dem Meer in Rachen fliegen.
Dieses ist Amthors Schreibart. Jst es eben diejenige,
von welcher Hr. Gottsched in dem eilften Hauptstücke seines
Versuches einer Dichtkunst für die Deutschen §. 14. sagt,
es sey die rechte, welche sich zu einem Heldengedichte
schicke;
Amthor habe damit die edle Einfalt Virgils völ-
lig erreicht?
Neukirchs Telemach redet durchgehends eben
diese Sprache:
Jndem sie weint und seufzt, kommt auf den Wasserwogen
Hier eine Ruderbanck und dort ein Mast geflogen.
Wenn es wahr seyn soll, wie es Hr. Prof. Gottsched in dem
eben angezogenen Hauptst. §. 17. bezeuget, daß Neukirch
Opitzen in der heroischen Schreibart weit übertroffen habe,
so muß man es von dieser verstehen. Hr. Pietsch ist auch
damit angesteckt:
Er suchte seinen Tod und der erboßte Haufen,
Der blutbegierig war, muß kaltes Wasser saufen.
*
- - - Der Scharlach, der dich trägt,
Hat unsre Treue dir mit Hertzen überlegt.
*
- - - Wo man das Nacht kan nennen,
Wo Fackeln, Ampeln, Licht, u. tausend Hertzen brennen.
Man wird keine grosse Mühe haben in den Meisterstücken des
Hr. Prof. Gottscheds selber dergleichen Plattigkeiten mit Hof-
mannswaldauischer Hoheit vermischt anzutreffen. Jn ei-
ner Serenate desselben singet die Schamhaftigkeit:
Keine

Mauvillons Brief
Geſchmack und ohne Urtheilskraft anbringen.
Und wenn die deutſche Welt ſie deßwegen nicht

beſtraf-
*
Die Mannheit Gothenburgs war izo gnug verſchnitten.
*
Der kluge Steuermann muß ſelber unterliegen,
Und uͤber Kopf und Hals dem Meer in Rachen fliegen.
Dieſes iſt Amthors Schreibart. Jſt es eben diejenige,
von welcher Hr. Gottſched in dem eilften Hauptſtuͤcke ſeines
Verſuches einer Dichtkunſt fuͤr die Deutſchen §. 14. ſagt,
es ſey die rechte, welche ſich zu einem Heldengedichte
ſchicke;
Amthor habe damit die edle Einfalt Virgils voͤl-
lig erreicht?
Neukirchs Telemach redet durchgehends eben
dieſe Sprache:
Jndem ſie weint und ſeufzt, kommt auf den Waſſerwogen
Hier eine Ruderbanck und dort ein Maſt geflogen.
Wenn es wahr ſeyn ſoll, wie es Hr. Prof. Gottſched in dem
eben angezogenen Hauptſt. §. 17. bezeuget, daß Neukirch
Opitzen in der heroiſchen Schreibart weit uͤbertroffen habe,
ſo muß man es von dieſer verſtehen. Hr. Pietſch iſt auch
damit angeſteckt:
Er ſuchte ſeinen Tod und der erboßte Haufen,
Der blutbegierig war, muß kaltes Waſſer ſaufen.
*
‒ ‒ ‒ Der Scharlach, der dich traͤgt,
Hat unſre Treue dir mit Hertzen uͤberlegt.
*
‒ ‒ ‒ Wo man das Nacht kan nennen,
Wo Fackeln, Ampeln, Licht, u. tauſend Hertzen brennen.
Man wird keine groſſe Muͤhe haben in den Meiſterſtuͤcken des
Hr. Prof. Gottſcheds ſelber dergleichen Plattigkeiten mit Hof-
mannswaldauiſcher Hoheit vermiſcht anzutreffen. Jn ei-
ner Serenate deſſelben ſinget die Schamhaftigkeit:
Keine
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[54/0054] Mauvillons Brief Geſchmack und ohne Urtheilskraft anbringen. Und wenn die deutſche Welt ſie deßwegen nicht beſtraf- * Die Mannheit Gothenburgs war izo gnug verſchnitten. * Der kluge Steuermann muß ſelber unterliegen, Und uͤber Kopf und Hals dem Meer in Rachen fliegen. Dieſes iſt Amthors Schreibart. Jſt es eben diejenige, von welcher Hr. Gottſched in dem eilften Hauptſtuͤcke ſeines Verſuches einer Dichtkunſt fuͤr die Deutſchen §. 14. ſagt, es ſey die rechte, welche ſich zu einem Heldengedichte ſchicke; Amthor habe damit die edle Einfalt Virgils voͤl- lig erreicht? Neukirchs Telemach redet durchgehends eben dieſe Sprache: Jndem ſie weint und ſeufzt, kommt auf den Waſſerwogen Hier eine Ruderbanck und dort ein Maſt geflogen. Wenn es wahr ſeyn ſoll, wie es Hr. Prof. Gottſched in dem eben angezogenen Hauptſt. §. 17. bezeuget, daß Neukirch Opitzen in der heroiſchen Schreibart weit uͤbertroffen habe, ſo muß man es von dieſer verſtehen. Hr. Pietſch iſt auch damit angeſteckt: Er ſuchte ſeinen Tod und der erboßte Haufen, Der blutbegierig war, muß kaltes Waſſer ſaufen. * ‒ ‒ ‒ Der Scharlach, der dich traͤgt, Hat unſre Treue dir mit Hertzen uͤberlegt. * ‒ ‒ ‒ Wo man das Nacht kan nennen, Wo Fackeln, Ampeln, Licht, u. tauſend Hertzen brennen. Man wird keine groſſe Muͤhe haben in den Meiſterſtuͤcken des Hr. Prof. Gottſcheds ſelber dergleichen Plattigkeiten mit Hof- mannswaldauiſcher Hoheit vermiſcht anzutreffen. Jn ei- ner Serenate deſſelben ſinget die Schamhaftigkeit: Keine

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/54>, abgerufen am 27.11.2024.