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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.

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des deutschen Witzes.
dürre und schrekliche Wüsteneyen, wo der Alp,
oder die Alpmännchen, die Leute und das Viehe
durch ein grässliches Blasen in ein Horn erschre-
ken, und des Nachts drücken und plagen.

Der ihnen das Handwerk niedergelegt] Jn
Deutschland sagt man von einem Handwerker,
wenn er sein Handwerk freywillig nicht mehr trei-
ben will: Er leget es nieder. Hergegen kan
man passive nicht sagen: Es ist ihm niederge-
legt worden,
wenn einer wieder seinen Willen
dazu gezwungen wird, daß er es niederlegen muß.
Dieses wäre ein grober Suizerismus; dafür
die Hochdeutschen gantz nachdrüklich sagen: Es
ist ihm gelegt worden.
Wollte mich jemand
fragen, wenn einer sein Handwerk selbst nieder-
legen kan, ob es denn lediglich unmöglich sey,
daß einem andern dasselbe mit Gewalt könne nie-
der
gelegt werden? So würde ich ihm kurtz ant-
worten, daß man dergleichen gefährlichen Ein-
streuungen des critischen Unglaubens kein Gehör
geben, sondern dieselben unterdrücken müsse: Es
gilt hier nicht grübeln, sondern einfältig glauben.

Grad als ob man zugeben müste; d. i. zu
Deutsch, gerade
(und mir ists zu Französisch):
Denn von den 360. Zirkeltheilen ist hier nicht
die Rede.
] Jch bitte zwar, nicht zu glauben, daß
sonst in Deutschland jemand so dumm sey, dem
bey dieser Art des Ausdruckes: Grad als ob etc.
der Sinn an die 360. Zirkeltheile kommen sollte.
Sonst wenn ich nicht so wohl wüßte, daß dieses
ein sehr gewohnter Suizerismus wäre, so würde
ich mirs nicht ausreden lassen, der Hr. Noten-

macher
[Crit. Samml. IV. St.] F

des deutſchen Witzes.
duͤrre und ſchrekliche Wuͤſteneyen, wo der Alp,
oder die Alpmaͤnnchen, die Leute und das Viehe
durch ein graͤſſliches Blaſen in ein Horn erſchre-
ken, und des Nachts druͤcken und plagen.

Der ihnen das Handwerk niedergelegt] Jn
Deutſchland ſagt man von einem Handwerker,
wenn er ſein Handwerk freywillig nicht mehr trei-
ben will: Er leget es nieder. Hergegen kan
man paſſive nicht ſagen: Es iſt ihm niederge-
legt worden,
wenn einer wieder ſeinen Willen
dazu gezwungen wird, daß er es niederlegen muß.
Dieſes waͤre ein grober Suizeriſmus; dafuͤr
die Hochdeutſchen gantz nachdruͤklich ſagen: Es
iſt ihm gelegt worden.
Wollte mich jemand
fragen, wenn einer ſein Handwerk ſelbſt nieder-
legen kan, ob es denn lediglich unmoͤglich ſey,
daß einem andern daſſelbe mit Gewalt koͤnne nie-
der
gelegt werden? So wuͤrde ich ihm kurtz ant-
worten, daß man dergleichen gefaͤhrlichen Ein-
ſtreuungen des critiſchen Unglaubens kein Gehoͤr
geben, ſondern dieſelben unterdruͤcken muͤſſe: Es
gilt hier nicht gruͤbeln, ſondern einfaͤltig glauben.

Grad als ob man zugeben muͤſte; d. i. zu
Deutſch, gerade
(und mir iſts zu Franzoͤſiſch):
Denn von den 360. Zirkeltheilen iſt hier nicht
die Rede.
] Jch bitte zwar, nicht zu glauben, daß
ſonſt in Deutſchland jemand ſo dumm ſey, dem
bey dieſer Art des Ausdruckes: Grad als ob ꝛc.
der Sinn an die 360. Zirkeltheile kommen ſollte.
Sonſt wenn ich nicht ſo wohl wuͤßte, daß dieſes
ein ſehr gewohnter Suizeriſmus waͤre, ſo wuͤrde
ich mirs nicht ausreden laſſen, der Hr. Noten-

macher
[Crit. Sam̃l. IV. St.] F
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[81/0083] des deutſchen Witzes. duͤrre und ſchrekliche Wuͤſteneyen, wo der Alp, oder die Alpmaͤnnchen, die Leute und das Viehe durch ein graͤſſliches Blaſen in ein Horn erſchre- ken, und des Nachts druͤcken und plagen. Der ihnen das Handwerk niedergelegt] Jn Deutſchland ſagt man von einem Handwerker, wenn er ſein Handwerk freywillig nicht mehr trei- ben will: Er leget es nieder. Hergegen kan man paſſive nicht ſagen: Es iſt ihm niederge- legt worden, wenn einer wieder ſeinen Willen dazu gezwungen wird, daß er es niederlegen muß. Dieſes waͤre ein grober Suizeriſmus; dafuͤr die Hochdeutſchen gantz nachdruͤklich ſagen: Es iſt ihm gelegt worden. Wollte mich jemand fragen, wenn einer ſein Handwerk ſelbſt nieder- legen kan, ob es denn lediglich unmoͤglich ſey, daß einem andern daſſelbe mit Gewalt koͤnne nie- dergelegt werden? So wuͤrde ich ihm kurtz ant- worten, daß man dergleichen gefaͤhrlichen Ein- ſtreuungen des critiſchen Unglaubens kein Gehoͤr geben, ſondern dieſelben unterdruͤcken muͤſſe: Es gilt hier nicht gruͤbeln, ſondern einfaͤltig glauben. Grad als ob man zugeben muͤſte; d. i. zu Deutſch, gerade (und mir iſts zu Franzoͤſiſch): Denn von den 360. Zirkeltheilen iſt hier nicht die Rede.] Jch bitte zwar, nicht zu glauben, daß ſonſt in Deutſchland jemand ſo dumm ſey, dem bey dieſer Art des Ausdruckes: Grad als ob ꝛc. der Sinn an die 360. Zirkeltheile kommen ſollte. Sonſt wenn ich nicht ſo wohl wuͤßte, daß dieſes ein ſehr gewohnter Suizeriſmus waͤre, ſo wuͤrde ich mirs nicht ausreden laſſen, der Hr. Noten- macher [Crit. Sam̃l. IV. St.] F

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742/83>, abgerufen am 05.12.2024.