[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.
Der gute Mann hat aus der neuen Phi- Jch will meine Gedanken in gewisse Sätze ein- 1. Die Vor- und Geschlechtsnahmen dienen, eine besondere Person dadurch, als durch ihre ei- gene Benennung, von allen andern zu unter- scheiden. 2. Wenn ich eine gewisse Person loben will, so ist meine Absicht, daß meine Leser die rühmlichen Eigenschaften und Verdienste eben dieser und nicht einer andern Person zuschreiben: Und dieser Ab- sicht gemäß muß ich den Geschlechtesnahmen der- selben so kennbar ausdrücken, daß diejenigen, denen D 3
Der gute Mann hat aus der neuen Phi- Jch will meine Gedanken in gewiſſe Saͤtze ein- 1. Die Vor- und Geſchlechtsnahmen dienen, eine beſondere Perſon dadurch, als durch ihre ei- gene Benennung, von allen andern zu unter- ſcheiden. 2. Wenn ich eine gewiſſe Perſon loben will, ſo iſt meine Abſicht, daß meine Leſer die ruͤhmlichen Eigenſchaften und Verdienſte eben dieſer und nicht einer andern Perſon zuſchreiben: Und dieſer Ab- ſicht gemaͤß muß ich den Geſchlechtesnahmen der- ſelben ſo kennbar ausdruͤcken, daß diejenigen, denen D 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <cit> <quote><pb facs="#f0055" n="53"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des deutſchen Witzes.</hi></fw><lb/> „laſſen, bewogen habe, das kann ich nicht erklaͤ-<lb/> „ren.„</quote> </cit> <p>Der gute Mann hat aus der neuen Phi-<lb/> loſophie gehoͤrt von dem Satze des zureichenden<lb/> Grundes ſchwatzen, und fuͤr bekannt angenom-<lb/> men, daß alles ſeinen zureichenden Grund haben<lb/> muͤſſe, warum es iſt, warum es ſo und nicht an-<lb/> derſt iſt: Aber er hat ſich durch ſeine Eigenliebe<lb/> ſchaͤndlich bethoͤren laſſen, wenn er ſich beredet,<lb/> daß kein zulaͤnglicher Grund fuͤr etwas vorhanden<lb/> ſeyn koͤnne, wenn er nicht vermoͤgend ſey, denſel-<lb/> ben einzuſehen. Und dieſe ungereimte Anwendung<lb/> eines ſo nuͤtzlichen Grundſatzes hat mich bewogen,<lb/> ihn durch dieſes Beyſpiel zurecht zu weiſen; da ich<lb/> ihm naͤmlich den zureichenden Grund, warum ich<lb/> Hrn. D. <hi rendition="#fr">Trillers</hi> Nahmen mit Sternchen geflikt<lb/> habe drucken laſſen, den er nicht ſehen und aus-<lb/> finden koͤnnen, ſo deutlich werde vor Augen le-<lb/> gen, daß er muß uͤberzeuget werden, daß etwas ſei-<lb/> nen zureichenden Grund haben koͤnne, wenn er ſchon<lb/> nicht im Stande iſt, denſelben zu entdeken.</p><lb/> <p>Jch will meine Gedanken in gewiſſe Saͤtze ein-<lb/> ſchlieſſen.</p><lb/> <list> <item>1. Die Vor- und <hi rendition="#fr">Geſchlechtsnahmen</hi> dienen,<lb/> eine beſondere Perſon dadurch, als durch ihre ei-<lb/> gene Benennung, von allen andern zu unter-<lb/> ſcheiden.</item><lb/> <item>2. Wenn ich eine gewiſſe Perſon loben will, ſo<lb/> iſt meine Abſicht, daß meine Leſer die ruͤhmlichen<lb/> Eigenſchaften und Verdienſte eben dieſer und nicht<lb/> einer andern Perſon zuſchreiben: Und dieſer Ab-<lb/> ſicht gemaͤß muß ich den Geſchlechtesnahmen der-<lb/> ſelben ſo <hi rendition="#fr">kennbar</hi> ausdruͤcken, daß diejenigen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw><fw place="bottom" type="catch">denen</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0055]
des deutſchen Witzes.
„laſſen, bewogen habe, das kann ich nicht erklaͤ-
„ren.„ Der gute Mann hat aus der neuen Phi-
loſophie gehoͤrt von dem Satze des zureichenden
Grundes ſchwatzen, und fuͤr bekannt angenom-
men, daß alles ſeinen zureichenden Grund haben
muͤſſe, warum es iſt, warum es ſo und nicht an-
derſt iſt: Aber er hat ſich durch ſeine Eigenliebe
ſchaͤndlich bethoͤren laſſen, wenn er ſich beredet,
daß kein zulaͤnglicher Grund fuͤr etwas vorhanden
ſeyn koͤnne, wenn er nicht vermoͤgend ſey, denſel-
ben einzuſehen. Und dieſe ungereimte Anwendung
eines ſo nuͤtzlichen Grundſatzes hat mich bewogen,
ihn durch dieſes Beyſpiel zurecht zu weiſen; da ich
ihm naͤmlich den zureichenden Grund, warum ich
Hrn. D. Trillers Nahmen mit Sternchen geflikt
habe drucken laſſen, den er nicht ſehen und aus-
finden koͤnnen, ſo deutlich werde vor Augen le-
gen, daß er muß uͤberzeuget werden, daß etwas ſei-
nen zureichenden Grund haben koͤnne, wenn er ſchon
nicht im Stande iſt, denſelben zu entdeken.
Jch will meine Gedanken in gewiſſe Saͤtze ein-
ſchlieſſen.
1. Die Vor- und Geſchlechtsnahmen dienen,
eine beſondere Perſon dadurch, als durch ihre ei-
gene Benennung, von allen andern zu unter-
ſcheiden.
2. Wenn ich eine gewiſſe Perſon loben will, ſo
iſt meine Abſicht, daß meine Leſer die ruͤhmlichen
Eigenſchaften und Verdienſte eben dieſer und nicht
einer andern Perſon zuſchreiben: Und dieſer Ab-
ſicht gemaͤß muß ich den Geſchlechtesnahmen der-
ſelben ſo kennbar ausdruͤcken, daß diejenigen,
denen
D 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742/55 |
Zitationshilfe: | [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742/55>, abgerufen am 22.07.2024. |