[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.Von der verblümten Schreibart. digungen zugleich alle von ihm getadelte Poe-ten rechtfertigen würden. Weil diese unzeitige Critick, so viel mir bewußt ist, von den schweitzerischen Kunstrichtern nicht anderst als mit Verachtung beantwortet und wiederlegt worden; so will ich die Mühe nehmen, ihre so kühn geforderte Vertheidi- gung zu verfertigen. Jch habe ausserdem Exem- pel nöthig meine Sätze recht deutlich zu machen; ich schmeichle mir aber daß diese Vertheidigung eine weit andre Wirckung haben werde, als sich Philologus davon versprechen dörffen. Kubens nennet sich derjenige unter den Mahlern, der sei- ne Feder allein gewiedmet hat, einiche grobe Feh- ler unsrer deutschen Poeten, die den guten Ge- schmack verletzen, zu bestreiten. Er hat deßfalls den Frantzosen gefolget, und ihre Gedancken, da- mit ich mit denselben rede, geheyrathet(*); aber sie mit Exempeln aus unsern deutschen Poeten erläu- tert, und bekräftiget: So daß derjenige Sinn, der auf die Vertheidigung der getadelten Stellen nur gedencket, in der critischen Wissenschaft schlecht bewandert seyn muß. Der Herr Philologus hat sich nicht getrauet, auch nur eine einige von diesen Stellen zu retten, oder die Lehrsätze des Hrn. Rubens anzugreiffen; er läßt es daran bewenden daß er eine Gegenbeschuldigung machet. Aber Nil (*) Diese Redensart wird hier einem Frantzosen zu-
geleget, und also nur vor Französisch-Deutsch ange- bracht. Nichtsdestoweniger würde ein Frantzose einen ziemlichen Grund für sie in der engen Verbindung finden, die zwischen den Gedancken zweyer Personen so genau seyn kan, als zwischen ihren Cörpern. Von der verbluͤmten Schreibart. digungen zugleich alle von ihm getadelte Poe-ten rechtfertigen wuͤrden. Weil dieſe unzeitige Critick, ſo viel mir bewußt iſt, von den ſchweitzeriſchen Kunſtrichtern nicht anderſt als mit Verachtung beantwortet und wiederlegt worden; ſo will ich die Muͤhe nehmen, ihre ſo kuͤhn geforderte Vertheidi- gung zu verfertigen. Jch habe auſſerdem Exem- pel noͤthig meine Saͤtze recht deutlich zu machen; ich ſchmeichle mir aber daß dieſe Vertheidigung eine weit andre Wirckung haben werde, als ſich Philologus davon verſprechen doͤrffen. Kubens nennet ſich derjenige unter den Mahlern, der ſei- ne Feder allein gewiedmet hat, einiche grobe Feh- ler unſrer deutſchen Poeten, die den guten Ge- ſchmack verletzen, zu beſtreiten. Er hat deßfalls den Frantzoſen gefolget, und ihre Gedancken, da- mit ich mit denſelben rede, geheyrathet(*); aber ſie mit Exempeln aus unſern deutſchen Poeten erlaͤu- tert, und bekraͤftiget: So daß derjenige Sinn, der auf die Vertheidigung der getadelten Stellen nur gedencket, in der critiſchen Wiſſenſchaft ſchlecht bewandert ſeyn muß. Der Herr Philologus hat ſich nicht getrauet, auch nur eine einige von dieſen Stellen zu retten, oder die Lehrſaͤtze des Hrn. Rubens anzugreiffen; er laͤßt es daran bewenden daß er eine Gegenbeſchuldigung machet. Aber Nil (*) Dieſe Redensart wird hier einem Frantzoſen zu-
geleget, und alſo nur vor Franzoͤſiſch-Deutſch ange- bracht. Nichtsdeſtoweniger wuͤrde ein Frantzoſe einen ziemlichen Grund fuͤr ſie in der engen Verbindung finden, die zwiſchen den Gedancken zweyer Perſonen ſo genau ſeyn kan, als zwiſchen ihren Coͤrpern. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="20"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der verbluͤmten Schreibart.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">digungen zugleich alle von ihm getadelte Poe-<lb/> ten rechtfertigen wuͤrden.</hi> Weil dieſe unzeitige<lb/> Critick, ſo viel mir bewußt iſt, von den ſchweitzeriſchen<lb/> Kunſtrichtern nicht anderſt als mit Verachtung<lb/> beantwortet und wiederlegt worden; ſo will ich die<lb/> Muͤhe nehmen, ihre ſo kuͤhn geforderte Vertheidi-<lb/> gung zu verfertigen. Jch habe auſſerdem Exem-<lb/> pel noͤthig meine Saͤtze recht deutlich zu machen;<lb/> ich ſchmeichle mir aber daß dieſe Vertheidigung<lb/> eine weit andre Wirckung haben werde, als ſich<lb/><hi rendition="#fr">Philologus</hi> davon verſprechen doͤrffen. <hi rendition="#fr">Kubens</hi><lb/> nennet ſich derjenige unter den <hi rendition="#fr">Mahlern,</hi> der ſei-<lb/> ne Feder allein gewiedmet hat, einiche grobe Feh-<lb/> ler unſrer deutſchen Poeten, die den guten Ge-<lb/> ſchmack verletzen, zu beſtreiten. Er hat deßfalls<lb/> den Frantzoſen gefolget, und ihre Gedancken, da-<lb/> mit ich mit denſelben rede, <hi rendition="#fr">geheyrathet</hi><note place="foot" n="(*)">Dieſe Redensart wird hier einem Frantzoſen zu-<lb/> geleget, und alſo nur vor Franzoͤſiſch-Deutſch ange-<lb/> bracht. Nichtsdeſtoweniger wuͤrde ein Frantzoſe einen<lb/> ziemlichen Grund fuͤr ſie in der engen Verbindung finden,<lb/> die zwiſchen den Gedancken zweyer Perſonen ſo genau ſeyn<lb/> kan, als zwiſchen ihren Coͤrpern.</note>; aber ſie<lb/> mit Exempeln aus unſern deutſchen Poeten erlaͤu-<lb/> tert, und bekraͤftiget: So daß derjenige Sinn,<lb/> der auf die Vertheidigung der getadelten Stellen<lb/> nur gedencket, in der critiſchen Wiſſenſchaft ſchlecht<lb/> bewandert ſeyn muß. Der Herr Philologus hat<lb/> ſich nicht getrauet, auch nur eine einige von dieſen<lb/> Stellen zu retten, oder die Lehrſaͤtze des Hrn.<lb/><hi rendition="#fr">Rubens</hi> anzugreiffen; er laͤßt es daran bewenden<lb/> daß er eine Gegenbeſchuldigung machet. Aber</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Nil</hi> </hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [20/0022]
Von der verbluͤmten Schreibart.
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ten rechtfertigen wuͤrden. Weil dieſe unzeitige
Critick, ſo viel mir bewußt iſt, von den ſchweitzeriſchen
Kunſtrichtern nicht anderſt als mit Verachtung
beantwortet und wiederlegt worden; ſo will ich die
Muͤhe nehmen, ihre ſo kuͤhn geforderte Vertheidi-
gung zu verfertigen. Jch habe auſſerdem Exem-
pel noͤthig meine Saͤtze recht deutlich zu machen;
ich ſchmeichle mir aber daß dieſe Vertheidigung
eine weit andre Wirckung haben werde, als ſich
Philologus davon verſprechen doͤrffen. Kubens
nennet ſich derjenige unter den Mahlern, der ſei-
ne Feder allein gewiedmet hat, einiche grobe Feh-
ler unſrer deutſchen Poeten, die den guten Ge-
ſchmack verletzen, zu beſtreiten. Er hat deßfalls
den Frantzoſen gefolget, und ihre Gedancken, da-
mit ich mit denſelben rede, geheyrathet (*); aber ſie
mit Exempeln aus unſern deutſchen Poeten erlaͤu-
tert, und bekraͤftiget: So daß derjenige Sinn,
der auf die Vertheidigung der getadelten Stellen
nur gedencket, in der critiſchen Wiſſenſchaft ſchlecht
bewandert ſeyn muß. Der Herr Philologus hat
ſich nicht getrauet, auch nur eine einige von dieſen
Stellen zu retten, oder die Lehrſaͤtze des Hrn.
Rubens anzugreiffen; er laͤßt es daran bewenden
daß er eine Gegenbeſchuldigung machet. Aber
Nil
(*) Dieſe Redensart wird hier einem Frantzoſen zu-
geleget, und alſo nur vor Franzoͤſiſch-Deutſch ange-
bracht. Nichtsdeſtoweniger wuͤrde ein Frantzoſe einen
ziemlichen Grund fuͤr ſie in der engen Verbindung finden,
die zwiſchen den Gedancken zweyer Perſonen ſo genau ſeyn
kan, als zwiſchen ihren Coͤrpern.
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