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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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der herrschenden Poeten.
kasten auszustäuben, welches aber Henak so übel
empsunden, daß er es ihm durch die Machtstimme
des weltlichen Richters verbieten lassen. Er stuhnd
auf, und sprach mit einem wolbeobachteten Nu-
merus:
Jst es schon so weit gekommen, daß
man dem gelehrten Herrn von Holenstein, und
dem berühmten Herrn Kirchneu, ungeachtet der
erstere bey Kennern wahrer Gelehrsamkeit einen
allgemeinen Beyfall und unsterblichen Ruhm er-
worben, der andere aber unter allen gewesenen
und noch lebenden Poeten keinen seines gleichen ge-
funden, in öffentlichen Schriften viele Fehler bey-
zumessen, und ihnen andere Leute, welche vielleicht
noch nicht unter die Deos medioximos gehören,
vorzuziehen weis, so stelle ich mir das Prognosti-
con,
daß man mit mir nicht säuberlicher verfah-
ren, sondern (*) - - Allein er konnte den kraus-
verflochtenen Periodus nicht vollenden, denn siehe
ein Cimmerischer Nebel erfüllte den ganzen Saal
plözlich, welcher sich nach und nach in der Mit-
ten desselben in eine Wolke sammelte, und ei-
nen Thron von etlichen erhabenen Stafeln for-
mierte. Ein blauer Dunst stuhnd über demsel-
ben, woraus augenbliklich eine lange, schwere,
fette und gravitetische Gestalt mit küpfernen Au-
gen, einer zweydeutigen Mine, und einem bunt-
schekigten Gewand an das Licht hervorstieg. Sie
erkannten straks ihren Abgott und Vater, den
herrschenden Geschmak; ein jeder sah sein eige-
nes Bildniß in ihm ausgedrükt. Auch of-

fenbarte
(*) Dieses ist von Wort zu Wort aus Hrn. Han-
kens Vorrede zu seinen Gedichten genommen.
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der herrſchenden Poeten.
kaſten auszuſtaͤuben, welches aber Henak ſo uͤbel
empſunden, daß er es ihm durch die Machtſtimme
des weltlichen Richters verbieten laſſen. Er ſtuhnd
auf, und ſprach mit einem wolbeobachteten Nu-
merus:
Jſt es ſchon ſo weit gekommen, daß
man dem gelehrten Herrn von Holenſtein, und
dem beruͤhmten Herrn Kirchneu, ungeachtet der
erſtere bey Kennern wahrer Gelehrſamkeit einen
allgemeinen Beyfall und unſterblichen Ruhm er-
worben, der andere aber unter allen geweſenen
und noch lebenden Poeten keinen ſeines gleichen ge-
funden, in oͤffentlichen Schriften viele Fehler bey-
zumeſſen, und ihnen andere Leute, welche vielleicht
noch nicht unter die Deos medioximos gehoͤren,
vorzuziehen weis, ſo ſtelle ich mir das Prognoſti-
con,
daß man mit mir nicht ſaͤuberlicher verfah-
ren, ſondern (*) ‒ ‒ Allein er konnte den kraus-
verflochtenen Periodus nicht vollenden, denn ſiehe
ein Cimmeriſcher Nebel erfuͤllte den ganzen Saal
ploͤzlich, welcher ſich nach und nach in der Mit-
ten deſſelben in eine Wolke ſammelte, und ei-
nen Thron von etlichen erhabenen Stafeln for-
mierte. Ein blauer Dunſt ſtuhnd uͤber demſel-
ben, woraus augenbliklich eine lange, ſchwere,
fette und gravitetiſche Geſtalt mit kuͤpfernen Au-
gen, einer zweydeutigen Mine, und einem bunt-
ſchekigten Gewand an das Licht hervorſtieg. Sie
erkannten ſtraks ihren Abgott und Vater, den
herrſchenden Geſchmak; ein jeder ſah ſein eige-
nes Bildniß in ihm ausgedruͤkt. Auch of-

fenbarte
(*) Dieſes iſt von Wort zu Wort aus Hrn. Han-
kens Vorrede zu ſeinen Gedichten genommen.
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[201/0203] der herrſchenden Poeten. kaſten auszuſtaͤuben, welches aber Henak ſo uͤbel empſunden, daß er es ihm durch die Machtſtimme des weltlichen Richters verbieten laſſen. Er ſtuhnd auf, und ſprach mit einem wolbeobachteten Nu- merus: Jſt es ſchon ſo weit gekommen, daß man dem gelehrten Herrn von Holenſtein, und dem beruͤhmten Herrn Kirchneu, ungeachtet der erſtere bey Kennern wahrer Gelehrſamkeit einen allgemeinen Beyfall und unſterblichen Ruhm er- worben, der andere aber unter allen geweſenen und noch lebenden Poeten keinen ſeines gleichen ge- funden, in oͤffentlichen Schriften viele Fehler bey- zumeſſen, und ihnen andere Leute, welche vielleicht noch nicht unter die Deos medioximos gehoͤren, vorzuziehen weis, ſo ſtelle ich mir das Prognoſti- con, daß man mit mir nicht ſaͤuberlicher verfah- ren, ſondern (*) ‒ ‒ Allein er konnte den kraus- verflochtenen Periodus nicht vollenden, denn ſiehe ein Cimmeriſcher Nebel erfuͤllte den ganzen Saal ploͤzlich, welcher ſich nach und nach in der Mit- ten deſſelben in eine Wolke ſammelte, und ei- nen Thron von etlichen erhabenen Stafeln for- mierte. Ein blauer Dunſt ſtuhnd uͤber demſel- ben, woraus augenbliklich eine lange, ſchwere, fette und gravitetiſche Geſtalt mit kuͤpfernen Au- gen, einer zweydeutigen Mine, und einem bunt- ſchekigten Gewand an das Licht hervorſtieg. Sie erkannten ſtraks ihren Abgott und Vater, den herrſchenden Geſchmak; ein jeder ſah ſein eige- nes Bildniß in ihm ausgedruͤkt. Auch of- fenbarte (*) Dieſes iſt von Wort zu Wort aus Hrn. Han- kens Vorrede zu ſeinen Gedichten genommen. N 5

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/203>, abgerufen am 24.11.2024.