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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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der herrschenden Poeten.
chus kein Versehen abgewinnen, denn er hatte
sich bedinget, daß man sie beurtheilen sollte, nicht
wie sie aus der Presse gekommen, sondern
wie sie bey Hause auf seinen Papieren stühn-
den.
(G g) Er gab seinen Rath folgendermas-
sen.

Das alles ist sehr gut, herrschende Poeten und
Kunstlehrer, es ist tüchtig uns in der Hoheit, die
wir in dem poetischen Reiche besitzen, zu erhal-
ten: Doch können wir nach meinem Bedünken
noch etwas mehrers thun. Jhr habet selbst wahr-
genommen, daß die Schriften unsrer Widersa-
cher nicht bloß stechend, beissend und stachligt
sind; sie sind grossentheils dogmatisch, lehrend und

schlies-
(Divum pater atque hominum Rex,) halte ich dafür, daß
Virgil hertzlich gerne das Wort Jupiter gesetzet hätte,
wenn es nur alsobald in dem Verse angegangen wäre.
Denn wer wird wol dafür halten; Virgil habe alle Wor-
te mit Fleiß und grossem Bedachte hingeschrieben, und
in einem jeden eine besondere Schönheit gesuchet? Hat
er denn nicht das gantze Werk verbrennen wollen, weil
er solches wegen Uebereilung des Todes nicht hat verbes-
sern können? Hr. Schwartze in der Vertheidigung des
Versuches einer Uebersetzung Virgils.
XXI. Beytr. 4.
Art. bl.
77. Eben daselbst sagt Hr. Schwarze: Jch
bin ein eifriger Verehrer unsers Marons, aber ich bethe
ihn des wegen nicht als einen Gott an, der nicht fehlen
könnte. Das Wort Pius hat sich gar zu gut zu seinem
Aeneas in den Vers geschikt, darum hat er solches bis-
weilen auch an solchen Orten gebraucht, wo es mehr ei-
nen Fehler als eine Schönheit ausmachet.
(G g) Hr. Schwarze beklaget sich in der eben ange-
zogenen Stelle, daß sein Gegner die Verse beurtheilte,
wie sie in den Beyträgen, nicht, wie sie auf seinem Pa-
pier stühnden.
N 2

der herrſchenden Poeten.
chus kein Verſehen abgewinnen, denn er hatte
ſich bedinget, daß man ſie beurtheilen ſollte, nicht
wie ſie aus der Preſſe gekommen, ſondern
wie ſie bey Hauſe auf ſeinen Papieren ſtuͤhn-
den.
(G g) Er gab ſeinen Rath folgendermaſ-
ſen.

Das alles iſt ſehr gut, herrſchende Poeten und
Kunſtlehrer, es iſt tuͤchtig uns in der Hoheit, die
wir in dem poetiſchen Reiche beſitzen, zu erhal-
ten: Doch koͤnnen wir nach meinem Beduͤnken
noch etwas mehrers thun. Jhr habet ſelbſt wahr-
genommen, daß die Schriften unſrer Widerſa-
cher nicht bloß ſtechend, beiſſend und ſtachligt
ſind; ſie ſind groſſentheils dogmatiſch, lehrend und

ſchlieſ-
(Divum pater atque hominum Rex,) halte ich dafuͤr, daß
Virgil hertzlich gerne das Wort Jupiter geſetzet haͤtte,
wenn es nur alſobald in dem Verſe angegangen waͤre.
Denn wer wird wol dafuͤr halten; Virgil habe alle Wor-
te mit Fleiß und groſſem Bedachte hingeſchrieben, und
in einem jeden eine beſondere Schoͤnheit geſuchet? Hat
er denn nicht das gantze Werk verbrennen wollen, weil
er ſolches wegen Uebereilung des Todes nicht hat verbeſ-
ſern koͤnnen? Hr. Schwartze in der Vertheidigung des
Verſuches einer Ueberſetzung Virgils.
XXI. Beytr. 4.
Art. bl.
77. Eben daſelbſt ſagt Hr. Schwarze: Jch
bin ein eifriger Verehrer unſers Marons, aber ich bethe
ihn des wegen nicht als einen Gott an, der nicht fehlen
koͤnnte. Das Wort Pius hat ſich gar zu gut zu ſeinem
Aeneas in den Vers geſchikt, darum hat er ſolches bis-
weilen auch an ſolchen Orten gebraucht, wo es mehr ei-
nen Fehler als eine Schoͤnheit ausmachet.
(G g) Hr. Schwarze beklaget ſich in der eben ange-
zogenen Stelle, daß ſein Gegner die Verſe beurtheilte,
wie ſie in den Beytraͤgen, nicht, wie ſie auf ſeinem Pa-
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N 2
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[195/0197] der herrſchenden Poeten. chus kein Verſehen abgewinnen, denn er hatte ſich bedinget, daß man ſie beurtheilen ſollte, nicht wie ſie aus der Preſſe gekommen, ſondern wie ſie bey Hauſe auf ſeinen Papieren ſtuͤhn- den. (G g) Er gab ſeinen Rath folgendermaſ- ſen. Das alles iſt ſehr gut, herrſchende Poeten und Kunſtlehrer, es iſt tuͤchtig uns in der Hoheit, die wir in dem poetiſchen Reiche beſitzen, zu erhal- ten: Doch koͤnnen wir nach meinem Beduͤnken noch etwas mehrers thun. Jhr habet ſelbſt wahr- genommen, daß die Schriften unſrer Widerſa- cher nicht bloß ſtechend, beiſſend und ſtachligt ſind; ſie ſind groſſentheils dogmatiſch, lehrend und ſchlieſ- (F f) (G g) Hr. Schwarze beklaget ſich in der eben ange- zogenen Stelle, daß ſein Gegner die Verſe beurtheilte, wie ſie in den Beytraͤgen, nicht, wie ſie auf ſeinem Pa- pier ſtuͤhnden. (F f) (Divum pater atque hominum Rex,) halte ich dafuͤr, daß Virgil hertzlich gerne das Wort Jupiter geſetzet haͤtte, wenn es nur alſobald in dem Verſe angegangen waͤre. Denn wer wird wol dafuͤr halten; Virgil habe alle Wor- te mit Fleiß und groſſem Bedachte hingeſchrieben, und in einem jeden eine beſondere Schoͤnheit geſuchet? Hat er denn nicht das gantze Werk verbrennen wollen, weil er ſolches wegen Uebereilung des Todes nicht hat verbeſ- ſern koͤnnen? Hr. Schwartze in der Vertheidigung des Verſuches einer Ueberſetzung Virgils. XXI. Beytr. 4. Art. bl. 77. Eben daſelbſt ſagt Hr. Schwarze: Jch bin ein eifriger Verehrer unſers Marons, aber ich bethe ihn des wegen nicht als einen Gott an, der nicht fehlen koͤnnte. Das Wort Pius hat ſich gar zu gut zu ſeinem Aeneas in den Vers geſchikt, darum hat er ſolches bis- weilen auch an ſolchen Orten gebraucht, wo es mehr ei- nen Fehler als eine Schoͤnheit ausmachet. N 2

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/197>, abgerufen am 22.11.2024.