heit der deutschen Leser zu schieben weiß, wenn er sich Bl. 15. also vernehmen läßt:
"Deutschland "ist von allem Witze und Verstande so leer nicht, "als man wohl denket. Allein unter hundert "kleinen Schriften werden kaum zehne solchen "Personen bekannt, welche deren Wehrt oder "Unwehrt recht zu schätzen wissen. Es ist man- "ches artige Stüke darunter, welches mehr als "hundert Personen zu Gesichte kommen sollte, zu- "mahl da unter denen hundert Personen, die es "sehen, zuweilen nicht dreye sind, welche die "Schönheit desselben erkennen, und es des Auf- "hebens würdig achten."
Wer wollte nicht da- her, daß Deutschland an guten Kennern und Le- sern so arm ist, den richtigen Schluß ziehen, daß die deutschen Scribenten hiemit nothwendig geist- und sinn-reiche Köpfe seyn müssen? Wer diese Folge läugnen wollte, der würde eben so thöricht handeln, als wenn er die Möglichkeit der Plane- ten-Einwohner bloß aus dem Grunde nicht zuge- ben wollte, weil er sie mit seinen Augen nicht se- hen kan.
Dem Hrn. M. Schwabe hat beliebt, (denn ein jeder Vater hat das Recht seine Kinder, die er selbst gezeuget, oder die er an Kindesstatt an- nimmt, nach Belieben taufen zu lassen,) diese Monatschrift mit dem Titel: Belustigungen des Verstandes und des Witzes, zu belegen. Wol- let ihr den Grund dieser Benennung wissen, die mit der Absicht des Verfassers eben nicht die näch- ste Uebereinstimmung hat, so kan ich euch aus dem Munde des Hrn. Magisters berichten, daß
er
[Crit. Samml. III. St.] K
von gelehrten Schriften.
heit der deutſchen Leſer zu ſchieben weiß, wenn er ſich Bl. 15. alſo vernehmen laͤßt:
„Deutſchland „iſt von allem Witze und Verſtande ſo leer nicht, „als man wohl denket. Allein unter hundert „kleinen Schriften werden kaum zehne ſolchen „Perſonen bekannt, welche deren Wehrt oder „Unwehrt recht zu ſchaͤtzen wiſſen. Es iſt man- „ches artige Stuͤke darunter, welches mehr als „hundert Perſonen zu Geſichte kommen ſollte, zu- „mahl da unter denen hundert Perſonen, die es „ſehen, zuweilen nicht dreye ſind, welche die „Schoͤnheit deſſelben erkennen, und es des Auf- „hebens wuͤrdig achten.„
Wer wollte nicht da- her, daß Deutſchland an guten Kennern und Le- ſern ſo arm iſt, den richtigen Schluß ziehen, daß die deutſchen Scribenten hiemit nothwendig geiſt- und ſinn-reiche Koͤpfe ſeyn muͤſſen? Wer dieſe Folge laͤugnen wollte, der wuͤrde eben ſo thoͤricht handeln, als wenn er die Moͤglichkeit der Plane- ten-Einwohner bloß aus dem Grunde nicht zuge- ben wollte, weil er ſie mit ſeinen Augen nicht ſe- hen kan.
Dem Hrn. M. Schwabe hat beliebt, (denn ein jeder Vater hat das Recht ſeine Kinder, die er ſelbſt gezeuget, oder die er an Kindesſtatt an- nimmt, nach Belieben taufen zu laſſen,) dieſe Monatſchrift mit dem Titel: Beluſtigungen des Verſtandes und des Witzes, zu belegen. Wol- let ihr den Grund dieſer Benennung wiſſen, die mit der Abſicht des Verfaſſers eben nicht die naͤch- ſte Uebereinſtimmung hat, ſo kan ich euch aus dem Munde des Hrn. Magiſters berichten, daß
er
[Crit. Sam̃l. III. St.] K
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0147"n="145"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von gelehrten Schriften.</hi></fw><lb/>
heit der deutſchen Leſer zu ſchieben weiß, wenn er<lb/>ſich Bl. 15. alſo vernehmen laͤßt:</p><cit><quote>„Deutſchland<lb/>„iſt von allem Witze und Verſtande ſo leer nicht,<lb/>„als man wohl denket. Allein unter hundert<lb/>„kleinen Schriften werden kaum zehne ſolchen<lb/>„Perſonen bekannt, welche deren Wehrt oder<lb/>„Unwehrt recht zu ſchaͤtzen wiſſen. Es iſt man-<lb/>„ches artige Stuͤke darunter, welches mehr als<lb/>„hundert Perſonen zu Geſichte kommen ſollte, zu-<lb/>„mahl da unter denen hundert Perſonen, die es<lb/>„ſehen, zuweilen nicht dreye ſind, welche die<lb/>„Schoͤnheit deſſelben erkennen, und es des Auf-<lb/>„hebens wuͤrdig achten.„</quote></cit><p>Wer wollte nicht da-<lb/>
her, daß Deutſchland an guten Kennern und Le-<lb/>ſern ſo arm iſt, den richtigen Schluß ziehen, daß<lb/>
die deutſchen Scribenten hiemit nothwendig geiſt-<lb/>
und ſinn-reiche Koͤpfe ſeyn muͤſſen? Wer dieſe<lb/>
Folge laͤugnen wollte, der wuͤrde eben ſo thoͤricht<lb/>
handeln, als wenn er die Moͤglichkeit der Plane-<lb/>
ten-Einwohner bloß aus dem Grunde nicht zuge-<lb/>
ben wollte, weil er ſie mit ſeinen Augen nicht ſe-<lb/>
hen kan.</p><lb/><p>Dem Hrn. M. Schwabe hat beliebt, (denn<lb/>
ein jeder Vater hat das Recht ſeine Kinder, die<lb/>
er ſelbſt gezeuget, oder die er an Kindesſtatt an-<lb/>
nimmt, nach Belieben taufen zu laſſen,) dieſe<lb/>
Monatſchrift mit dem Titel: <hirendition="#fr">Beluſtigungen des<lb/>
Verſtandes und des Witzes,</hi> zu belegen. Wol-<lb/>
let ihr den Grund dieſer Benennung wiſſen, die<lb/>
mit der Abſicht des Verfaſſers eben nicht die naͤch-<lb/>ſte Uebereinſtimmung hat, ſo kan ich euch aus<lb/>
dem Munde des Hrn. Magiſters berichten, daß<lb/><fwplace="bottom"type="sig">[Crit. Sam̃l. <hirendition="#aq">III.</hi> St.] K</fw><fwplace="bottom"type="catch">er</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[145/0147]
von gelehrten Schriften.
heit der deutſchen Leſer zu ſchieben weiß, wenn er
ſich Bl. 15. alſo vernehmen laͤßt:
„Deutſchland
„iſt von allem Witze und Verſtande ſo leer nicht,
„als man wohl denket. Allein unter hundert
„kleinen Schriften werden kaum zehne ſolchen
„Perſonen bekannt, welche deren Wehrt oder
„Unwehrt recht zu ſchaͤtzen wiſſen. Es iſt man-
„ches artige Stuͤke darunter, welches mehr als
„hundert Perſonen zu Geſichte kommen ſollte, zu-
„mahl da unter denen hundert Perſonen, die es
„ſehen, zuweilen nicht dreye ſind, welche die
„Schoͤnheit deſſelben erkennen, und es des Auf-
„hebens wuͤrdig achten.„ Wer wollte nicht da-
her, daß Deutſchland an guten Kennern und Le-
ſern ſo arm iſt, den richtigen Schluß ziehen, daß
die deutſchen Scribenten hiemit nothwendig geiſt-
und ſinn-reiche Koͤpfe ſeyn muͤſſen? Wer dieſe
Folge laͤugnen wollte, der wuͤrde eben ſo thoͤricht
handeln, als wenn er die Moͤglichkeit der Plane-
ten-Einwohner bloß aus dem Grunde nicht zuge-
ben wollte, weil er ſie mit ſeinen Augen nicht ſe-
hen kan.
Dem Hrn. M. Schwabe hat beliebt, (denn
ein jeder Vater hat das Recht ſeine Kinder, die
er ſelbſt gezeuget, oder die er an Kindesſtatt an-
nimmt, nach Belieben taufen zu laſſen,) dieſe
Monatſchrift mit dem Titel: Beluſtigungen des
Verſtandes und des Witzes, zu belegen. Wol-
let ihr den Grund dieſer Benennung wiſſen, die
mit der Abſicht des Verfaſſers eben nicht die naͤch-
ſte Uebereinſtimmung hat, ſo kan ich euch aus
dem Munde des Hrn. Magiſters berichten, daß
er
[Crit. Sam̃l. III. St.] K
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/147>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.