[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.Nachrichten von dem Ursprunge allerersten Poeten, dem Opitzen, stecket."Wenn Er meint, Tscherning sey Opitzen nicht beyge- "Seine Tragödien, sagt er, sind voller Kraft, "von
Nachrichten von dem Urſprunge allererſten Poeten, dem Opitzen, ſtecket.„Wenn Er meint, Tſcherning ſey Opitzen nicht beyge- „Seine Tragoͤdien, ſagt er, ſind voller Kraft, „von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0098" n="96"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Nachrichten von dem Urſprunge</hi></fw><lb/> allererſten Poeten, dem Opitzen, ſtecket.</p> <cit> <quote>„Wenn<lb/> „wir uns alle bemuͤheten, ſagt er ferner, den<lb/> „Weg zu gehen, den er gegangen, das iſt,<lb/> „durch Leſung der Griechen und Roͤmer klug zu<lb/> „werden, ihre Gedancken mit Anmuth anzubrin-<lb/> „gen, und endlich eigne aus unſrem Gehirne aus-<lb/> „zubruͤten, ſo wuͤrden wir den Franzoſen bald<lb/> „naͤher kommen, und uͤber die Ungleichheit ihrer<lb/> „und unſrer Schriften nicht mehr klagen duͤrffen:<lb/> „Maſſen ſie doch alles, was ſie ſagen, den Al-<lb/> „ten entweder nachgeafft oder abgeſtohlen.„</quote> </cit><lb/> <p>Er meint, Tſcherning ſey Opitzen nicht beyge-<lb/> kommen, Dach ſey unvergleichlich in geiſtlichen<lb/> Liedern, und ungemein gluͤcklich in Ueberſetzung<lb/> der Pſalmen, Flemming behalte noch wohl den<lb/> Ruhm, daß er unter ſeinen Landsleuten am be-<lb/> ſten geſungen, wenn er ihn aber bey die drey be-<lb/> ruͤhmten Maͤnner Gryphius, Hoffmannswaldau<lb/> und Lohenſtein ſtelle, ſo duͤrfte er faſt von ihm<lb/> und ſeines gleichen das Urtheil faͤllen, ſie waͤren<lb/> zwar groſſe Helden, aber ſie kaͤmen nicht an die<lb/> Zahl der drey. Denn dieſe haben nicht allein dem<lb/> Opitz weit gluͤcklicher als Flemming gefolget, ſon-<lb/> dern ihn in gewiſſen Stuͤcken auch uͤbertroffen. Und<lb/> zwar, was Gryphius belange, ſo ſey unſtretig,<lb/> daß ſeine Gelehrſamkeit unmaͤßlich, ſein Verſtand<lb/> unvergleichlich, und ſowohl in Erfindung als Aus-<lb/> bildung der Dinge ſehr hurtig und ſchnell geweſen.</p><lb/> <cit> <quote>„Seine Tragoͤdien, ſagt er, ſind voller Kraft,<lb/> „alle Beywoͤrter wohl ausgeſonnen, und wenn<lb/> „ich die Wahrheit ſagen ſoll, ſo maͤnnlich, nach-<lb/> „druͤcklich, und donnernd, daß es ihm keiner<lb/> <fw place="bottom" type="catch">„von</fw><lb/></quote> </cit> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0098]
Nachrichten von dem Urſprunge
allererſten Poeten, dem Opitzen, ſtecket.
„Wenn
„wir uns alle bemuͤheten, ſagt er ferner, den
„Weg zu gehen, den er gegangen, das iſt,
„durch Leſung der Griechen und Roͤmer klug zu
„werden, ihre Gedancken mit Anmuth anzubrin-
„gen, und endlich eigne aus unſrem Gehirne aus-
„zubruͤten, ſo wuͤrden wir den Franzoſen bald
„naͤher kommen, und uͤber die Ungleichheit ihrer
„und unſrer Schriften nicht mehr klagen duͤrffen:
„Maſſen ſie doch alles, was ſie ſagen, den Al-
„ten entweder nachgeafft oder abgeſtohlen.„
Er meint, Tſcherning ſey Opitzen nicht beyge-
kommen, Dach ſey unvergleichlich in geiſtlichen
Liedern, und ungemein gluͤcklich in Ueberſetzung
der Pſalmen, Flemming behalte noch wohl den
Ruhm, daß er unter ſeinen Landsleuten am be-
ſten geſungen, wenn er ihn aber bey die drey be-
ruͤhmten Maͤnner Gryphius, Hoffmannswaldau
und Lohenſtein ſtelle, ſo duͤrfte er faſt von ihm
und ſeines gleichen das Urtheil faͤllen, ſie waͤren
zwar groſſe Helden, aber ſie kaͤmen nicht an die
Zahl der drey. Denn dieſe haben nicht allein dem
Opitz weit gluͤcklicher als Flemming gefolget, ſon-
dern ihn in gewiſſen Stuͤcken auch uͤbertroffen. Und
zwar, was Gryphius belange, ſo ſey unſtretig,
daß ſeine Gelehrſamkeit unmaͤßlich, ſein Verſtand
unvergleichlich, und ſowohl in Erfindung als Aus-
bildung der Dinge ſehr hurtig und ſchnell geweſen.
„Seine Tragoͤdien, ſagt er, ſind voller Kraft,
„alle Beywoͤrter wohl ausgeſonnen, und wenn
„ich die Wahrheit ſagen ſoll, ſo maͤnnlich, nach-
„druͤcklich, und donnernd, daß es ihm keiner
„von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/98 |
Zitationshilfe: | [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/98>, abgerufen am 22.07.2024. |