[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.der Critick bey den Deutschen. Die muntern Köpfe, die zu einer Zeit mit Wir sehen in der That, daß sie ihren Opiz wünsch- F 3
der Critick bey den Deutſchen. Die muntern Koͤpfe, die zu einer Zeit mit Wir ſehen in der That, daß ſie ihren Opiz wuͤnſch- F 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0087" n="85"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Critick bey den Deutſchen.</hi> </fw><lb/> <p>Die muntern Koͤpfe, die zu einer Zeit mit<lb/> Opizen lebeten, empfanden zwar die Gewalt der<lb/> Regeln, die er in ſeinen Schriften angewandt<lb/> hatte, nicht nur ſo gut, als der gemeine Mann,<lb/> ſondern nach dem groͤſſern Maaſſe ihrer Geſchick-<lb/> lichkeit in weit hoͤhern Graden. Doch beſann ſich<lb/> keiner von ihnen, dieſelben darinnen aufzuſuchen,<lb/> und die Uebereinſtimmung der Eindruͤcke mit der<lb/> menſchlichen Natur, auf welcher ſie beruheten, in<lb/> ſorgfaͤltigen und wohluͤberlegten Unterſuchungen<lb/> der Opiziſchen Exempel zu entdecken. Sie gien-<lb/> gen nicht weiter, als daß ſie ſeinen neuen Vers<lb/> nach ſeinem aͤuſſerlichen Ausſehen betrachteten,<lb/> und einige Regeln auf das Muſter derſelben feſt-<lb/> ſezeten. Wenn ſie die innerliche Kunſt ſeiner Ge-<lb/> dichte im Tiefen und Abſonderlichen eingeſehen,<lb/> und aus ſeinen, oder ihren eigenen, Erfahrun-<lb/> gen und weitern Nachſinnen eine gruͤndliche Theo-<lb/> rie bekommen haben, ſo haben ſie dieſe nicht in<lb/> critiſchen Schriften oder Kunſtbuͤchern ſondern<lb/> ebenfalls in der Ausuͤbung gebraucht.</p><lb/> <p>Wir ſehen in der That, daß ſie ihren Opiz<lb/> fleiſſig geſtudiert haben; der Schwung, den ſie<lb/> ihren Gedichten gegeben, insbeſondere mittelſt<lb/> dergleichen Zuſaͤze, womit Opiz das Ende ſeiner<lb/> Redeſaͤze ſo gerne mit unerwartetem Nachdruck<lb/> verſtaͤrkete, eine Menge Redensarten, Bilder,<lb/> Lebensregeln, Gleichniſſe, Alluſionen, ſo ſie von<lb/> ihm angenommen haben, zeigen genugſam, daß<lb/> ſie ihm mit ſorgfaͤltigen Schritten nachgegangen<lb/> ſind. Andreas Tſcherning hat zum Ex. ein Gluͤck-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wuͤnſch-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0087]
der Critick bey den Deutſchen.
Die muntern Koͤpfe, die zu einer Zeit mit
Opizen lebeten, empfanden zwar die Gewalt der
Regeln, die er in ſeinen Schriften angewandt
hatte, nicht nur ſo gut, als der gemeine Mann,
ſondern nach dem groͤſſern Maaſſe ihrer Geſchick-
lichkeit in weit hoͤhern Graden. Doch beſann ſich
keiner von ihnen, dieſelben darinnen aufzuſuchen,
und die Uebereinſtimmung der Eindruͤcke mit der
menſchlichen Natur, auf welcher ſie beruheten, in
ſorgfaͤltigen und wohluͤberlegten Unterſuchungen
der Opiziſchen Exempel zu entdecken. Sie gien-
gen nicht weiter, als daß ſie ſeinen neuen Vers
nach ſeinem aͤuſſerlichen Ausſehen betrachteten,
und einige Regeln auf das Muſter derſelben feſt-
ſezeten. Wenn ſie die innerliche Kunſt ſeiner Ge-
dichte im Tiefen und Abſonderlichen eingeſehen,
und aus ſeinen, oder ihren eigenen, Erfahrun-
gen und weitern Nachſinnen eine gruͤndliche Theo-
rie bekommen haben, ſo haben ſie dieſe nicht in
critiſchen Schriften oder Kunſtbuͤchern ſondern
ebenfalls in der Ausuͤbung gebraucht.
Wir ſehen in der That, daß ſie ihren Opiz
fleiſſig geſtudiert haben; der Schwung, den ſie
ihren Gedichten gegeben, insbeſondere mittelſt
dergleichen Zuſaͤze, womit Opiz das Ende ſeiner
Redeſaͤze ſo gerne mit unerwartetem Nachdruck
verſtaͤrkete, eine Menge Redensarten, Bilder,
Lebensregeln, Gleichniſſe, Alluſionen, ſo ſie von
ihm angenommen haben, zeigen genugſam, daß
ſie ihm mit ſorgfaͤltigen Schritten nachgegangen
ſind. Andreas Tſcherning hat zum Ex. ein Gluͤck-
wuͤnſch-
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