Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

für die Tr-ll-rischen Fabeln.
het ihm also gerne zu, daß die Tr-ll-rischen
Gedichte wenig; seine Fabeln aber gar
nichts taugen.
Man beklagt dahero billig
mehr als ein hundert arme Leser,
welche nun


seit
kom-
Daß die Gedichte wenig, die Fabeln aber gar
nichts taugen)
Die Jronie, deren sich unser Vor-
redner bedienet, ist so fein, daß man öfters nicht zu
sagen weiß, ob es eine ist oder nicht. Jedermann
wird hier nichts destoweniger mercken, daß dieses
poetische Glaubensbekenntniß als eine Jronie auf-
zunehmen sey. Und doch darf ich versichern, daß es
Hrn. D. Tr-ll-r nicht sauer ankommen würde, ein sol-
ches Bekenntniß auch ohne Jronie abzulegen. Denn
so meldet J. C. B. in der Vorrede zu dem zweyten
Theil seiner Gedichte mit ausdrücklichen Worten: "Er
"hat den schwülstigen Titel eines Poeten nie begehrt,
"und wird es ihm daher gleich viel seyn, ob man ihn
"unter die grossen, mittelmässigen, oder gar kleinen
"Dichter rechne, oder aber gäntzlich von der Zahl
"der Poeten ausschliessen wolle. - - -
"- - - Er wird demjenigen nicht unhöfli-
"cher begegnen, der ihn für keinen Poeten hält, als
"diesem, der ihn dafür achtet: Weil in dem einen
"die Schande klein, und in dem andern die Ehre nicht
"allzugroß: Er gläubt nicht, daß Versmachen eine
"Hexerey oder ein solches wichtiges Geheimniß sey,
"welches nur grossen und starcken Geistern mitgethei-
"würde, und wovon alle übrigen ausgeschlossen wä-
"ren."
Mehr als ein hundert arme Leser) Wer sein Leb-
tag jemahls mit Manuscripten umgegangen ist, der
weiß, daß sich die Fehler nirgend häufiger in einen
Text einschleichen können, als wo die Zahlwörter vor-
D

fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln.
het ihm alſo gerne zu, daß die Tr-ll-riſchen
Gedichte wenig; ſeine Fabeln aber gar
nichts taugen.
Man beklagt dahero billig
mehr als ein hundert arme Leſer,
welche nun


ſeit
kom-
Daß die Gedichte wenig, die Fabeln aber gar
nichts taugen)
Die Jronie, deren ſich unſer Vor-
redner bedienet, iſt ſo fein, daß man oͤfters nicht zu
ſagen weiß, ob es eine iſt oder nicht. Jedermann
wird hier nichts deſtoweniger mercken, daß dieſes
poetiſche Glaubensbekenntniß als eine Jronie auf-
zunehmen ſey. Und doch darf ich verſichern, daß es
Hrn. D. Tr-ll-r nicht ſauer ankommen wuͤrde, ein ſol-
ches Bekenntniß auch ohne Jronie abzulegen. Denn
ſo meldet J. C. B. in der Vorrede zu dem zweyten
Theil ſeiner Gedichte mit ausdruͤcklichen Worten: „Er
„hat den ſchwuͤlſtigen Titel eines Poeten nie begehrt,
„und wird es ihm daher gleich viel ſeyn, ob man ihn
„unter die groſſen, mittelmaͤſſigen, oder gar kleinen
„Dichter rechne, oder aber gaͤntzlich von der Zahl
„der Poeten ausſchlieſſen wolle. ‒ ‒ ‒
„‒ ‒ ‒ Er wird demjenigen nicht unhoͤfli-
„cher begegnen, der ihn fuͤr keinen Poeten haͤlt, als
„dieſem, der ihn dafuͤr achtet: Weil in dem einen
„die Schande klein, und in dem andern die Ehre nicht
„allzugroß: Er glaͤubt nicht, daß Versmachen eine
Hexerey oder ein ſolches wichtiges Geheimniß ſey,
„welches nur groſſen und ſtarcken Geiſtern mitgethei-
„wuͤrde, und wovon alle uͤbrigen ausgeſchloſſen waͤ-
„ren.„
Mehr als ein hundert arme Leſer) Wer ſein Leb-
tag jemahls mit Manuſcripten umgegangen iſt, der
weiß, daß ſich die Fehler nirgend haͤufiger in einen
Text einſchleichen koͤnnen, als wo die Zahlwoͤrter vor-
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">fu&#x0364;r die Tr-ll-ri&#x017F;chen Fabeln.</hi></fw><lb/>
het ihm al&#x017F;o gerne zu, <hi rendition="#fr">daß die Tr-ll-ri&#x017F;chen<lb/>
Gedichte wenig; &#x017F;eine Fabeln aber gar<lb/>
nichts taugen.</hi> Man <hi rendition="#fr">beklagt dahero billig<lb/>
mehr als ein hundert arme Le&#x017F;er,</hi> welche nun<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eit</fw><lb/><note place="foot"><hi rendition="#fr">Daß die Gedichte wenig, die Fabeln aber gar<lb/>
nichts taugen)</hi> Die Jronie, deren &#x017F;ich un&#x017F;er Vor-<lb/>
redner bedienet, i&#x017F;t &#x017F;o fein, daß man o&#x0364;fters nicht zu<lb/>
&#x017F;agen weiß, ob es eine i&#x017F;t oder nicht. Jedermann<lb/>
wird hier nichts de&#x017F;toweniger mercken, daß die&#x017F;es<lb/>
poeti&#x017F;che Glaubensbekenntniß als eine Jronie auf-<lb/>
zunehmen &#x017F;ey. Und doch darf ich ver&#x017F;ichern, daß es<lb/>
Hrn. D. Tr-ll-r nicht &#x017F;auer ankommen wu&#x0364;rde, ein &#x017F;ol-<lb/>
ches Bekenntniß auch ohne Jronie abzulegen. Denn<lb/>
&#x017F;o meldet J. C. B. in der Vorrede zu dem zweyten<lb/>
Theil &#x017F;einer Gedichte mit ausdru&#x0364;cklichen Worten: <cit><quote>&#x201E;Er<lb/>
&#x201E;hat den &#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;tigen Titel eines Poeten nie begehrt,<lb/>
&#x201E;und wird es ihm daher gleich viel &#x017F;eyn, ob man ihn<lb/>
&#x201E;unter die gro&#x017F;&#x017F;en, mittelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen, oder gar kleinen<lb/>
&#x201E;Dichter rechne, oder aber ga&#x0364;ntzlich von der Zahl<lb/>
&#x201E;der Poeten aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en wolle. &#x2012; &#x2012; &#x2012;<lb/>
&#x201E;&#x2012; &#x2012; &#x2012; Er wird demjenigen nicht unho&#x0364;fli-<lb/>
&#x201E;cher begegnen, der ihn fu&#x0364;r keinen Poeten ha&#x0364;lt, als<lb/>
&#x201E;die&#x017F;em, der ihn dafu&#x0364;r achtet: Weil in dem einen<lb/>
&#x201E;die Schande klein, und in dem andern die Ehre nicht<lb/>
&#x201E;allzugroß: Er gla&#x0364;ubt nicht, daß Versmachen eine<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Hexerey</hi> oder ein &#x017F;olches wichtiges Geheimniß &#x017F;ey,<lb/>
&#x201E;welches nur gro&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;tarcken Gei&#x017F;tern mitgethei-<lb/>
&#x201E;wu&#x0364;rde, und wovon alle u&#x0364;brigen ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;-<lb/>
&#x201E;ren.&#x201E;</quote></cit></note><lb/><note xml:id="f29" place="foot" next="#f30"><hi rendition="#fr">Mehr als ein hundert arme Le&#x017F;er)</hi> Wer &#x017F;ein Leb-<lb/>
tag jemahls mit Manu&#x017F;cripten umgegangen i&#x017F;t, der<lb/>
weiß, daß &#x017F;ich die Fehler nirgend ha&#x0364;ufiger in einen<lb/>
Text ein&#x017F;chleichen ko&#x0364;nnen, als wo die Zahlwo&#x0364;rter vor-</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">kom-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0051] fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln. het ihm alſo gerne zu, daß die Tr-ll-riſchen Gedichte wenig; ſeine Fabeln aber gar nichts taugen. Man beklagt dahero billig mehr als ein hundert arme Leſer, welche nun ſeit kom- Daß die Gedichte wenig, die Fabeln aber gar nichts taugen) Die Jronie, deren ſich unſer Vor- redner bedienet, iſt ſo fein, daß man oͤfters nicht zu ſagen weiß, ob es eine iſt oder nicht. Jedermann wird hier nichts deſtoweniger mercken, daß dieſes poetiſche Glaubensbekenntniß als eine Jronie auf- zunehmen ſey. Und doch darf ich verſichern, daß es Hrn. D. Tr-ll-r nicht ſauer ankommen wuͤrde, ein ſol- ches Bekenntniß auch ohne Jronie abzulegen. Denn ſo meldet J. C. B. in der Vorrede zu dem zweyten Theil ſeiner Gedichte mit ausdruͤcklichen Worten: „Er „hat den ſchwuͤlſtigen Titel eines Poeten nie begehrt, „und wird es ihm daher gleich viel ſeyn, ob man ihn „unter die groſſen, mittelmaͤſſigen, oder gar kleinen „Dichter rechne, oder aber gaͤntzlich von der Zahl „der Poeten ausſchlieſſen wolle. ‒ ‒ ‒ „‒ ‒ ‒ Er wird demjenigen nicht unhoͤfli- „cher begegnen, der ihn fuͤr keinen Poeten haͤlt, als „dieſem, der ihn dafuͤr achtet: Weil in dem einen „die Schande klein, und in dem andern die Ehre nicht „allzugroß: Er glaͤubt nicht, daß Versmachen eine „Hexerey oder ein ſolches wichtiges Geheimniß ſey, „welches nur groſſen und ſtarcken Geiſtern mitgethei- „wuͤrde, und wovon alle uͤbrigen ausgeſchloſſen waͤ- „ren.„ Mehr als ein hundert arme Leſer) Wer ſein Leb- tag jemahls mit Manuſcripten umgegangen iſt, der weiß, daß ſich die Fehler nirgend haͤufiger in einen Text einſchleichen koͤnnen, als wo die Zahlwoͤrter vor- D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/51
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/51>, abgerufen am 27.11.2024.