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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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für die Tr-ll-rischen Fabeln.
Mährchen, die zum Zeitvertreib für die

Ju-
pflantzen, und die unerfahrne Leichtgläubigkeit der Kin-
der nicht mißbrauchen, noch weniger ihren Geschmack
durch abgeschmackte und unmögliche Erzehlungen zu
einer Zeit verderben, da sie noch nicht im Stande
sind, zwischen link und recht selbst zu unterscheiden.
Aus diesem läßt sich die Frage leicht entscheiden, wel-
che Hr. Z* in der oberwehnten LXXIV. No. der
Hamburgischen Berichte bey Anlaß der Tr-ll-rischen
Fabeln auf die Bahn bringet, nemlich, Was vor
deutsche oder lateinische Fabeln der Schul-Jugend
zu belieben, und in denen untersten Classen einzu-
führen rathsam seyn mögte?
Jch antworte, nur
keine Mährchen nicht, sondern alleine solche Fabeln,
die ihre Glaubwürdigkeit bey allem Scheine des Wun-
derbaren genugsam rechtfertigen können. Man würde
sich aber übel betriegen, wenn man aus dieser Stelle
schliessen wollte, als ob Hr. D. Tr-ll-r seine Fabeln
selbst in keinem höhern Werth hielte, als die Mähr-
chen unperständiger Ammen; Das sey fern. Er be-
dient sich hier sehr geschickt einer Figur, welche die
Schulgelehrten Meiosin oder Tapeinosin heissen, wel-
che etwas von seinem Werth künstlich heruntersetzet und
verächtlich macht, damit etwas anders dadurch augen-
scheinlich erhoben werde. Weil nun Hr. Tr-ll-r seines
Gegners Heftigkeit und Bitterkeit in seinen Urtheilen
recht lächerlich machen wollte, so mußte er seine eige-
ne Arbeit, mit deren Beurtheilung sich dieser Criticus
was grosses düncket, um ein namhaftes selbst verklei-
nern: Angesehen es ja recht lächerlich lassen würde,
wenn ein grosser Kunstrichter mit eben dem Ansehen
und der Ernsthaftigkeit, mit welcher er etwann die
Wercke eines Homers und Virgils zu beurtheilen pfle-
get, die kindischen Mährchen einer Amme untersuchen,
oder die Kinder in ihren närrischen Spielen hofmeistern
wollte.

fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln.
Maͤhrchen, die zum Zeitvertreib fuͤr die

Ju-
pflantzen, und die unerfahrne Leichtglaͤubigkeit der Kin-
der nicht mißbrauchen, noch weniger ihren Geſchmack
durch abgeſchmackte und unmoͤgliche Erzehlungen zu
einer Zeit verderben, da ſie noch nicht im Stande
ſind, zwiſchen link und recht ſelbſt zu unterſcheiden.
Aus dieſem laͤßt ſich die Frage leicht entſcheiden, wel-
che Hr. Z* in der oberwehnten LXXIV. No. der
Hamburgiſchen Berichte bey Anlaß der Tr-ll-riſchen
Fabeln auf die Bahn bringet, nemlich, Was vor
deutſche oder lateiniſche Fabeln der Schul-Jugend
zu belieben, und in denen unterſten Claſſen einzu-
fuͤhren rathſam ſeyn moͤgte?
Jch antworte, nur
keine Maͤhrchen nicht, ſondern alleine ſolche Fabeln,
die ihre Glaubwuͤrdigkeit bey allem Scheine des Wun-
derbaren genugſam rechtfertigen koͤnnen. Man wuͤrde
ſich aber uͤbel betriegen, wenn man aus dieſer Stelle
ſchlieſſen wollte, als ob Hr. D. Tr-ll-r ſeine Fabeln
ſelbſt in keinem hoͤhern Werth hielte, als die Maͤhr-
chen unperſtaͤndiger Ammen; Das ſey fern. Er be-
dient ſich hier ſehr geſchickt einer Figur, welche die
Schulgelehrten Meioſin oder Tapeinoſin heiſſen, wel-
che etwas von ſeinem Werth kuͤnſtlich herunterſetzet und
veraͤchtlich macht, damit etwas anders dadurch augen-
ſcheinlich erhoben werde. Weil nun Hr. Tr-ll-r ſeines
Gegners Heftigkeit und Bitterkeit in ſeinen Urtheilen
recht laͤcherlich machen wollte, ſo mußte er ſeine eige-
ne Arbeit, mit deren Beurtheilung ſich dieſer Criticus
was groſſes duͤncket, um ein namhaftes ſelbſt verklei-
nern: Angeſehen es ja recht laͤcherlich laſſen wuͤrde,
wenn ein groſſer Kunſtrichter mit eben dem Anſehen
und der Ernſthaftigkeit, mit welcher er etwann die
Wercke eines Homers und Virgils zu beurtheilen pfle-
get, die kindiſchen Maͤhrchen einer Amme unterſuchen,
oder die Kinder in ihren naͤrriſchen Spielen hofmeiſtern
wollte.
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[29/0031] fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln. Maͤhrchen, die zum Zeitvertreib fuͤr die Ju- pflantzen, und die unerfahrne Leichtglaͤubigkeit der Kin- der nicht mißbrauchen, noch weniger ihren Geſchmack durch abgeſchmackte und unmoͤgliche Erzehlungen zu einer Zeit verderben, da ſie noch nicht im Stande ſind, zwiſchen link und recht ſelbſt zu unterſcheiden. Aus dieſem laͤßt ſich die Frage leicht entſcheiden, wel- che Hr. Z* in der oberwehnten LXXIV. No. der Hamburgiſchen Berichte bey Anlaß der Tr-ll-riſchen Fabeln auf die Bahn bringet, nemlich, Was vor deutſche oder lateiniſche Fabeln der Schul-Jugend zu belieben, und in denen unterſten Claſſen einzu- fuͤhren rathſam ſeyn moͤgte? Jch antworte, nur keine Maͤhrchen nicht, ſondern alleine ſolche Fabeln, die ihre Glaubwuͤrdigkeit bey allem Scheine des Wun- derbaren genugſam rechtfertigen koͤnnen. Man wuͤrde ſich aber uͤbel betriegen, wenn man aus dieſer Stelle ſchlieſſen wollte, als ob Hr. D. Tr-ll-r ſeine Fabeln ſelbſt in keinem hoͤhern Werth hielte, als die Maͤhr- chen unperſtaͤndiger Ammen; Das ſey fern. Er be- dient ſich hier ſehr geſchickt einer Figur, welche die Schulgelehrten Meioſin oder Tapeinoſin heiſſen, wel- che etwas von ſeinem Werth kuͤnſtlich herunterſetzet und veraͤchtlich macht, damit etwas anders dadurch augen- ſcheinlich erhoben werde. Weil nun Hr. Tr-ll-r ſeines Gegners Heftigkeit und Bitterkeit in ſeinen Urtheilen recht laͤcherlich machen wollte, ſo mußte er ſeine eige- ne Arbeit, mit deren Beurtheilung ſich dieſer Criticus was groſſes duͤncket, um ein namhaftes ſelbſt verklei- nern: Angeſehen es ja recht laͤcherlich laſſen wuͤrde, wenn ein groſſer Kunſtrichter mit eben dem Anſehen und der Ernſthaftigkeit, mit welcher er etwann die Wercke eines Homers und Virgils zu beurtheilen pfle- get, die kindiſchen Maͤhrchen einer Amme unterſuchen, oder die Kinder in ihren naͤrriſchen Spielen hofmeiſtern wollte.

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/31>, abgerufen am 25.11.2024.