[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.der Critik bey den Deutschen. bracht hatte. Damahls suchte er seine bey Hrn.Rath Pf.... in Verwahrung gelassenen Schrif- ten wieder hervor, und schickte erstlich nur einige wenigere Ueberschriften zum Versuche in die Welt hinaus; hernachmahls aber übersah er alle insge- sammt, sonderte viele aus, verbesserte viele, und sezete noch viele neue hinzu. Nachdem er einige Zeit ohne Dienst in stiller Ruhe zugebracht, ward er von ihrer Königl. Dänischen Majestät zu ihrem Staatsrath ernannt, und darauf nach Paris ge- sandt, wo er auch in der Qualitet eins Dähnischen Residenten ungefehr vor 20. Jahren gestorben. Nach diesem Anfall, den Wernike mit mehr haben
der Critik bey den Deutſchen. bracht hatte. Damahls ſuchte er ſeine bey Hrn.Rath Pf.... in Verwahrung gelaſſenen Schrif- ten wieder hervor, und ſchickte erſtlich nur einige wenigere Ueberſchriften zum Verſuche in die Welt hinaus; hernachmahls aber uͤberſah er alle insge- ſammt, ſonderte viele aus, verbeſſerte viele, und ſezete noch viele neue hinzu. Nachdem er einige Zeit ohne Dienſt in ſtiller Ruhe zugebracht, ward er von ihrer Koͤnigl. Daͤniſchen Majeſtaͤt zu ihrem Staatsrath ernannt, und darauf nach Paris ge- ſandt, wo er auch in der Qualitet eins Daͤhniſchen Reſidenten ungefehr vor 20. Jahren geſtorben. Nach dieſem Anfall, den Wernike mit mehr haben
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der Critik bey den Deutſchen.
bracht hatte. Damahls ſuchte er ſeine bey Hrn.
Rath Pf.... in Verwahrung gelaſſenen Schrif-
ten wieder hervor, und ſchickte erſtlich nur einige
wenigere Ueberſchriften zum Verſuche in die Welt
hinaus; hernachmahls aber uͤberſah er alle insge-
ſammt, ſonderte viele aus, verbeſſerte viele, und
ſezete noch viele neue hinzu. Nachdem er einige
Zeit ohne Dienſt in ſtiller Ruhe zugebracht, ward
er von ihrer Koͤnigl. Daͤniſchen Majeſtaͤt zu ihrem
Staatsrath ernannt, und darauf nach Paris ge-
ſandt, wo er auch in der Qualitet eins Daͤhniſchen
Reſidenten ungefehr vor 20. Jahren geſtorben.
Nach dieſem Anfall, den Wernike mit mehr
Recht und Geſchicklichkeit als Gluͤck auf den
falſchen Geſchmack gethan, fuͤhrten Hoffmanns-
waldau und Lohenſtein ihre poetiſche Herrſchaft
unangefochten fort. Maͤnnling und Schroͤter
poſaunten den letztern mit aufgeblafenen Backen
aus. Selbſt Thomaſe und Gundling erhuben ſei-
ne Schriften ungemein. An dem Berliniſchen
Hofe ſchrieben zwar Canitz und Beſſer, am Braun-
ſchweig-Luͤneburgiſchen Breſſand, in einer na-
tuͤrlichern Schreibart geſchicktere Sachen, wie
hernach Koͤnig an dem Saͤchſiſchen, und Heraͤus
an dem Wieneriſchen. Jch gedencke Weiſen und
Huͤbners mit Vorſatz nicht, welche das Natuͤrli-
che von der Schreibart in der Leichtigkeit eines
magern von Kraft der Gedancken und Eindruck
der Vorſtellungen laͤhren Gedichtes geſucht, und
die Lohenſteiniſche Art zu ſchreiben vielmehr aus
einer einfaͤltigen Empfindung, als aus einer wohl-
befeſtigten Einſicht verworffen haben. Mithin
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