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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

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Versuch von den Eigenschaften
für einen Fehler halten. Aber Homerus schläft
nicht, sondern wir selbsten träumen.

Jhr grosse Geister des Alterthums, eure Al-
tare sind mit immer grünenden Lorbeeren bedeckt.
Keine Räuberhand darf sich ihrem Heiligthum nä-
hern. Sie sind sicher für Flammen und der noch
schädlichern Wuth des Neides. Weder die ver-
wüstende Wafen, noch selbst die Zeit, die alles
verzehret, mögen ihnen schaden. Sehet, wie
aus jedem Welttheile eure Söhne euch Weyhrauch
bringen. Höret, wie in allen Sprachen euch
übereinstimmende Loblieder erschallen. Und billig
sollen sich alle Stimmen zu einem so gerechten Lo-
be vereinigen und das sterbliche Geschlecht in ein
Chor treten, euch zu erheben. Seyd verehret,
ihr triumphierende Dichter, in glücklichern Ta-
gen gebohren, ihr unsterbliche Besitzer eines allge-
meinen Ruhms. Eure Würde wächst mit dem
Wachsthum der Zeiten, wie Ströme, die sich
im Herabfallen vergrössern. Bey Völckern, die
noch ungebohren sind, werden eure mächtige Nah-
men erthönen, und noch ungefundene Welten sol-
len euch einst bewundern. O, möchte doch den
lezten den geringsten eurer Söhne, der euch mit
schwachen Flügeln von ferne nachfleugt, der bren-
net, wenn er eure Wercke liest, aber, wenn er
schreibet, zittert, o möchte ihn doch ein Funcken
von eurem himmlischen Feuer beleben, daß er die
eiteln Witzlinge die wenig bekannte Kunst lehren
könnte, eine höhere Vernunft zu bewundern und
an ihrer eigenen zu zweifeln.

Unter

Verſuch von den Eigenſchaften
fuͤr einen Fehler halten. Aber Homerus ſchlaͤft
nicht, ſondern wir ſelbſten traͤumen.

Jhr groſſe Geiſter des Alterthums, eure Al-
tare ſind mit immer gruͤnenden Lorbeeren bedeckt.
Keine Raͤuberhand darf ſich ihrem Heiligthum naͤ-
hern. Sie ſind ſicher fuͤr Flammen und der noch
ſchaͤdlichern Wuth des Neides. Weder die ver-
wuͤſtende Wafen, noch ſelbſt die Zeit, die alles
verzehret, moͤgen ihnen ſchaden. Sehet, wie
aus jedem Welttheile eure Soͤhne euch Weyhrauch
bringen. Hoͤret, wie in allen Sprachen euch
uͤbereinſtimmende Loblieder erſchallen. Und billig
ſollen ſich alle Stimmen zu einem ſo gerechten Lo-
be vereinigen und das ſterbliche Geſchlecht in ein
Chor treten, euch zu erheben. Seyd verehret,
ihr triumphierende Dichter, in gluͤcklichern Ta-
gen gebohren, ihr unſterbliche Beſitzer eines allge-
meinen Ruhms. Eure Wuͤrde waͤchſt mit dem
Wachsthum der Zeiten, wie Stroͤme, die ſich
im Herabfallen vergroͤſſern. Bey Voͤlckern, die
noch ungebohren ſind, werden eure maͤchtige Nah-
men erthoͤnen, und noch ungefundene Welten ſol-
len euch einſt bewundern. O, moͤchte doch den
lezten den geringſten eurer Soͤhne, der euch mit
ſchwachen Fluͤgeln von ferne nachfleugt, der bren-
net, wenn er eure Wercke lieſt, aber, wenn er
ſchreibet, zittert, o moͤchte ihn doch ein Funcken
von eurem himmliſchen Feuer beleben, daß er die
eiteln Witzlinge die wenig bekannte Kunſt lehren
koͤnnte, eine hoͤhere Vernunft zu bewundern und
an ihrer eigenen zu zweifeln.

Unter
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[60/0076] Verſuch von den Eigenſchaften fuͤr einen Fehler halten. Aber Homerus ſchlaͤft nicht, ſondern wir ſelbſten traͤumen. Jhr groſſe Geiſter des Alterthums, eure Al- tare ſind mit immer gruͤnenden Lorbeeren bedeckt. Keine Raͤuberhand darf ſich ihrem Heiligthum naͤ- hern. Sie ſind ſicher fuͤr Flammen und der noch ſchaͤdlichern Wuth des Neides. Weder die ver- wuͤſtende Wafen, noch ſelbſt die Zeit, die alles verzehret, moͤgen ihnen ſchaden. Sehet, wie aus jedem Welttheile eure Soͤhne euch Weyhrauch bringen. Hoͤret, wie in allen Sprachen euch uͤbereinſtimmende Loblieder erſchallen. Und billig ſollen ſich alle Stimmen zu einem ſo gerechten Lo- be vereinigen und das ſterbliche Geſchlecht in ein Chor treten, euch zu erheben. Seyd verehret, ihr triumphierende Dichter, in gluͤcklichern Ta- gen gebohren, ihr unſterbliche Beſitzer eines allge- meinen Ruhms. Eure Wuͤrde waͤchſt mit dem Wachsthum der Zeiten, wie Stroͤme, die ſich im Herabfallen vergroͤſſern. Bey Voͤlckern, die noch ungebohren ſind, werden eure maͤchtige Nah- men erthoͤnen, und noch ungefundene Welten ſol- len euch einſt bewundern. O, moͤchte doch den lezten den geringſten eurer Soͤhne, der euch mit ſchwachen Fluͤgeln von ferne nachfleugt, der bren- net, wenn er eure Wercke lieſt, aber, wenn er ſchreibet, zittert, o moͤchte ihn doch ein Funcken von eurem himmliſchen Feuer beleben, daß er die eiteln Witzlinge die wenig bekannte Kunſt lehren koͤnnte, eine hoͤhere Vernunft zu bewundern und an ihrer eigenen zu zweifeln. Unter

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/76>, abgerufen am 22.11.2024.