[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.ein Heldengedichte. ganz Buch geschrieben, mit diesen Worten klarund hell dargethan: Vaglia il vero, il piu grande Coglione che si sia mai trovato fra i Poetastri nella terra Tedescha, fu il chiamato Hans Sachs, und wie die Worte ferner lauten; sondern auch unser eigner Landsmann, und dem deßwegen so viel- mehr zu trauen, der unvergleichliche Stephen Hartkopf in seinem nunmehro nicht mehr zu be- kommenden Gedichte von der Marcketenterey mit diesen Worten bezeuget: Ein feines Knäblein Hans Sachs war, Der Gänsefedern braucht, und auch zugleich Schweinshaar; Der zwar durch seine enge Schuh den Leuten Leichtdorn (machte, Doch war derer keiner nicht, Der wenn er seine lange Vers las mit dem Angesicht, Daß er des Schmerzens ohngeacht nicht gleich darüber (lachte. Welche schöne und vortreffliche Verse der in und von zu beurtheilen, und den Werth einer jeden Stelle in Vergleichung der andern nach der besondern Absicht bey je- der zu bestimmen und auszumachen. Dazu kömmt, daß er sie zu seinen Opern angehängt hat, deren Leser zu der- gleichen gelehrten Kram keinen Magen hatten. Mithin muß ich der Wahrheit zum Behuf erinnern, daß diese Verspot- tung über die Schnur gespannt ist. Denn gesezt daß Po- stels Anmerkungen und Erklärungen ziemlich unverdaut sind, daß sie zu überhäuft und am unrechten Orte angebracht sind, so zeigen sie doch eine weitläuftige, seltene, und nicht un- brauchbare, oder der Aufmerksamkeit unwürdige Gelehr- samkeit, welche zum wenigsten bequem war, den denkenden deutschen Lesern die Fußspur der alten Poeten von weiten zu weisen. Und dieses war die untadelbare Absicht des Hrn. Postels, die er uns in der Vorrede zur listigen Juno ge- nugsam erkläret hat. J 3
ein Heldengedichte. ganz Buch geſchrieben, mit dieſen Worten klarund hell dargethan: Vaglia il vero, il più grande Coglione che ſi ſia mai trovato fra i Poetaſtri nella terra Tedescha, fù il chiamato Hans Sachs, und wie die Worte ferner lauten; ſondern auch unſer eigner Landsmann, und dem deßwegen ſo viel- mehr zu trauen, der unvergleichliche Stephen Hartkopf in ſeinem nunmehro nicht mehr zu be- kommenden Gedichte von der Marcketenterey mit dieſen Worten bezeuget: Ein feines Knaͤblein Hans Sachs war, Der Gaͤnſefedern braucht, und auch zugleich Schweinshaar; Der zwar durch ſeine enge Schuh den Leuten Leichtdorn (machte, Doch war derer keiner nicht, Der wenn er ſeine lange Vers las mit dem Angeſicht, Daß er des Schmerzens ohngeacht nicht gleich daruͤber (lachte. Welche ſchoͤne und vortreffliche Verſe der in und von zu beurtheilen, und den Werth einer jeden Stelle in Vergleichung der andern nach der beſondern Abſicht bey je- der zu beſtimmen und auszumachen. Dazu koͤmmt, daß er ſie zu ſeinen Opern angehaͤngt hat, deren Leſer zu der- gleichen gelehrten Kram keinen Magen hatten. Mithin muß ich der Wahrheit zum Behuf erinnern, daß dieſe Verſpot- tung uͤber die Schnur geſpannt iſt. Denn geſezt daß Po- ſtels Anmerkungen und Erklaͤrungen ziemlich unverdaut ſind, daß ſie zu uͤberhaͤuft und am unrechten Orte angebracht ſind, ſo zeigen ſie doch eine weitlaͤuftige, ſeltene, und nicht un- brauchbare, oder der Aufmerkſamkeit unwuͤrdige Gelehr- ſamkeit, welche zum wenigſten bequem war, den denkenden deutſchen Leſern die Fußſpur der alten Poeten von weiten zu weiſen. Und dieſes war die untadelbare Abſicht des Hrn. Poſtels, die er uns in der Vorrede zur liſtigen Juno ge- nugſam erklaͤret hat. J 3
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ein Heldengedichte.
ganz Buch geſchrieben, mit dieſen Worten klar
und hell dargethan: Vaglia il vero, il più grande
Coglione che ſi ſia mai trovato fra i Poetaſtri nella
terra Tedescha, fù il chiamato Hans Sachs, und
wie die Worte ferner lauten; ſondern auch unſer
eigner Landsmann, und dem deßwegen ſo viel-
mehr zu trauen, der unvergleichliche Stephen
Hartkopf in ſeinem nunmehro nicht mehr zu be-
kommenden Gedichte von der Marcketenterey
mit dieſen Worten bezeuget:
Ein feines Knaͤblein Hans Sachs war,
Der Gaͤnſefedern braucht, und auch zugleich Schweinshaar;
Der zwar durch ſeine enge Schuh den Leuten Leichtdorn
(machte,
Doch war derer keiner nicht,
Der wenn er ſeine lange Vers las mit dem Angeſicht,
Daß er des Schmerzens ohngeacht nicht gleich daruͤber
(lachte.
Welche ſchoͤne und vortreffliche Verſe der in
den uralten deutſchen Gedichten wohlerfahrne
und
(†)
(†) von zu beurtheilen, und den Werth einer jeden Stelle in
Vergleichung der andern nach der beſondern Abſicht bey je-
der zu beſtimmen und auszumachen. Dazu koͤmmt, daß
er ſie zu ſeinen Opern angehaͤngt hat, deren Leſer zu der-
gleichen gelehrten Kram keinen Magen hatten. Mithin muß
ich der Wahrheit zum Behuf erinnern, daß dieſe Verſpot-
tung uͤber die Schnur geſpannt iſt. Denn geſezt daß Po-
ſtels Anmerkungen und Erklaͤrungen ziemlich unverdaut ſind,
daß ſie zu uͤberhaͤuft und am unrechten Orte angebracht ſind,
ſo zeigen ſie doch eine weitlaͤuftige, ſeltene, und nicht un-
brauchbare, oder der Aufmerkſamkeit unwuͤrdige Gelehr-
ſamkeit, welche zum wenigſten bequem war, den denkenden
deutſchen Leſern die Fußſpur der alten Poeten von weiten zu
weiſen. Und dieſes war die untadelbare Abſicht des Hrn.
Poſtels, die er uns in der Vorrede zur liſtigen Juno ge-
nugſam erklaͤret hat.
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