[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.
Jch kenne keinen deutschen Scribenten, der Phyllis eröffnet ihr Vorhaben schier zu Anfan- denen
Jch kenne keinen deutſchen Scribenten, der Phyllis eroͤffnet ihr Vorhaben ſchier zu Anfan- denen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <cit> <quote><pb facs="#f0107" n="91"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und dem Scharfſinnigen.</hi></fw><lb/> „die Regeln der Redner-Kunſt, der Poeſie,<lb/> „der Kunſt zu erfinden, demonſtrativiſch unter-<lb/> „ſuchen ſollte, ſo wuͤrde man auch noͤthig haben,<lb/> „unterweilen dieſe Gruͤnde zu brauchen.„</quote> </cit><lb/> <p>Jch kenne keinen deutſchen Scribenten, der<lb/> ſich uͤber dieſe Materie deutlicher und gruͤndlicher<lb/> erklaͤret habe; und kan darum nicht begreifen,<lb/> warum die Kunſtlehrer, die das Sinnreiche in<lb/> den Schriften unterſucht haben, nicht auf dieſe<lb/> Grundſaͤze gebauet, ſondern lieber ihrem eigenen<lb/> verwirrten Kopfe gefolget haben. Der Verfaſ-<lb/> ſer der <hi rendition="#fr">Haͤlliſchen Tadlerinnen</hi> hat ſich in die Ge-<lb/> fahr gewaget, dieſe Materie abzuhandeln. Er<lb/> hat ſeine Entdekungen derjenigen von ſeinen aufge-<lb/> fuͤhrten Perſonen, die er Phyllis getaufet, in die<lb/> Feder geleget. Jch habe dieſelben mit allem Fleiſ-<lb/> ſe erwogen, und beſtaͤndig Anlaß gefunden wahr-<lb/> zunehmen, wie leicht man ſich verirren koͤnne, wenn<lb/> man gute Anleitungen in den Wind ſchlaͤgt.</p><lb/> <p>Phyllis eroͤffnet ihr Vorhaben ſchier zu Anfan-<lb/> ge des ſieben und dreiſſigſten St. mit folgenden<lb/> Worten: <hi rendition="#fr">Jch habe vor dreyen Wochen ver-<lb/> ſprochen, meine Gedanken von einem ſinnrei-<lb/> chen Ausdruke im Reden und Schreiben mit-<lb/> zutheilen.;</hi> welche mir Anlaß zu einer Anmer-<lb/> kung geben, die aus den angefuͤhrten wolfiſchen<lb/> Grundſaͤzen natuͤrlich fließt, und die ganze Unter-<lb/> ſuchung erleichtert, nemlich, daß kein langes<lb/> Nachdenken erfodert werde, auszumachen, was<lb/> im Reden und Schreiben den Nahmen des Sinn-<lb/> reichen verdiene. Man nennet alles <hi rendition="#fr">Sinnreich,</hi><lb/> was uns gewiſſe Aehnlichkeiten zwiſchen unterſchie-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">denen</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0107]
und dem Scharfſinnigen.
„die Regeln der Redner-Kunſt, der Poeſie,
„der Kunſt zu erfinden, demonſtrativiſch unter-
„ſuchen ſollte, ſo wuͤrde man auch noͤthig haben,
„unterweilen dieſe Gruͤnde zu brauchen.„
Jch kenne keinen deutſchen Scribenten, der
ſich uͤber dieſe Materie deutlicher und gruͤndlicher
erklaͤret habe; und kan darum nicht begreifen,
warum die Kunſtlehrer, die das Sinnreiche in
den Schriften unterſucht haben, nicht auf dieſe
Grundſaͤze gebauet, ſondern lieber ihrem eigenen
verwirrten Kopfe gefolget haben. Der Verfaſ-
ſer der Haͤlliſchen Tadlerinnen hat ſich in die Ge-
fahr gewaget, dieſe Materie abzuhandeln. Er
hat ſeine Entdekungen derjenigen von ſeinen aufge-
fuͤhrten Perſonen, die er Phyllis getaufet, in die
Feder geleget. Jch habe dieſelben mit allem Fleiſ-
ſe erwogen, und beſtaͤndig Anlaß gefunden wahr-
zunehmen, wie leicht man ſich verirren koͤnne, wenn
man gute Anleitungen in den Wind ſchlaͤgt.
Phyllis eroͤffnet ihr Vorhaben ſchier zu Anfan-
ge des ſieben und dreiſſigſten St. mit folgenden
Worten: Jch habe vor dreyen Wochen ver-
ſprochen, meine Gedanken von einem ſinnrei-
chen Ausdruke im Reden und Schreiben mit-
zutheilen.; welche mir Anlaß zu einer Anmer-
kung geben, die aus den angefuͤhrten wolfiſchen
Grundſaͤzen natuͤrlich fließt, und die ganze Unter-
ſuchung erleichtert, nemlich, daß kein langes
Nachdenken erfodert werde, auszumachen, was
im Reden und Schreiben den Nahmen des Sinn-
reichen verdiene. Man nennet alles Sinnreich,
was uns gewiſſe Aehnlichkeiten zwiſchen unterſchie-
denen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |