3. Die Anzeige für sich allein wirkt nicht, sondern nur in Verbindung mit der thatsächlichen Sperre. Würde also z. B. angezeigt, es seien sämmtliche Häfen einer Küste blokirt, aber in Wahrheit nur die einen wirklich durch Blocade- schiffe gesperrt, die andern nicht, so wäre das neutrale Schiff nicht gehindert, in einen der letztern Häfen zu fahren.
833.
Die Blocade dauert nicht länger, als sie wirksam ist.
Wenn die Kriegsschiffe ihre Station verlassen und wegfahren, oder wenn die- selben durch einen feindlichen Angriff vertrieben oder durch Stürme zerstreut werden, so ist die Blocade nicht mehr wirksam und damit hört auch die Verbind- lichkeit der Neutralen auf, die Blocade zu beachten. Die von englischen Publicisten öfter vertheidigte Meinung, daß die Neutralen es abwarten müssen, bis sie eine Erklärung über die Aufhebung der Blocade erhalten, ist im Wider- spruch mit dem von dem Pariser Congreß von 1856 anerkannten Grundprincip und würde wieder zu einem bloß fictiven Blocus führen.
834.
Nur wenn die Störung der Blocade eine bloß momentane und vorübergehende war und ohne Verzug durch Wiederherstellung wieder be- seitigt wird, so wird angenommen, die alte Blocade daure fort.
Die bloße vorübergehende Störung der Blocade ist nicht Auf- hebung derselben. Während der Störung, die nur einen thatsächlichen Charakter hat, haben wohl die neutralen Schiffe eine glückliche Aussicht, ungehemmt durchzu- kommen. Aber die sofortige Beseitigung der Störung und Wiederherstellung des frühern Blocadezustands wird als Fortsetzung desselben und nicht als eine neue Blocade betrachtet. Es bedarf also keiner neuen Notification. Anders ist's, wenn die Blocade thatsächlich aufgegeben oder dauernd aufgelöst worden ist. Wird dieselbe später wieder erneuert, so ist das nicht mehr die fortgesetzte alte, son- dern eine neue Blocade.
835.
Die Bedingungen, unter welchen der Kriegsstat ein neutrales Schiff wegen Verletzung wegnehmen darf, sind:
a) die Kenntniß des Neutralen von dem wirklichen Bestand der Blocade,
b) das Schiff muß während des Versuchs, die Blocade zu brechen, ergriffen worden sein.
Neuntes Buch.
3. Die Anzeige für ſich allein wirkt nicht, ſondern nur in Verbindung mit der thatſächlichen Sperre. Würde alſo z. B. angezeigt, es ſeien ſämmtliche Häfen einer Küſte blokirt, aber in Wahrheit nur die einen wirklich durch Blocade- ſchiffe geſperrt, die andern nicht, ſo wäre das neutrale Schiff nicht gehindert, in einen der letztern Häfen zu fahren.
833.
Die Blocade dauert nicht länger, als ſie wirkſam iſt.
Wenn die Kriegsſchiffe ihre Station verlaſſen und wegfahren, oder wenn die- ſelben durch einen feindlichen Angriff vertrieben oder durch Stürme zerſtreut werden, ſo iſt die Blocade nicht mehr wirkſam und damit hört auch die Verbind- lichkeit der Neutralen auf, die Blocade zu beachten. Die von engliſchen Publiciſten öfter vertheidigte Meinung, daß die Neutralen es abwarten müſſen, bis ſie eine Erklärung über die Aufhebung der Blocade erhalten, iſt im Wider- ſpruch mit dem von dem Pariſer Congreß von 1856 anerkannten Grundprincip und würde wieder zu einem bloß fictiven Blocus führen.
834.
Nur wenn die Störung der Blocade eine bloß momentane und vorübergehende war und ohne Verzug durch Wiederherſtellung wieder be- ſeitigt wird, ſo wird angenommen, die alte Blocade daure fort.
Die bloße vorübergehende Störung der Blocade iſt nicht Auf- hebung derſelben. Während der Störung, die nur einen thatſächlichen Charakter hat, haben wohl die neutralen Schiffe eine glückliche Ausſicht, ungehemmt durchzu- kommen. Aber die ſofortige Beſeitigung der Störung und Wiederherſtellung des frühern Blocadezuſtands wird als Fortſetzung desſelben und nicht als eine neue Blocade betrachtet. Es bedarf alſo keiner neuen Notification. Anders iſt’s, wenn die Blocade thatſächlich aufgegeben oder dauernd aufgelöst worden iſt. Wird dieſelbe ſpäter wieder erneuert, ſo iſt das nicht mehr die fortgeſetzte alte, ſon- dern eine neue Blocade.
835.
Die Bedingungen, unter welchen der Kriegsſtat ein neutrales Schiff wegen Verletzung wegnehmen darf, ſind:
a) die Kenntniß des Neutralen von dem wirklichen Beſtand der Blocade,
b) das Schiff muß während des Verſuchs, die Blocade zu brechen, ergriffen worden ſein.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0474"n="452"/><fwplace="top"type="header">Neuntes Buch.</fw><lb/><p>3. Die Anzeige <hirendition="#g">für ſich allein</hi> wirkt nicht, ſondern nur in Verbindung<lb/>
mit der <hirendition="#g">thatſächlichen</hi> Sperre. Würde alſo z. B. angezeigt, es ſeien ſämmtliche<lb/>
Häfen einer Küſte blokirt, aber in Wahrheit nur die einen wirklich durch Blocade-<lb/>ſchiffe geſperrt, die andern nicht, ſo wäre das neutrale Schiff nicht gehindert, in<lb/>
einen der letztern Häfen zu fahren.</p></div><lb/><divn="4"><head>833.</head><lb/><p>Die Blocade dauert nicht länger, als ſie wirkſam iſt.</p><lb/><p>Wenn die Kriegsſchiffe ihre Station verlaſſen und wegfahren, oder wenn die-<lb/>ſelben durch einen feindlichen Angriff vertrieben oder durch Stürme zerſtreut werden,<lb/>ſo iſt die Blocade <hirendition="#g">nicht mehr wirkſam</hi> und damit <hirendition="#g">hört</hi> auch die <hirendition="#g">Verbind-<lb/>
lichkeit der Neutralen auf</hi>, die Blocade zu beachten. Die von engliſchen<lb/>
Publiciſten öfter vertheidigte Meinung, daß die Neutralen es <hirendition="#g">abwarten</hi> müſſen,<lb/>
bis ſie eine <hirendition="#g">Erklärung</hi> über die Aufhebung der Blocade erhalten, iſt im Wider-<lb/>ſpruch mit dem von dem Pariſer Congreß von 1856 anerkannten Grundprincip<lb/>
und würde wieder zu einem bloß <hirendition="#g">fictiven <hirendition="#aq">Blocus</hi></hi> führen.</p></div><lb/><divn="4"><head>834.</head><lb/><p>Nur wenn die Störung der Blocade eine bloß momentane und<lb/>
vorübergehende war und ohne Verzug durch Wiederherſtellung wieder be-<lb/>ſeitigt wird, ſo wird angenommen, die alte Blocade daure fort.</p><lb/><p>Die bloße <hirendition="#g">vorübergehende Störung</hi> der Blocade iſt <hirendition="#g">nicht Auf-<lb/>
hebung</hi> derſelben. Während der Störung, die nur einen thatſächlichen Charakter<lb/>
hat, haben wohl die neutralen Schiffe eine glückliche Ausſicht, ungehemmt durchzu-<lb/>
kommen. Aber die ſofortige Beſeitigung der Störung und Wiederherſtellung des<lb/>
frühern Blocadezuſtands wird als <hirendition="#g">Fortſetzung</hi> desſelben und nicht als eine <hirendition="#g">neue<lb/>
Blocade</hi> betrachtet. Es bedarf alſo keiner neuen Notification. Anders iſt’s, wenn<lb/>
die Blocade thatſächlich <hirendition="#g">aufgegeben</hi> oder <hirendition="#g">dauernd aufgelöst</hi> worden iſt.<lb/>
Wird dieſelbe ſpäter wieder erneuert, ſo iſt das nicht mehr die fortgeſetzte alte, ſon-<lb/>
dern eine <hirendition="#g">neue Blocade</hi>.</p></div><lb/><divn="4"><head>835.</head><lb/><p>Die Bedingungen, unter welchen der Kriegsſtat ein neutrales Schiff<lb/>
wegen Verletzung wegnehmen darf, ſind:</p><lb/><list><item><hirendition="#aq">a</hi>) die Kenntniß des Neutralen von dem wirklichen Beſtand der<lb/>
Blocade,</item><lb/><item><hirendition="#aq">b</hi>) das Schiff muß während des Verſuchs, die Blocade zu brechen,<lb/>
ergriffen worden ſein.</item></list><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[452/0474]
Neuntes Buch.
3. Die Anzeige für ſich allein wirkt nicht, ſondern nur in Verbindung
mit der thatſächlichen Sperre. Würde alſo z. B. angezeigt, es ſeien ſämmtliche
Häfen einer Küſte blokirt, aber in Wahrheit nur die einen wirklich durch Blocade-
ſchiffe geſperrt, die andern nicht, ſo wäre das neutrale Schiff nicht gehindert, in
einen der letztern Häfen zu fahren.
833.
Die Blocade dauert nicht länger, als ſie wirkſam iſt.
Wenn die Kriegsſchiffe ihre Station verlaſſen und wegfahren, oder wenn die-
ſelben durch einen feindlichen Angriff vertrieben oder durch Stürme zerſtreut werden,
ſo iſt die Blocade nicht mehr wirkſam und damit hört auch die Verbind-
lichkeit der Neutralen auf, die Blocade zu beachten. Die von engliſchen
Publiciſten öfter vertheidigte Meinung, daß die Neutralen es abwarten müſſen,
bis ſie eine Erklärung über die Aufhebung der Blocade erhalten, iſt im Wider-
ſpruch mit dem von dem Pariſer Congreß von 1856 anerkannten Grundprincip
und würde wieder zu einem bloß fictiven Blocus führen.
834.
Nur wenn die Störung der Blocade eine bloß momentane und
vorübergehende war und ohne Verzug durch Wiederherſtellung wieder be-
ſeitigt wird, ſo wird angenommen, die alte Blocade daure fort.
Die bloße vorübergehende Störung der Blocade iſt nicht Auf-
hebung derſelben. Während der Störung, die nur einen thatſächlichen Charakter
hat, haben wohl die neutralen Schiffe eine glückliche Ausſicht, ungehemmt durchzu-
kommen. Aber die ſofortige Beſeitigung der Störung und Wiederherſtellung des
frühern Blocadezuſtands wird als Fortſetzung desſelben und nicht als eine neue
Blocade betrachtet. Es bedarf alſo keiner neuen Notification. Anders iſt’s, wenn
die Blocade thatſächlich aufgegeben oder dauernd aufgelöst worden iſt.
Wird dieſelbe ſpäter wieder erneuert, ſo iſt das nicht mehr die fortgeſetzte alte, ſon-
dern eine neue Blocade.
835.
Die Bedingungen, unter welchen der Kriegsſtat ein neutrales Schiff
wegen Verletzung wegnehmen darf, ſind:
a) die Kenntniß des Neutralen von dem wirklichen Beſtand der
Blocade,
b) das Schiff muß während des Verſuchs, die Blocade zu brechen,
ergriffen worden ſein.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/474>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.