aus dem kriegerischen Nothrecht zu rechtfertigen sein. Die That selbst kann nicht als ehrlos gebrandmarkt werden.
633.
Wenn ein Spion oder Kriegsverräther glücklich zu seinem Heere zurückkehrt, dem er zugehört, oder das seinem Vaterlande dient und später wieder von dem Feinde gefangen wird, so wird er wegen seiner früheren kriegsgefährlichen Handlung nicht mehr bestraft, aber ist als besonders gefährlicher Gefangener schärferer Ueberwachung ausgesetzt.
Am. 104. Das Kriegsrecht ist Nothrecht. Indem sich der Spion oder der Kriegsverräther der feindlichen Kriegsgewalt entzieht, hat er sich auch der Stats- gewalt des Feindes entzogen; und diese einmal erloschen, lebt nicht wieder auf, ohne eine neue wegen ihrer Gefährlichkeit für die Kriegsführung kriegsrechtlich straf- bare That.
634.
Wer freiwillig dem feindlichen Heere als Wegeführer sich anbietet und die Wege zeigt, wird als Kriegsverräther betrachtet und bestraft.
Am. 95. 96. Auch hier ist zu unterscheiden zwischen dem gemeinen Verbrechen des Landesverraths, welches der gewohnten Strafjustiz dann anheimfällt, wenn die Kriegsgewalt entweder nicht befugt oder nicht geneigt ist, ein- zuschreiten und der bloß kriegsgerichtlich strafbaren That, die an sich kein Verbrechen ist, aber wegen ihrer besondern Gefährlichkeit für die Kriegsführung ge- straft wird. Wenn z. B. der Bürger eines von dem Feinde besetzten Ortes sich als Wegeführer einem vaterländischen Truppenkörper anbietet, damit derselbe den Feind überfalle und wieder verdränge, und wenn er bei dem Versuch ergriffen wird, so kann er von dem feindlichen Kriegsgerichte als Kriegsverräther verurtheilt und er- schossen werden, obwohl er eine patriotische That zu vollziehen in guter Mei- nung war und nicht zur Treue, sondern nur zum Gehorsam vorübergehend der feindlichen Kriegsgewalt verpflichtet war.
635.
Wer dagegen von den feindlichen Truppen genöthigt wird, als Wegeführer die Wege zu zeigen, ist auch vor dem Kriegsrecht gerechtfertigt.
Am. 93. 94. Der Einzelne kann der Kriegsgewalt nicht Widerstand leisten und muß schließlich der Bedrohung sich fügen; denn man darf nach mensch-
Achtes Buch.
aus dem kriegeriſchen Nothrecht zu rechtfertigen ſein. Die That ſelbſt kann nicht als ehrlos gebrandmarkt werden.
633.
Wenn ein Spion oder Kriegsverräther glücklich zu ſeinem Heere zurückkehrt, dem er zugehört, oder das ſeinem Vaterlande dient und ſpäter wieder von dem Feinde gefangen wird, ſo wird er wegen ſeiner früheren kriegsgefährlichen Handlung nicht mehr beſtraft, aber iſt als beſonders gefährlicher Gefangener ſchärferer Ueberwachung ausgeſetzt.
Am. 104. Das Kriegsrecht iſt Nothrecht. Indem ſich der Spion oder der Kriegsverräther der feindlichen Kriegsgewalt entzieht, hat er ſich auch der Stats- gewalt des Feindes entzogen; und dieſe einmal erloſchen, lebt nicht wieder auf, ohne eine neue wegen ihrer Gefährlichkeit für die Kriegsführung kriegsrechtlich ſtraf- bare That.
634.
Wer freiwillig dem feindlichen Heere als Wegeführer ſich anbietet und die Wege zeigt, wird als Kriegsverräther betrachtet und beſtraft.
Am. 95. 96. Auch hier iſt zu unterſcheiden zwiſchen dem gemeinen Verbrechen des Landesverraths, welches der gewohnten Strafjuſtiz dann anheimfällt, wenn die Kriegsgewalt entweder nicht befugt oder nicht geneigt iſt, ein- zuſchreiten und der bloß kriegsgerichtlich ſtrafbaren That, die an ſich kein Verbrechen iſt, aber wegen ihrer beſondern Gefährlichkeit für die Kriegsführung ge- ſtraft wird. Wenn z. B. der Bürger eines von dem Feinde beſetzten Ortes ſich als Wegeführer einem vaterländiſchen Truppenkörper anbietet, damit derſelbe den Feind überfalle und wieder verdränge, und wenn er bei dem Verſuch ergriffen wird, ſo kann er von dem feindlichen Kriegsgerichte als Kriegsverräther verurtheilt und er- ſchoſſen werden, obwohl er eine patriotiſche That zu vollziehen in guter Mei- nung war und nicht zur Treue, ſondern nur zum Gehorſam vorübergehend der feindlichen Kriegsgewalt verpflichtet war.
635.
Wer dagegen von den feindlichen Truppen genöthigt wird, als Wegeführer die Wege zu zeigen, iſt auch vor dem Kriegsrecht gerechtfertigt.
Am. 93. 94. Der Einzelne kann der Kriegsgewalt nicht Widerſtand leiſten und muß ſchließlich der Bedrohung ſich fügen; denn man darf nach menſch-
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Achtes Buch.
aus dem kriegeriſchen Nothrecht zu rechtfertigen ſein. Die That ſelbſt kann nicht
als ehrlos gebrandmarkt werden.
633.
Wenn ein Spion oder Kriegsverräther glücklich zu ſeinem Heere
zurückkehrt, dem er zugehört, oder das ſeinem Vaterlande dient und ſpäter
wieder von dem Feinde gefangen wird, ſo wird er wegen ſeiner früheren
kriegsgefährlichen Handlung nicht mehr beſtraft, aber iſt als beſonders
gefährlicher Gefangener ſchärferer Ueberwachung ausgeſetzt.
Am. 104. Das Kriegsrecht iſt Nothrecht. Indem ſich der Spion oder der
Kriegsverräther der feindlichen Kriegsgewalt entzieht, hat er ſich auch der Stats-
gewalt des Feindes entzogen; und dieſe einmal erloſchen, lebt nicht wieder auf, ohne
eine neue wegen ihrer Gefährlichkeit für die Kriegsführung kriegsrechtlich ſtraf-
bare That.
634.
Wer freiwillig dem feindlichen Heere als Wegeführer ſich anbietet
und die Wege zeigt, wird als Kriegsverräther betrachtet und beſtraft.
Am. 95. 96. Auch hier iſt zu unterſcheiden zwiſchen dem gemeinen
Verbrechen des Landesverraths, welches der gewohnten Strafjuſtiz dann
anheimfällt, wenn die Kriegsgewalt entweder nicht befugt oder nicht geneigt iſt, ein-
zuſchreiten und der bloß kriegsgerichtlich ſtrafbaren That, die an ſich kein
Verbrechen iſt, aber wegen ihrer beſondern Gefährlichkeit für die Kriegsführung ge-
ſtraft wird. Wenn z. B. der Bürger eines von dem Feinde beſetzten Ortes ſich als
Wegeführer einem vaterländiſchen Truppenkörper anbietet, damit derſelbe den Feind
überfalle und wieder verdränge, und wenn er bei dem Verſuch ergriffen wird, ſo
kann er von dem feindlichen Kriegsgerichte als Kriegsverräther verurtheilt und er-
ſchoſſen werden, obwohl er eine patriotiſche That zu vollziehen in guter Mei-
nung war und nicht zur Treue, ſondern nur zum Gehorſam vorübergehend
der feindlichen Kriegsgewalt verpflichtet war.
635.
Wer dagegen von den feindlichen Truppen genöthigt wird, als
Wegeführer die Wege zu zeigen, iſt auch vor dem Kriegsrecht gerechtfertigt.
Am. 93. 94. Der Einzelne kann der Kriegsgewalt nicht Widerſtand
leiſten und muß ſchließlich der Bedrohung ſich fügen; denn man darf nach menſch-
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/366>, abgerufen am 25.11.2024.
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