Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Das Kriegsrecht. daten dazu verwendet werden, und sogar die Führer selbst auf Recognoscirungausreiten. Die Absicht ist auch hier die Erkundung der Schwächen oder Stärken der feindlichen Stellung und aller Bedingungen der militärischen Action. Diese erlaubte Art der Beobachtung ist nicht minder gefährlich als die Spionerie, aber weil sie als ein Bestandtheil der Kriegsführung selber gilt, darf sie auch vom Feinde nicht strafrechtlich behandelt werden. 631. Auch wer solche Erkundigungen über die Kriegsführung, die ihm Am. 89. 90. Diese Handlung kann zugleich ein gemeines Verbrechen 632. Von der Strafe des Kriegsverraths wird auch der bedroht, welcher Am. 92. Vgl. zu § 631. Indessen wird in solchen Fällen die Strafe nur Das Kriegsrecht. daten dazu verwendet werden, und ſogar die Führer ſelbſt auf Recognoscirungausreiten. Die Abſicht iſt auch hier die Erkundung der Schwächen oder Stärken der feindlichen Stellung und aller Bedingungen der militäriſchen Action. Dieſe erlaubte Art der Beobachtung iſt nicht minder gefährlich als die Spionerie, aber weil ſie als ein Beſtandtheil der Kriegsführung ſelber gilt, darf ſie auch vom Feinde nicht ſtrafrechtlich behandelt werden. 631. Auch wer ſolche Erkundigungen über die Kriegsführung, die ihm Am. 89. 90. Dieſe Handlung kann zugleich ein gemeines Verbrechen 632. Von der Strafe des Kriegsverraths wird auch der bedroht, welcher Am. 92. Vgl. zu § 631. Indeſſen wird in ſolchen Fällen die Strafe nur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0365" n="343"/><fw place="top" type="header">Das Kriegsrecht.</fw><lb/> daten dazu verwendet werden, und ſogar die Führer ſelbſt auf Recognoscirung<lb/> ausreiten. Die Abſicht iſt auch hier die Erkundung der Schwächen oder Stärken<lb/> der feindlichen Stellung und aller Bedingungen der militäriſchen Action. Dieſe<lb/> erlaubte Art der Beobachtung iſt nicht minder gefährlich als die Spionerie, aber<lb/> weil ſie als ein Beſtandtheil der Kriegsführung ſelber gilt, darf ſie auch vom Feinde<lb/> nicht ſtrafrechtlich behandelt werden.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>631.</head><lb/> <p>Auch wer ſolche Erkundigungen über die Kriegsführung, die ihm<lb/> auf geſetzlichem Wege oder in erlaubter Weiſe zugekommen ſind, zum<lb/> Nachtheil des Heeres, in deſſen Bereich er ſich befindet, an den Feind<lb/> mittheilt, wird als Kriegsverräther kriegsrechtlich und in ſchweren Fällen<lb/> mit dem Tode beſtraft.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Am</hi>. 89. 90. Dieſe Handlung kann zugleich ein <hi rendition="#g">gemeines Verbrechen</hi><lb/> des <hi rendition="#g">Landesverrathes</hi> ſein, wenn ein Officier des Heeres, oder ein Civilbeamter<lb/> die ihm anvertrauten Kriegspläne dem Feinde verräth oder wenn der Bewohner<lb/> einer Stadt oder Feſtung den feindlichen Heerführern Mittheilungen in der Abſicht<lb/> zukommen läßt, die Eroberung der Stadt oder Feſtung zu erleichtern. Aber ſie kann<lb/> auch unter Umſtänden vorkommen, in denen das <hi rendition="#g">bürgerliche Strafgeſetz</hi><lb/> kein Verbrechen findet, und dennoch der großen Gefährlichkeit wegen <hi rendition="#g">kriegsgericht-<lb/> lich</hi> geſtraft werden. Vielleicht gehört der Verräther perſönlich dem State an, deſſen<lb/> Heer ſich als Feind nähert und macht ſeine Mittheilungen aus patriotiſcher Geſin-<lb/> nung. Trotzdem läuft er Gefahr, von dem am Ort herrſchenden Feind als Verräther<lb/> vor ein Kriegsgericht geſtellt und vielleicht erſchoſſen zu werden. Es hilft ihm nicht<lb/> einmal die Einwendung, daß die Kriegsgewalt, ohne wirkliche Landeshoheit zu be-<lb/> ſitzen, nur vorübergehend den Ort beſetzt habe. Dagegen beſchränkt ſich dieſe Straf-<lb/> befugniß der Kriegsgerichte auf die Fälle, in denen ein derſelben Kriegsgewalt, wenn<lb/> auch nur vorübergehend unterworfener Bewohner ihr zum Nachtheil dem Feinde<lb/> Mittheilungen gemacht hat, und darf nicht auf ſolche Fälle ausgedehnt werden, in<lb/> denen die Kriegsgewalt erſt <hi rendition="#g">nachher</hi> in den Beſitz des Ortes kommt, von dem aus<lb/> die Mittheilung gemacht worden iſt.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>632.</head><lb/> <p>Von der Strafe des Kriegsverraths wird auch der bedroht, welcher<lb/> aus einem von der feindlichen Kriegsmacht beſetzten Orte an ſein heimat-<lb/> liches Heer oder ſeine heimatliche Regierung Mittheilungen in der Abſicht<lb/> macht, die jene Orte beſetzende Kriegsmacht zu gefährden.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Am</hi>. 92. Vgl. zu § 631. Indeſſen wird in ſolchen Fällen die Strafe nur<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [343/0365]
Das Kriegsrecht.
daten dazu verwendet werden, und ſogar die Führer ſelbſt auf Recognoscirung
ausreiten. Die Abſicht iſt auch hier die Erkundung der Schwächen oder Stärken
der feindlichen Stellung und aller Bedingungen der militäriſchen Action. Dieſe
erlaubte Art der Beobachtung iſt nicht minder gefährlich als die Spionerie, aber
weil ſie als ein Beſtandtheil der Kriegsführung ſelber gilt, darf ſie auch vom Feinde
nicht ſtrafrechtlich behandelt werden.
631.
Auch wer ſolche Erkundigungen über die Kriegsführung, die ihm
auf geſetzlichem Wege oder in erlaubter Weiſe zugekommen ſind, zum
Nachtheil des Heeres, in deſſen Bereich er ſich befindet, an den Feind
mittheilt, wird als Kriegsverräther kriegsrechtlich und in ſchweren Fällen
mit dem Tode beſtraft.
Am. 89. 90. Dieſe Handlung kann zugleich ein gemeines Verbrechen
des Landesverrathes ſein, wenn ein Officier des Heeres, oder ein Civilbeamter
die ihm anvertrauten Kriegspläne dem Feinde verräth oder wenn der Bewohner
einer Stadt oder Feſtung den feindlichen Heerführern Mittheilungen in der Abſicht
zukommen läßt, die Eroberung der Stadt oder Feſtung zu erleichtern. Aber ſie kann
auch unter Umſtänden vorkommen, in denen das bürgerliche Strafgeſetz
kein Verbrechen findet, und dennoch der großen Gefährlichkeit wegen kriegsgericht-
lich geſtraft werden. Vielleicht gehört der Verräther perſönlich dem State an, deſſen
Heer ſich als Feind nähert und macht ſeine Mittheilungen aus patriotiſcher Geſin-
nung. Trotzdem läuft er Gefahr, von dem am Ort herrſchenden Feind als Verräther
vor ein Kriegsgericht geſtellt und vielleicht erſchoſſen zu werden. Es hilft ihm nicht
einmal die Einwendung, daß die Kriegsgewalt, ohne wirkliche Landeshoheit zu be-
ſitzen, nur vorübergehend den Ort beſetzt habe. Dagegen beſchränkt ſich dieſe Straf-
befugniß der Kriegsgerichte auf die Fälle, in denen ein derſelben Kriegsgewalt, wenn
auch nur vorübergehend unterworfener Bewohner ihr zum Nachtheil dem Feinde
Mittheilungen gemacht hat, und darf nicht auf ſolche Fälle ausgedehnt werden, in
denen die Kriegsgewalt erſt nachher in den Beſitz des Ortes kommt, von dem aus
die Mittheilung gemacht worden iſt.
632.
Von der Strafe des Kriegsverraths wird auch der bedroht, welcher
aus einem von der feindlichen Kriegsmacht beſetzten Orte an ſein heimat-
liches Heer oder ſeine heimatliche Regierung Mittheilungen in der Abſicht
macht, die jene Orte beſetzende Kriegsmacht zu gefährden.
Am. 92. Vgl. zu § 631. Indeſſen wird in ſolchen Fällen die Strafe nur
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