mittlung ihrer Regierung den Betheiligten Rechnung abzulegen, und sind denselben für getreue Geschäftsführung verantwortlich.
Bei Schiffbrüchen wird das Bedürfniß einer Nothhülfe in höchstem Maße fühlbar. Um deßwillen wird auch die Thätigkeit der Consuln hier besonders ange- strengt, und ihre Vertretungsvollmacht in weitestem Umfange ausgelegt.
265.
Je nach ihrem Landesrecht sind die Consuln berechtigt, den Civil- stand ihrer Landsleute zu beurkunden und die Standesregister zu führen. Sie nehmen demgemäß Act von Geburten und Todesfällen ihrer Lands- leute und wirken nach Umständen bei Eheschließungen mit, an der Stelle des bürgerlichen Beamten.
Ob und in welchen Formen die Consuln auch die Functionen des Civilstands- beamten im Auslande zu besorgen haben, hängt freilich zunächst von ihren beson- deren Instructionen und der Beschaffenheit des Landesrechts ab, welches für die Statsgenossen diese Dinge regelt. Wo die Civilstandsbücher nach der Weise des Mittelalters noch vorzugsweise oder ausschließlich durch die Geistlichen besorgt wer- den, da wird jene Thätigkeit weniger in Anspruch genommen werden, als wo das System der bürgerlichen Standesbücher durchgeführt ist.
266.
Nur ausnahmsweise, in Folge besonderer Ermächtigung ihrer Stats- gewalt, ertheilen sie auch Volljährigkeitserklärungen.
Das ist ein Act der Statsgewalt im Sinn der jurisdictio; und diese hat der Consul in der Regel nicht zu üben. Indessen wird angenommen, wenn der ernennende Stat die Ermächtigung dazu gebe, habe der Stat des Consulatssitzes kein Interesse, einer solchen -- wesentlich privatrechtlichen -- Verfügung entgegen zu treten. Daher bedarf es keiner besondern Erlaubniß desselben.
267.
Den Consuln wird das Recht der Exterritorialität nicht zugestanden. Auch sind sie in der Regel von der Ortsgerichtsbarkeit nicht befreit. Sie haben keinen besondern Anspruch auf Steuerbefreiung.
Weil sie nicht den Stat repräsentiren, sondern, wenn auch im Namen und Auftrag eines fremden Stats hauptsächlich Privatinteressen vertreten, so kom- men ihnen die Privilegien der Gesanten nicht zu.
268.
Indessen erfordert die internationale und die völkerrechtliche Bedeutung
Völkerrechtliche Organe.
mittlung ihrer Regierung den Betheiligten Rechnung abzulegen, und ſind denſelben für getreue Geſchäftsführung verantwortlich.
Bei Schiffbrüchen wird das Bedürfniß einer Nothhülfe in höchſtem Maße fühlbar. Um deßwillen wird auch die Thätigkeit der Conſuln hier beſonders ange- ſtrengt, und ihre Vertretungsvollmacht in weiteſtem Umfange ausgelegt.
265.
Je nach ihrem Landesrecht ſind die Conſuln berechtigt, den Civil- ſtand ihrer Landsleute zu beurkunden und die Standesregiſter zu führen. Sie nehmen demgemäß Act von Geburten und Todesfällen ihrer Lands- leute und wirken nach Umſtänden bei Eheſchließungen mit, an der Stelle des bürgerlichen Beamten.
Ob und in welchen Formen die Conſuln auch die Functionen des Civilſtands- beamten im Auslande zu beſorgen haben, hängt freilich zunächſt von ihren beſon- deren Inſtructionen und der Beſchaffenheit des Landesrechts ab, welches für die Statsgenoſſen dieſe Dinge regelt. Wo die Civilſtandsbücher nach der Weiſe des Mittelalters noch vorzugsweiſe oder ausſchließlich durch die Geiſtlichen beſorgt wer- den, da wird jene Thätigkeit weniger in Anſpruch genommen werden, als wo das Syſtem der bürgerlichen Standesbücher durchgeführt iſt.
266.
Nur ausnahmsweiſe, in Folge beſonderer Ermächtigung ihrer Stats- gewalt, ertheilen ſie auch Volljährigkeitserklärungen.
Das iſt ein Act der Statsgewalt im Sinn der jurisdictio; und dieſe hat der Conſul in der Regel nicht zu üben. Indeſſen wird angenommen, wenn der ernennende Stat die Ermächtigung dazu gebe, habe der Stat des Conſulatsſitzes kein Intereſſe, einer ſolchen — weſentlich privatrechtlichen — Verfügung entgegen zu treten. Daher bedarf es keiner beſondern Erlaubniß desſelben.
267.
Den Conſuln wird das Recht der Exterritorialität nicht zugeſtanden. Auch ſind ſie in der Regel von der Ortsgerichtsbarkeit nicht befreit. Sie haben keinen beſondern Anſpruch auf Steuerbefreiung.
Weil ſie nicht den Stat repräſentiren, ſondern, wenn auch im Namen und Auftrag eines fremden Stats hauptſächlich Privatintereſſen vertreten, ſo kom- men ihnen die Privilegien der Geſanten nicht zu.
268.
Indeſſen erfordert die internationale und die völkerrechtliche Bedeutung
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Völkerrechtliche Organe.
mittlung ihrer Regierung den Betheiligten Rechnung abzulegen, und ſind
denſelben für getreue Geſchäftsführung verantwortlich.
Bei Schiffbrüchen wird das Bedürfniß einer Nothhülfe in höchſtem Maße
fühlbar. Um deßwillen wird auch die Thätigkeit der Conſuln hier beſonders ange-
ſtrengt, und ihre Vertretungsvollmacht in weiteſtem Umfange ausgelegt.
265.
Je nach ihrem Landesrecht ſind die Conſuln berechtigt, den Civil-
ſtand ihrer Landsleute zu beurkunden und die Standesregiſter zu führen.
Sie nehmen demgemäß Act von Geburten und Todesfällen ihrer Lands-
leute und wirken nach Umſtänden bei Eheſchließungen mit, an der Stelle
des bürgerlichen Beamten.
Ob und in welchen Formen die Conſuln auch die Functionen des Civilſtands-
beamten im Auslande zu beſorgen haben, hängt freilich zunächſt von ihren beſon-
deren Inſtructionen und der Beſchaffenheit des Landesrechts ab, welches für die
Statsgenoſſen dieſe Dinge regelt. Wo die Civilſtandsbücher nach der Weiſe des
Mittelalters noch vorzugsweiſe oder ausſchließlich durch die Geiſtlichen beſorgt wer-
den, da wird jene Thätigkeit weniger in Anſpruch genommen werden, als wo das
Syſtem der bürgerlichen Standesbücher durchgeführt iſt.
266.
Nur ausnahmsweiſe, in Folge beſonderer Ermächtigung ihrer Stats-
gewalt, ertheilen ſie auch Volljährigkeitserklärungen.
Das iſt ein Act der Statsgewalt im Sinn der jurisdictio; und dieſe hat
der Conſul in der Regel nicht zu üben. Indeſſen wird angenommen, wenn der
ernennende Stat die Ermächtigung dazu gebe, habe der Stat des Conſulatsſitzes
kein Intereſſe, einer ſolchen — weſentlich privatrechtlichen — Verfügung entgegen
zu treten. Daher bedarf es keiner beſondern Erlaubniß desſelben.
267.
Den Conſuln wird das Recht der Exterritorialität nicht zugeſtanden.
Auch ſind ſie in der Regel von der Ortsgerichtsbarkeit nicht befreit. Sie
haben keinen beſondern Anſpruch auf Steuerbefreiung.
Weil ſie nicht den Stat repräſentiren, ſondern, wenn auch im Namen und
Auftrag eines fremden Stats hauptſächlich Privatintereſſen vertreten, ſo kom-
men ihnen die Privilegien der Geſanten nicht zu.
268.
Indeſſen erfordert die internationale und die völkerrechtliche Bedeutung
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/181>, abgerufen am 16.02.2025.
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