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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Eilftes Capitel. Ende des Statsdienstes.

In der zweiten Beziehung sind verschiedene Fälle zu
unterscheiden. Das Motiv nämlich zur Entfernung eines Be-
amten kann:

a) in einem Verbrechen desselben liegen, woraus seine
moralische Unwürdigkeit für das Amt offenbar wird;

b) in der erfahrungsmäszig hergestellten moralischen
Untauglichkeit
desselben, indem es ihm an dem
nöthigen Fleisze oder an dem Muthe gebricht, dessen
das Amt bedarf, ohne dasz er wirkliche Verbrechen
begangen hat;

c) in der geistigen Unfähigkeit desselben, die Auf-
gabe des Amtes zu verstehen und die erforderlichen
Functionen auf eine für den Stat nützliche Weise zu
vollziehen, z. B. weil er das Gedächtnisz verloren hat,
blödsinnig geworden ist u. dgl.;

d) in äuszern auszer der Person des Beamten liegenden
Verhältnissen, welche seine Wirksamkeit im Amte läh-
men oder ihn des erforderlichen Vertrauens berauben;
ein Fall, der in Zeiten aufgeregter Leidenschaften oder
bei Verwicklungen mit auswärtigen Mächten -- ich er-
innere an die Entlassung des Ministers Stein aus Rück-
sichten auf den Kaiser Napoleon I. -- selbst bei einem
Beamten eintreten kann, der seine Pflicht vollständig
erfüllt hat, vielleicht gerade deszhalb, weil er es
gethan.

In allen diesen Fällen musz der Stat ein Mittel haben,

weilig entfernt oder entlassen, noch auch ohne sein Ansuchen an einen
andern Dienstort überwiesen oder in den Ruhestand versetzt werden.
Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Versetzungen in den Ruhe-
stand, welche wegen eingetretener Dienstuntauglichkeit nach den Vor-
schriften des Gesetzes erfolgen, sowie auf jene Veränderungen im Richter-
personale, welche durch Aenderung in der Einrichtung der Gerichte noth-
wendig werden, keine Anwendung." Preuszische §. 87.
"[Die Richter]
können nur durch Richterspruch aus Gründen, welche die Gesetze vor-
geschrieben haben, ihres Amtes entsetzt oder zeitweise enthoben
werden."
Bluntschli, allgemeine Statslehre. 41
Eilftes Capitel. Ende des Statsdienstes.

In der zweiten Beziehung sind verschiedene Fälle zu
unterscheiden. Das Motiv nämlich zur Entfernung eines Be-
amten kann:

a) in einem Verbrechen desselben liegen, woraus seine
moralische Unwürdigkeit für das Amt offenbar wird;

b) in der erfahrungsmäszig hergestellten moralischen
Untauglichkeit
desselben, indem es ihm an dem
nöthigen Fleisze oder an dem Muthe gebricht, dessen
das Amt bedarf, ohne dasz er wirkliche Verbrechen
begangen hat;

c) in der geistigen Unfähigkeit desselben, die Auf-
gabe des Amtes zu verstehen und die erforderlichen
Functionen auf eine für den Stat nützliche Weise zu
vollziehen, z. B. weil er das Gedächtnisz verloren hat,
blödsinnig geworden ist u. dgl.;

d) in äuszern auszer der Person des Beamten liegenden
Verhältnissen, welche seine Wirksamkeit im Amte läh-
men oder ihn des erforderlichen Vertrauens berauben;
ein Fall, der in Zeiten aufgeregter Leidenschaften oder
bei Verwicklungen mit auswärtigen Mächten — ich er-
innere an die Entlassung des Ministers Stein aus Rück-
sichten auf den Kaiser Napoleon I. — selbst bei einem
Beamten eintreten kann, der seine Pflicht vollständig
erfüllt hat, vielleicht gerade deszhalb, weil er es
gethan.

In allen diesen Fällen musz der Stat ein Mittel haben,

weilig entfernt oder entlassen, noch auch ohne sein Ansuchen an einen
andern Dienstort überwiesen oder in den Ruhestand versetzt werden.
Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Versetzungen in den Ruhe-
stand, welche wegen eingetretener Dienstuntauglichkeit nach den Vor-
schriften des Gesetzes erfolgen, sowie auf jene Veränderungen im Richter-
personale, welche durch Aenderung in der Einrichtung der Gerichte noth-
wendig werden, keine Anwendung.“ Preuszische §. 87.
„[Die Richter]
können nur durch Richterspruch aus Gründen, welche die Gesetze vor-
geschrieben haben, ihres Amtes entsetzt oder zeitweise enthoben
werden.“
Bluntschli, allgemeine Statslehre. 41
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[633/0651] Eilftes Capitel. Ende des Statsdienstes. In der zweiten Beziehung sind verschiedene Fälle zu unterscheiden. Das Motiv nämlich zur Entfernung eines Be- amten kann: a) in einem Verbrechen desselben liegen, woraus seine moralische Unwürdigkeit für das Amt offenbar wird; b) in der erfahrungsmäszig hergestellten moralischen Untauglichkeit desselben, indem es ihm an dem nöthigen Fleisze oder an dem Muthe gebricht, dessen das Amt bedarf, ohne dasz er wirkliche Verbrechen begangen hat; c) in der geistigen Unfähigkeit desselben, die Auf- gabe des Amtes zu verstehen und die erforderlichen Functionen auf eine für den Stat nützliche Weise zu vollziehen, z. B. weil er das Gedächtnisz verloren hat, blödsinnig geworden ist u. dgl.; d) in äuszern auszer der Person des Beamten liegenden Verhältnissen, welche seine Wirksamkeit im Amte läh- men oder ihn des erforderlichen Vertrauens berauben; ein Fall, der in Zeiten aufgeregter Leidenschaften oder bei Verwicklungen mit auswärtigen Mächten — ich er- innere an die Entlassung des Ministers Stein aus Rück- sichten auf den Kaiser Napoleon I. — selbst bei einem Beamten eintreten kann, der seine Pflicht vollständig erfüllt hat, vielleicht gerade deszhalb, weil er es gethan. In allen diesen Fällen musz der Stat ein Mittel haben, 10 10 weilig entfernt oder entlassen, noch auch ohne sein Ansuchen an einen andern Dienstort überwiesen oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese letztere Bestimmung findet jedoch auf Versetzungen in den Ruhe- stand, welche wegen eingetretener Dienstuntauglichkeit nach den Vor- schriften des Gesetzes erfolgen, sowie auf jene Veränderungen im Richter- personale, welche durch Aenderung in der Einrichtung der Gerichte noth- wendig werden, keine Anwendung.“ Preuszische §. 87. „[Die Richter] können nur durch Richterspruch aus Gründen, welche die Gesetze vor- geschrieben haben, ihres Amtes entsetzt oder zeitweise enthoben werden.“ Bluntschli, allgemeine Statslehre. 41

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/651>, abgerufen am 22.11.2024.