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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Eilftes Capitel. Ende des Statsdienstes.
Auflösung der Amtspflicht. Der Beamte darf das Amt nicht
nach Willkür verlassen, das wäre Desertion. Sie ist nur ein
zureichender Grund, um die Statsgewalt, welche das Amt
verliehen hat, zu bewegen, dasselbe dem Beamten wieder
abzunehmen. Erst die Entlassung also von Seite des States
befreit denselben von der Amtspflicht; und immerhin verbleibt
der Oberbehörde das Recht, nach dem öffentlichen Bedürfnisse
den Moment der Entlassung näher zu bestimmen.

Die Entlassung in Folge einfacher Resignation des Be-
amten hebt die aus dem Amte hervorgehenden Rechte, sowohl
die politischen als die privatrechtlichen, auf.

3. Anders, wenn der Statsdiener berechtigt ist, die
Quiescirung, Inruhestandsetzung, zu verlangen. In
diesem Falle gehen wohl die eigentlichen politischen Amts-
befugnisse für ihn verloren, nicht aber wieder die persön-
lichen Ehrenvorzüge, als Titel und Rang, noch die Ansprüche
auf Besoldung. Gewöhnlich wird das Masz der Pension,
auf welche derselbe einen Anspruch hat, je nach den Dienst-
und den Lebensjahren stufenweise bestimmt. Jenes Recht
wird begründet theils durch hohes Alter (in Deutschland oft
70, in Belgien 65 Jahre), verbunden mit langem Dienstalter
(30-40 Jahre), theils durch früher eintretende Dienstunfähig-
keit, z. B. wegen Krankheit. Dasselbe versteht sich indessen
nur dann von selbst, wenn durch den Statsdienst selbst das
Gebrechen herbeigeführt worden, welches den Beamten un-
fähig macht, denn unter dieser Voraussetzung ist der Stat
aus allgemeinen Rechtsgründen verpflichtet, den Schaden zu
vergüten, welchen sein Beauftragter in Folge der Ausübung
seiner aufgetragenen Pflicht erlitten hat. 3

4. Die Frage, ob und in welchen Fällen ein Beamter
gegen seinen Willen aus dem Amte entlassen werden

3 Bei Zachariä D. St. §. 142 sind einige Bestimmungen in deut-
schen Ländern zusammengestellt. Ueber Belgien vergl. Gesetz vom
31. Jul. 1844.

Eilftes Capitel. Ende des Statsdienstes.
Auflösung der Amtspflicht. Der Beamte darf das Amt nicht
nach Willkür verlassen, das wäre Desertion. Sie ist nur ein
zureichender Grund, um die Statsgewalt, welche das Amt
verliehen hat, zu bewegen, dasselbe dem Beamten wieder
abzunehmen. Erst die Entlassung also von Seite des States
befreit denselben von der Amtspflicht; und immerhin verbleibt
der Oberbehörde das Recht, nach dem öffentlichen Bedürfnisse
den Moment der Entlassung näher zu bestimmen.

Die Entlassung in Folge einfacher Resignation des Be-
amten hebt die aus dem Amte hervorgehenden Rechte, sowohl
die politischen als die privatrechtlichen, auf.

3. Anders, wenn der Statsdiener berechtigt ist, die
Quiescirung, Inruhestandsetzung, zu verlangen. In
diesem Falle gehen wohl die eigentlichen politischen Amts-
befugnisse für ihn verloren, nicht aber wieder die persön-
lichen Ehrenvorzüge, als Titel und Rang, noch die Ansprüche
auf Besoldung. Gewöhnlich wird das Masz der Pension,
auf welche derselbe einen Anspruch hat, je nach den Dienst-
und den Lebensjahren stufenweise bestimmt. Jenes Recht
wird begründet theils durch hohes Alter (in Deutschland oft
70, in Belgien 65 Jahre), verbunden mit langem Dienstalter
(30-40 Jahre), theils durch früher eintretende Dienstunfähig-
keit, z. B. wegen Krankheit. Dasselbe versteht sich indessen
nur dann von selbst, wenn durch den Statsdienst selbst das
Gebrechen herbeigeführt worden, welches den Beamten un-
fähig macht, denn unter dieser Voraussetzung ist der Stat
aus allgemeinen Rechtsgründen verpflichtet, den Schaden zu
vergüten, welchen sein Beauftragter in Folge der Ausübung
seiner aufgetragenen Pflicht erlitten hat. 3

4. Die Frage, ob und in welchen Fällen ein Beamter
gegen seinen Willen aus dem Amte entlassen werden

3 Bei Zachariä D. St. §. 142 sind einige Bestimmungen in deut-
schen Ländern zusammengestellt. Ueber Belgien vergl. Gesetz vom
31. Jul. 1844.
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[629/0647] Eilftes Capitel. Ende des Statsdienstes. Auflösung der Amtspflicht. Der Beamte darf das Amt nicht nach Willkür verlassen, das wäre Desertion. Sie ist nur ein zureichender Grund, um die Statsgewalt, welche das Amt verliehen hat, zu bewegen, dasselbe dem Beamten wieder abzunehmen. Erst die Entlassung also von Seite des States befreit denselben von der Amtspflicht; und immerhin verbleibt der Oberbehörde das Recht, nach dem öffentlichen Bedürfnisse den Moment der Entlassung näher zu bestimmen. Die Entlassung in Folge einfacher Resignation des Be- amten hebt die aus dem Amte hervorgehenden Rechte, sowohl die politischen als die privatrechtlichen, auf. 3. Anders, wenn der Statsdiener berechtigt ist, die Quiescirung, Inruhestandsetzung, zu verlangen. In diesem Falle gehen wohl die eigentlichen politischen Amts- befugnisse für ihn verloren, nicht aber wieder die persön- lichen Ehrenvorzüge, als Titel und Rang, noch die Ansprüche auf Besoldung. Gewöhnlich wird das Masz der Pension, auf welche derselbe einen Anspruch hat, je nach den Dienst- und den Lebensjahren stufenweise bestimmt. Jenes Recht wird begründet theils durch hohes Alter (in Deutschland oft 70, in Belgien 65 Jahre), verbunden mit langem Dienstalter (30-40 Jahre), theils durch früher eintretende Dienstunfähig- keit, z. B. wegen Krankheit. Dasselbe versteht sich indessen nur dann von selbst, wenn durch den Statsdienst selbst das Gebrechen herbeigeführt worden, welches den Beamten un- fähig macht, denn unter dieser Voraussetzung ist der Stat aus allgemeinen Rechtsgründen verpflichtet, den Schaden zu vergüten, welchen sein Beauftragter in Folge der Ausübung seiner aufgetragenen Pflicht erlitten hat. 3 4. Die Frage, ob und in welchen Fällen ein Beamter gegen seinen Willen aus dem Amte entlassen werden 3 Bei Zachariä D. St. §. 142 sind einige Bestimmungen in deut- schen Ländern zusammengestellt. Ueber Belgien vergl. Gesetz vom 31. Jul. 1844.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/647>, abgerufen am 23.11.2024.