Bildung des jus gentium an. Die ewige Stadt, die Urbs wurde zur Hauptstadt des Orbis, das imperium der römischen Magi- strate zum imperium mundi, der römische Senat zum Senat aller Nationen und ihrer Könige. In der Majestät des Kaiser- thums gipfelte die Majestät des römischen Volks. Die Ge- schichte Roms wurde nach dem stolzen Ausdrucke von Florus zur Geschichte der Menschheit. Dieses Streben gab der römischen Staatsidee einen kühnen Schwung, dem die grie- chischen Staten nicht zu folgen vermochten, und eine Grösze, vor der sich diese beugen muszten. Es war das nicht ein eitles Spiel der Phantasie, sondern eine leibhafte Wirklichkeit, welche die antike Welt beherrschte, gegen die im Occident nur noch die Germanen, im Orient die Perser anzukämpfen, den Muth und die Kraft hatten.
Viertes Capitel. II. Das Mittelalter.
Die beiden neuen Mächte, welche den römischen Weltstat theils umgebildet, theils zerstört haben, sind das Christen- thum und die Germanen.
A. Das Christenthum.
Im Widerspruch mit der Autorität sowohl des jüdischen States als des römischen Kaiserreichs breitete die christliche Religion ihre Macht über die Gemüther aus. Ihr Stifter war kein Fürst dieser Welt. Der alte Stat verfolgte ihn und seine Jünger bis zum Tode. Die ersten Christen waren, wenn nicht geradezu statsfeindlich gesinnt, doch für andere Dinge als für die Statsordnung und die Statsinteressen begeistert. Als die christliche Welt ihren Frieden schlosz mit dem antiken helle- nisch-römischen Stat, war doch bereits die religiöse Gemein- schaft als Kirche ihrer geistigen Eigenthümlichkeit bewuszt,
Erstes Buch. Der Statsbegriff.
Bildung des jus gentium an. Die ewige Stadt, die Urbs wurde zur Hauptstadt des Orbis, das imperium der römischen Magi- strate zum imperium mundi, der römische Senat zum Senat aller Nationen und ihrer Könige. In der Majestät des Kaiser- thums gipfelte die Majestät des römischen Volks. Die Ge- schichte Roms wurde nach dem stolzen Ausdrucke von Florus zur Geschichte der Menschheit. Dieses Streben gab der römischen Staatsidee einen kühnen Schwung, dem die grie- chischen Staten nicht zu folgen vermochten, und eine Grösze, vor der sich diese beugen muszten. Es war das nicht ein eitles Spiel der Phantasie, sondern eine leibhafte Wirklichkeit, welche die antike Welt beherrschte, gegen die im Occident nur noch die Germanen, im Orient die Perser anzukämpfen, den Muth und die Kraft hatten.
Viertes Capitel. II. Das Mittelalter.
Die beiden neuen Mächte, welche den römischen Weltstat theils umgebildet, theils zerstört haben, sind das Christen- thum und die Germanen.
A. Das Christenthum.
Im Widerspruch mit der Autorität sowohl des jüdischen States als des römischen Kaiserreichs breitete die christliche Religion ihre Macht über die Gemüther aus. Ihr Stifter war kein Fürst dieser Welt. Der alte Stat verfolgte ihn und seine Jünger bis zum Tode. Die ersten Christen waren, wenn nicht geradezu statsfeindlich gesinnt, doch für andere Dinge als für die Statsordnung und die Statsinteressen begeistert. Als die christliche Welt ihren Frieden schlosz mit dem antiken helle- nisch-römischen Stat, war doch bereits die religiöse Gemein- schaft als Kirche ihrer geistigen Eigenthümlichkeit bewuszt,
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Erstes Buch. Der Statsbegriff.
Bildung des jus gentium an. Die ewige Stadt, die Urbs wurde
zur Hauptstadt des Orbis, das imperium der römischen Magi-
strate zum imperium mundi, der römische Senat zum Senat
aller Nationen und ihrer Könige. In der Majestät des Kaiser-
thums gipfelte die Majestät des römischen Volks. Die Ge-
schichte Roms wurde nach dem stolzen Ausdrucke von Florus
zur Geschichte der Menschheit. Dieses Streben gab der
römischen Staatsidee einen kühnen Schwung, dem die grie-
chischen Staten nicht zu folgen vermochten, und eine Grösze,
vor der sich diese beugen muszten. Es war das nicht ein
eitles Spiel der Phantasie, sondern eine leibhafte Wirklichkeit,
welche die antike Welt beherrschte, gegen die im Occident
nur noch die Germanen, im Orient die Perser anzukämpfen,
den Muth und die Kraft hatten.
Viertes Capitel.
II. Das Mittelalter.
Die beiden neuen Mächte, welche den römischen Weltstat
theils umgebildet, theils zerstört haben, sind das Christen-
thum und die Germanen.
A. Das Christenthum.
Im Widerspruch mit der Autorität sowohl des jüdischen
States als des römischen Kaiserreichs breitete die christliche
Religion ihre Macht über die Gemüther aus. Ihr Stifter war
kein Fürst dieser Welt. Der alte Stat verfolgte ihn und seine
Jünger bis zum Tode. Die ersten Christen waren, wenn nicht
geradezu statsfeindlich gesinnt, doch für andere Dinge als für
die Statsordnung und die Statsinteressen begeistert. Als die
christliche Welt ihren Frieden schlosz mit dem antiken helle-
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schaft als Kirche ihrer geistigen Eigenthümlichkeit bewuszt,
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/60>, abgerufen am 28.11.2024.
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