Achtzehntes Capitel. III. Die Aristokratie. B. Die römische Aristokratie.
stehenden Magistrates durch sein Veto zu hemmen: 4 ein Grundsatz, welcher die in dem imperium liegende Allgewalt sehr bedeutend ermäszigte, ohne sie, da wo ihre volle Wirkung für den Stat nöthig oder nützlich schien, zu schwächen.
Freilich wurden diese Magistrate nun von dem ganzen Volke gewählt, aber die Wahl der höheren Aemter war den Centuriatcomitien vorbehalten, in denen die Aristokratie des Reichthums das Uebergewicht besasz, und die hinwieder von Magistraten geleitet und durch die Auspicien beschränkt wur- den. Ueberdem war der Weg zu diesen Würden in der Regel nur denen offen, welche selbst zu der nationalen Aristokratie gehörten, sei es weil sie von angesehenem Geschlechte waren, in Folge dessen einen glänzenden Namen trugen und eine zahlreiche Clientel und auch bei dem Volke ein günstiges Vorurtheil für sich hatten, sei es weil sie grosze Reichthümer besaszen und das Volk durch öffentliche auf ihre Kosten aus- geführte Spiele zu gewinnen wuszten, sei es endlich, weil sie durch einleuchtende Verdienste im Kriege oder als grosze Redner über die Menge emporgestiegen waren und einen volks- thümlichen Ruf und Autorität erlangt hatten. Seitdem auch den Plebejern die höhern Magistraturen zugänglich geworden, waren dieselben freilich nicht mehr auf den bloszen Geburts- adel eingeschränkt, aber, wenn wir von einzelnen ziemlich seltenen Ausnahmen absehen, war es doch in der Regel nur den Gliedern jener groszen politischen und socialen Aristo- kratie, in welche das Patriciat sich umgewandelt und aus- gebildet hatte, vergönnt, an der Regierung des States un- mittelbaren Theil zu nehmen; und diese Magistrate bilden hinwieder den Senat.
Erwägt man alle diese Verhältnisse, so wird man die
4 Daher die Formel bei Cicero de Legib. III. 3: "ni par majorve potestas prohibessit." Es ist das nämliche Princip, welches auch im römischen Privatrecht unter den Miteigenthümern gilt: "Neganti major potesta." Vgl. Gellius Noctes Atticae XIII. 12. 15.
Achtzehntes Capitel. III. Die Aristokratie. B. Die römische Aristokratie.
stehenden Magistrates durch sein Veto zu hemmen: 4 ein Grundsatz, welcher die in dem imperium liegende Allgewalt sehr bedeutend ermäszigte, ohne sie, da wo ihre volle Wirkung für den Stat nöthig oder nützlich schien, zu schwächen.
Freilich wurden diese Magistrate nun von dem ganzen Volke gewählt, aber die Wahl der höheren Aemter war den Centuriatcomitien vorbehalten, in denen die Aristokratie des Reichthums das Uebergewicht besasz, und die hinwieder von Magistraten geleitet und durch die Auspicien beschränkt wur- den. Ueberdem war der Weg zu diesen Würden in der Regel nur denen offen, welche selbst zu der nationalen Aristokratie gehörten, sei es weil sie von angesehenem Geschlechte waren, in Folge dessen einen glänzenden Namen trugen und eine zahlreiche Clientel und auch bei dem Volke ein günstiges Vorurtheil für sich hatten, sei es weil sie grosze Reichthümer besaszen und das Volk durch öffentliche auf ihre Kosten aus- geführte Spiele zu gewinnen wuszten, sei es endlich, weil sie durch einleuchtende Verdienste im Kriege oder als grosze Redner über die Menge emporgestiegen waren und einen volks- thümlichen Ruf und Autorität erlangt hatten. Seitdem auch den Plebejern die höhern Magistraturen zugänglich geworden, waren dieselben freilich nicht mehr auf den bloszen Geburts- adel eingeschränkt, aber, wenn wir von einzelnen ziemlich seltenen Ausnahmen absehen, war es doch in der Regel nur den Gliedern jener groszen politischen und socialen Aristo- kratie, in welche das Patriciat sich umgewandelt und aus- gebildet hatte, vergönnt, an der Regierung des States un- mittelbaren Theil zu nehmen; und diese Magistrate bilden hinwieder den Senat.
Erwägt man alle diese Verhältnisse, so wird man die
4 Daher die Formel bei Cicero de Legib. III. 3: „ni par majorve potestas prohibessit.“ Es ist das nämliche Princip, welches auch im römischen Privatrecht unter den Miteigenthümern gilt: „Neganti major potesta.“ Vgl. Gellius Noctes Atticae XIII. 12. 15.
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Achtzehntes Capitel. III. Die Aristokratie. B. Die römische Aristokratie.
stehenden Magistrates durch sein Veto zu hemmen: 4 ein
Grundsatz, welcher die in dem imperium liegende Allgewalt
sehr bedeutend ermäszigte, ohne sie, da wo ihre volle Wirkung
für den Stat nöthig oder nützlich schien, zu schwächen.
Freilich wurden diese Magistrate nun von dem ganzen
Volke gewählt, aber die Wahl der höheren Aemter war den
Centuriatcomitien vorbehalten, in denen die Aristokratie des
Reichthums das Uebergewicht besasz, und die hinwieder von
Magistraten geleitet und durch die Auspicien beschränkt wur-
den. Ueberdem war der Weg zu diesen Würden in der Regel
nur denen offen, welche selbst zu der nationalen Aristokratie
gehörten, sei es weil sie von angesehenem Geschlechte waren,
in Folge dessen einen glänzenden Namen trugen und eine
zahlreiche Clientel und auch bei dem Volke ein günstiges
Vorurtheil für sich hatten, sei es weil sie grosze Reichthümer
besaszen und das Volk durch öffentliche auf ihre Kosten aus-
geführte Spiele zu gewinnen wuszten, sei es endlich, weil sie
durch einleuchtende Verdienste im Kriege oder als grosze
Redner über die Menge emporgestiegen waren und einen volks-
thümlichen Ruf und Autorität erlangt hatten. Seitdem auch
den Plebejern die höhern Magistraturen zugänglich geworden,
waren dieselben freilich nicht mehr auf den bloszen Geburts-
adel eingeschränkt, aber, wenn wir von einzelnen ziemlich
seltenen Ausnahmen absehen, war es doch in der Regel nur
den Gliedern jener groszen politischen und socialen Aristo-
kratie, in welche das Patriciat sich umgewandelt und aus-
gebildet hatte, vergönnt, an der Regierung des States un-
mittelbaren Theil zu nehmen; und diese Magistrate bilden
hinwieder den Senat.
Erwägt man alle diese Verhältnisse, so wird man die
4 Daher die Formel bei Cicero de Legib. III. 3: „ni par majorve
potestas prohibessit.“ Es ist das nämliche Princip, welches auch im
römischen Privatrecht unter den Miteigenthümern gilt: „Neganti major
potesta.“ Vgl. Gellius Noctes Atticae XIII. 12. 15.
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/533>, abgerufen am 28.11.2024.
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