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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Siebenzehntes Cap. III. Die Aristokratie. A. Hellenische Form. Sparta.
Stammes wurde nicht durch Uebergänge gemildert. Die Aus-
scheidung der Spartiaten und der Metoiken blieb schroff und
starr, in der That kastenartig ohne Ehegenossenschaft. Nur
ganz ausnahmsweise und äuszerst selten wurde etwa Einer
von diesen in das volle Bürgerrecht jener aufgenommen. Der
herrschende Stamm wurde somit nicht erfrischt durch neue
Familien, und der unterthänige nicht durch die Aussicht ge-
tröstet, dasz die besten seiner Söhne durch ihr Verdienst
hinaufsteigen können zu den Leitern des States. Diese Aus-
schlieszlichkeit erscheint um so befremdender und drückender,
je weniger ängstlich in anderer Beziehung die Spartiaten die
Reinheit des Blutes wahrten; lieszen sie es doch von Stats-
wegen geschehen, dasz spartanische Frauen, deren Männer
im Kriege gefallen waren, der Umarmung von Heloten preis-
gegeben wurden, um spartanische Kinder zu empfangen.

Desto sorgfältiger aber wurde die Erziehung geordnet.
Der Vorzug der Geburt sollte durch die Erziehung ergänzt,
und durch beide die Ueberlegenheit der Spartiaten erhalten
werden. Die Sorge des States für eine politisch-kriegerische
Erziehung der Jugend war so umfassend und eingreifend, dasz
um ihretwillen selbst der Zusammenhang und die Freiheit der
Privatfamilien aufgelöst und geopfert wurde. Das individuelle
Leben wurde nirgends in dem Masze dem Statsleben unter-
worfen, und die Allmacht des States nirgends weiter getrieben
als in Sparta; als wäre wirklich der Mensch nur für den Stat
in der Welt.

Unter sich waren die Spartiaten wieder zunächst gleich-
berechtigt
, und so sehr war innerhalb der Aristokratie die
demokratische Gleichheit anerkannt, dasz sogar gleiches
Vermögen
aller spartanischen Familien ein Grundzug der
lykurgischen Verfassung war. Jede Familie hatte ein gleiches
Loos (kleros) an dem zum Privatbesitze vertheilten Boden
des Landes erhalten, und die Loose sollten nicht veräuszert
werden dürfen. Damit aber das bewegliche Vermögen nicht

Siebenzehntes Cap. III. Die Aristokratie. A. Hellenische Form. Sparta.
Stammes wurde nicht durch Uebergänge gemildert. Die Aus-
scheidung der Spartiaten und der Metoiken blieb schroff und
starr, in der That kastenartig ohne Ehegenossenschaft. Nur
ganz ausnahmsweise und äuszerst selten wurde etwa Einer
von diesen in das volle Bürgerrecht jener aufgenommen. Der
herrschende Stamm wurde somit nicht erfrischt durch neue
Familien, und der unterthänige nicht durch die Aussicht ge-
tröstet, dasz die besten seiner Söhne durch ihr Verdienst
hinaufsteigen können zu den Leitern des States. Diese Aus-
schlieszlichkeit erscheint um so befremdender und drückender,
je weniger ängstlich in anderer Beziehung die Spartiaten die
Reinheit des Blutes wahrten; lieszen sie es doch von Stats-
wegen geschehen, dasz spartanische Frauen, deren Männer
im Kriege gefallen waren, der Umarmung von Heloten preis-
gegeben wurden, um spartanische Kinder zu empfangen.

Desto sorgfältiger aber wurde die Erziehung geordnet.
Der Vorzug der Geburt sollte durch die Erziehung ergänzt,
und durch beide die Ueberlegenheit der Spartiaten erhalten
werden. Die Sorge des States für eine politisch-kriegerische
Erziehung der Jugend war so umfassend und eingreifend, dasz
um ihretwillen selbst der Zusammenhang und die Freiheit der
Privatfamilien aufgelöst und geopfert wurde. Das individuelle
Leben wurde nirgends in dem Masze dem Statsleben unter-
worfen, und die Allmacht des States nirgends weiter getrieben
als in Sparta; als wäre wirklich der Mensch nur für den Stat
in der Welt.

Unter sich waren die Spartiaten wieder zunächst gleich-
berechtigt
, und so sehr war innerhalb der Aristokratie die
demokratische Gleichheit anerkannt, dasz sogar gleiches
Vermögen
aller spartanischen Familien ein Grundzug der
lykurgischen Verfassung war. Jede Familie hatte ein gleiches
Loos (ϰλῆϱος) an dem zum Privatbesitze vertheilten Boden
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[503/0521] Siebenzehntes Cap. III. Die Aristokratie. A. Hellenische Form. Sparta. Stammes wurde nicht durch Uebergänge gemildert. Die Aus- scheidung der Spartiaten und der Metoiken blieb schroff und starr, in der That kastenartig ohne Ehegenossenschaft. Nur ganz ausnahmsweise und äuszerst selten wurde etwa Einer von diesen in das volle Bürgerrecht jener aufgenommen. Der herrschende Stamm wurde somit nicht erfrischt durch neue Familien, und der unterthänige nicht durch die Aussicht ge- tröstet, dasz die besten seiner Söhne durch ihr Verdienst hinaufsteigen können zu den Leitern des States. Diese Aus- schlieszlichkeit erscheint um so befremdender und drückender, je weniger ängstlich in anderer Beziehung die Spartiaten die Reinheit des Blutes wahrten; lieszen sie es doch von Stats- wegen geschehen, dasz spartanische Frauen, deren Männer im Kriege gefallen waren, der Umarmung von Heloten preis- gegeben wurden, um spartanische Kinder zu empfangen. Desto sorgfältiger aber wurde die Erziehung geordnet. Der Vorzug der Geburt sollte durch die Erziehung ergänzt, und durch beide die Ueberlegenheit der Spartiaten erhalten werden. Die Sorge des States für eine politisch-kriegerische Erziehung der Jugend war so umfassend und eingreifend, dasz um ihretwillen selbst der Zusammenhang und die Freiheit der Privatfamilien aufgelöst und geopfert wurde. Das individuelle Leben wurde nirgends in dem Masze dem Statsleben unter- worfen, und die Allmacht des States nirgends weiter getrieben als in Sparta; als wäre wirklich der Mensch nur für den Stat in der Welt. Unter sich waren die Spartiaten wieder zunächst gleich- berechtigt, und so sehr war innerhalb der Aristokratie die demokratische Gleichheit anerkannt, dasz sogar gleiches Vermögen aller spartanischen Familien ein Grundzug der lykurgischen Verfassung war. Jede Familie hatte ein gleiches Loos (ϰλῆϱος) an dem zum Privatbesitze vertheilten Boden des Landes erhalten, und die Loose sollten nicht veräuszert werden dürfen. Damit aber das bewegliche Vermögen nicht

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/521>, abgerufen am 21.11.2024.