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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Sechsz. Cap. II. Mon. Statsformen. G. Const. Monarchie. 3. Mon. Princip
etc.
Gedanken dahin, dasz sie andern politischen Körperschaften
und Organen weder selbständige, der Willkür des Monarchen
entzogene Rechte, noch eine nothwendige Betheiligung bei
der Ausübung der Rechte des Monarchen zugesteht, und dasz
sie auch von berechtigten Freiheiten der Individuen und
Volksclassen nichts wissen will. Alles Recht nimmt sie für
sich in Anspruch, den Andern vergönnt sie höchstens Gnaden.
7

Die constitutionelle Monarchie dagegen ist auch hierin
eine beschränkte und erkennt die Rechte jener Körper-
schaften und die Freiheit der Unterthanen an.

2. An der Gesetzgebung vorerst hat der Monarch
nicht blosz einen Antheil, sondern den dem Inhalt nach in

die absolute, die ständische und die constitutionelle Monarchie, und ist
in dem zweiten Satze der Entwicklung der constitutionellen Statsform
ungünstig: "Die gesammte Statsgewalt musz in dem Oberhaupt
des
Stats vereinigt bleiben, und der Souverain kann durch eine landstän-
dische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mit-
wirkung der Stände
gebunden werden." Die seitherige Ausbreitung
der constitutionellen Monarchie hat nunmehr diesen Artikel antiquirt.
7 Wie wenig jene absolute Auffassung aus dem Begriffe der Mon-
archie folgt, mag die Aeuszerung eines ziemlich absoluten Fürsten,
Friedrichs des Groszen bezeugen. Er schreibt in dem Antimacchia-
vel L.: "Le Souverain bien loin d'etre le Maeitre absolu
des peuples qui sont
sous sa domination, n'en est que le premier magistrat."
(Anderwärts
braucht er die Ausdrücke "le premier serviteur" -- oder
"domestique de
l'Etat.") Die Art, wie Mirabeau dagegen (Essai sur le
despotisme,
Oeuvres II, S. 297) die Fürsten anredet: "Vous etes les
salaries de vos
sujets, et vous devez subir les conditions auxquelles vous est accorde ce
salaire sous peine de le perdre" überschreitet die Grenzen der Monarchie
und setzt eine republikanische Volksherrschaft voraus. Noch bestimmter
sprach sich der preuszische König Friedrich über die wahre Stellung der
Monarchen in der ersten Audienz aus, welche er seinen Ministern er-
theilte am 1. Juni 1741. (Ranke Preusz. Gesch. I, S. 48): "Ich
denke,
dasz das Interesse des Landes auch mein eigenes ist, dasz ich kein
Interesse haben kann, welches nicht zugleich das des Landes wäre. Sollten
sich beide nicht miteinander vertragen, so soll der Vortheil des
Landes den Vorzug
haben." Und Washington schrieb am 18.
Juni
1788 an Lafayette: "Ich verwundere mich höflich, dasz es auch
nur
einen Monarchen gibt, der nicht erkennt, wie sein Ruhm und
sein Glück
von dem Gedeihen und der Wohlfahrt des Volkes abhängig
sind."
Bluntschli, allgemeine Statslehre. 32

Sechsz. Cap. II. Mon. Statsformen. G. Const. Monarchie. 3. Mon. Princip
etc.
Gedanken dahin, dasz sie andern politischen Körperschaften
und Organen weder selbständige, der Willkür des Monarchen
entzogene Rechte, noch eine nothwendige Betheiligung bei
der Ausübung der Rechte des Monarchen zugesteht, und dasz
sie auch von berechtigten Freiheiten der Individuen und
Volksclassen nichts wissen will. Alles Recht nimmt sie für
sich in Anspruch, den Andern vergönnt sie höchstens Gnaden.
7

Die constitutionelle Monarchie dagegen ist auch hierin
eine beschränkte und erkennt die Rechte jener Körper-
schaften und die Freiheit der Unterthanen an.

2. An der Gesetzgebung vorerst hat der Monarch
nicht blosz einen Antheil, sondern den dem Inhalt nach in

die absolute, die ständische und die constitutionelle Monarchie, und ist
in dem zweiten Satze der Entwicklung der constitutionellen Statsform
ungünstig: „Die gesammte Statsgewalt musz in dem Oberhaupt
des
Stats vereinigt bleiben, und der Souverain kann durch eine landstän-
dische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mit-
wirkung der Stände
gebunden werden.“ Die seitherige Ausbreitung
der constitutionellen Monarchie hat nunmehr diesen Artikel antiquirt.
7 Wie wenig jene absolute Auffassung aus dem Begriffe der Mon-
archie folgt, mag die Aeuszerung eines ziemlich absoluten Fürsten,
Friedrichs des Groszen bezeugen. Er schreibt in dem Antimacchia-
vel L.: „Le Souverain bien loin d'être le Maître absolu
des peuples qui sont
sous sa domination, n'en est que le premier magistrat.“
(Anderwärts
braucht er die Ausdrücke „le premier serviteur“ — oder
„domestique de
l'État.“) Die Art, wie Mirabeau dagegen (Essai sur le
despotisme,
Oeuvres II, S. 297) die Fürsten anredet: „Vous êtes les
salariés de vos
sujets, et vous devez subir les conditions auxquelles vous est accordé ce
salaire sous peine de le perdre“ überschreitet die Grenzen der Monarchie
und setzt eine republikanische Volksherrschaft voraus. Noch bestimmter
sprach sich der preuszische König Friedrich über die wahre Stellung der
Monarchen in der ersten Audienz aus, welche er seinen Ministern er-
theilte am 1. Juni 1741. (Ranke Preusz. Gesch. I, S. 48): „Ich
denke,
dasz das Interesse des Landes auch mein eigenes ist, dasz ich kein
Interesse haben kann, welches nicht zugleich das des Landes wäre. Sollten
sich beide nicht miteinander vertragen, so soll der Vortheil des
Landes den Vorzug
haben.“ Und Washington schrieb am 18.
Juni
1788 an Lafayette: „Ich verwundere mich höflich, dasz es auch
nur
einen Monarchen gibt, der nicht erkennt, wie sein Ruhm und
sein Glück
von dem Gedeihen und der Wohlfahrt des Volkes abhängig
sind.“
Bluntschli, allgemeine Statslehre. 32
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[497/0515] Sechsz. Cap. II. Mon. Statsformen. G. Const. Monarchie. 3. Mon. Princip etc. Gedanken dahin, dasz sie andern politischen Körperschaften und Organen weder selbständige, der Willkür des Monarchen entzogene Rechte, noch eine nothwendige Betheiligung bei der Ausübung der Rechte des Monarchen zugesteht, und dasz sie auch von berechtigten Freiheiten der Individuen und Volksclassen nichts wissen will. Alles Recht nimmt sie für sich in Anspruch, den Andern vergönnt sie höchstens Gnaden. 7 Die constitutionelle Monarchie dagegen ist auch hierin eine beschränkte und erkennt die Rechte jener Körper- schaften und die Freiheit der Unterthanen an. 2. An der Gesetzgebung vorerst hat der Monarch nicht blosz einen Antheil, sondern den dem Inhalt nach in 6 7 Wie wenig jene absolute Auffassung aus dem Begriffe der Mon- archie folgt, mag die Aeuszerung eines ziemlich absoluten Fürsten, Friedrichs des Groszen bezeugen. Er schreibt in dem Antimacchia- vel L.: „Le Souverain bien loin d'être le Maître absolu des peuples qui sont sous sa domination, n'en est que le premier magistrat.“ (Anderwärts braucht er die Ausdrücke „le premier serviteur“ — oder „domestique de l'État.“) Die Art, wie Mirabeau dagegen (Essai sur le despotisme, Oeuvres II, S. 297) die Fürsten anredet: „Vous êtes les salariés de vos sujets, et vous devez subir les conditions auxquelles vous est accordé ce salaire sous peine de le perdre“ überschreitet die Grenzen der Monarchie und setzt eine republikanische Volksherrschaft voraus. Noch bestimmter sprach sich der preuszische König Friedrich über die wahre Stellung der Monarchen in der ersten Audienz aus, welche er seinen Ministern er- theilte am 1. Juni 1741. (Ranke Preusz. Gesch. I, S. 48): „Ich denke, dasz das Interesse des Landes auch mein eigenes ist, dasz ich kein Interesse haben kann, welches nicht zugleich das des Landes wäre. Sollten sich beide nicht miteinander vertragen, so soll der Vortheil des Landes den Vorzug haben.“ Und Washington schrieb am 18. Juni 1788 an Lafayette: „Ich verwundere mich höflich, dasz es auch nur einen Monarchen gibt, der nicht erkennt, wie sein Ruhm und sein Glück von dem Gedeihen und der Wohlfahrt des Volkes abhängig sind.“ 6 die absolute, die ständische und die constitutionelle Monarchie, und ist in dem zweiten Satze der Entwicklung der constitutionellen Statsform ungünstig: „Die gesammte Statsgewalt musz in dem Oberhaupt des Stats vereinigt bleiben, und der Souverain kann durch eine landstän- dische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mit- wirkung der Stände gebunden werden.“ Die seitherige Ausbreitung der constitutionellen Monarchie hat nunmehr diesen Artikel antiquirt. Bluntschli, allgemeine Statslehre. 32

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/515>, abgerufen am 28.11.2024.