Aemtern betraut, die Volksmasse wurde durch die kaiserlichen Legati weniger bedrückt und ausgesogen, als früher durch die Proconsuln und Proprätoren der Republik, welche sich abwechselnd in den Provinzen zu bereichern pflegten. Das dauernde Interesse der Kaiser gebot theils gröszere Schonung theils eine geregelte Verwaltung der Provinzen.
3. Die Entscheidung über die auswärtige Politik, das Recht über Krieg und Frieden, und das Recht Bündnisse abzuschlieszen. 4
4. Die Macht, den Senat zu versammeln, Anträge an denselben zur Berathung zu bringen, den Senatsbeschlüssen gesetzliche Geltung zu verleihen. 5 Wie fügsam der Senat sich den Kaisern gegenüber erwies, wie abhängig derselbe auch von diesen war, ist bekannt genug.
5. Die entscheidende Stimme bei allen Besetzungen der Magistraturen und wichtigeren Statsämter, in- dem sowohl der Senat, als die -- damals nur noch dem for- mellen Scheine nach erhaltene -- Volksversammlung, die von dem Kaiser empfohlenen Bewerber zu berücksichtigen, sogar durch das Gesetz verpflichtet ward. 6
6. Die unbeschränkte allgemeine Vollmacht, alles zu thun, was ihm zur Wohlfahrt und Ehre des States zweckdienlich erschiene. Das ist der innerste Kern der Kaisergewalt, die überall, wo das Statswohl es erfordert, mit Macht eingreift, und das öffentliche Bedürfnisz be-
4Lex de Imp. Vespasiani: "foedusque cum quibus volet facere liceat."
5 Ebenda: "utique ei senatum habere, relationem facere, remittere senatus consulta per relationem discessionemque facere liceat -- utique cum ex voluntate auctoritateve jussu mandatuve ejus praesenteve eo senatus habebitur omnium rerum jus perinde habeatur servetur ac si e lege Se- natus edictus esset habereturque."
6 Ebenda: "utique quos magistratum potestatem imperium curationem cujus rei petentes senatui populoque Romano commendaverit quibusque suffragationem suam dederit, promiserit, eorum comitis quibusque extra ordinem ratio habeatur."
Sechstes Buch. Die Statsformen.
Aemtern betraut, die Volksmasse wurde durch die kaiserlichen Legati weniger bedrückt und ausgesogen, als früher durch die Proconsuln und Proprätoren der Republik, welche sich abwechselnd in den Provinzen zu bereichern pflegten. Das dauernde Interesse der Kaiser gebot theils gröszere Schonung theils eine geregelte Verwaltung der Provinzen.
3. Die Entscheidung über die auswärtige Politik, das Recht über Krieg und Frieden, und das Recht Bündnisse abzuschlieszen. 4
4. Die Macht, den Senat zu versammeln, Anträge an denselben zur Berathung zu bringen, den Senatsbeschlüssen gesetzliche Geltung zu verleihen. 5 Wie fügsam der Senat sich den Kaisern gegenüber erwies, wie abhängig derselbe auch von diesen war, ist bekannt genug.
5. Die entscheidende Stimme bei allen Besetzungen der Magistraturen und wichtigeren Statsämter, in- dem sowohl der Senat, als die — damals nur noch dem for- mellen Scheine nach erhaltene — Volksversammlung, die von dem Kaiser empfohlenen Bewerber zu berücksichtigen, sogar durch das Gesetz verpflichtet ward. 6
6. Die unbeschränkte allgemeine Vollmacht, alles zu thun, was ihm zur Wohlfahrt und Ehre des States zweckdienlich erschiene. Das ist der innerste Kern der Kaisergewalt, die überall, wo das Statswohl es erfordert, mit Macht eingreift, und das öffentliche Bedürfnisz be-
4Lex de Imp. Vespasiani: „foedusque cum quibus volet facere liceat.“
5 Ebenda: „utique ei senatum habere, relationem facere, remittere senatus consulta per relationem discessionemque facere liceat — utique cum ex voluntate auctoritateve jussu mandatuve ejus praesenteve eo senatus habebitur omnium rerum jus perinde habeatur servetur ac si e lege Se- natus edictus esset habereturque.“
6 Ebenda: „utique quos magistratum potestatem imperium curationem cujus rei petentes senatui populoque Romano commendaverit quibusque suffragationem suam dederit, promiserit, eorum comitis quibusque extra ordinem ratio habeatur.“
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[418/0436]
Sechstes Buch. Die Statsformen.
Aemtern betraut, die Volksmasse wurde durch die kaiserlichen
Legati weniger bedrückt und ausgesogen, als früher durch
die Proconsuln und Proprätoren der Republik, welche sich
abwechselnd in den Provinzen zu bereichern pflegten. Das
dauernde Interesse der Kaiser gebot theils gröszere Schonung
theils eine geregelte Verwaltung der Provinzen.
3. Die Entscheidung über die auswärtige Politik,
das Recht über Krieg und Frieden, und das Recht Bündnisse
abzuschlieszen. 4
4. Die Macht, den Senat zu versammeln, Anträge an
denselben zur Berathung zu bringen, den Senatsbeschlüssen
gesetzliche Geltung zu verleihen. 5 Wie fügsam der Senat sich
den Kaisern gegenüber erwies, wie abhängig derselbe auch
von diesen war, ist bekannt genug.
5. Die entscheidende Stimme bei allen Besetzungen
der Magistraturen und wichtigeren Statsämter, in-
dem sowohl der Senat, als die — damals nur noch dem for-
mellen Scheine nach erhaltene — Volksversammlung, die von
dem Kaiser empfohlenen Bewerber zu berücksichtigen,
sogar durch das Gesetz verpflichtet ward. 6
6. Die unbeschränkte allgemeine Vollmacht, alles
zu thun, was ihm zur Wohlfahrt und Ehre des States
zweckdienlich erschiene. Das ist der innerste Kern der
Kaisergewalt, die überall, wo das Statswohl es erfordert,
mit Macht eingreift, und das öffentliche Bedürfnisz be-
4 Lex de Imp. Vespasiani: „foedusque cum quibus volet facere liceat.“
5 Ebenda: „utique ei senatum habere, relationem facere, remittere
senatus consulta per relationem discessionemque facere liceat — utique
cum ex voluntate auctoritateve jussu mandatuve ejus praesenteve eo senatus
habebitur omnium rerum jus perinde habeatur servetur ac si e lege Se-
natus edictus esset habereturque.“
6 Ebenda: „utique quos magistratum potestatem imperium curationem
cujus rei petentes senatui populoque Romano commendaverit quibusque
suffragationem suam dederit, promiserit, eorum comitis quibusque extra
ordinem ratio habeatur.“
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/436>, abgerufen am 16.02.2025.
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