Einundzwanzigstes Cap. Verhältnisz des Stats etc. 1. Volksgenossen etc.
worfen als diese, die sich freier und selbständiger in ihrer Sphäre be- wegt. Wenn aber Riehl der Frau auch einen politischen Parteicharakter, den "conservativen" beilegt, und sie eine Aristokratin von Natur nennt, so habe ich dagegen einzuwenden, dasz alle politischen Parteien dem Leben der Männer, keine anders als mittelbar dem der Frauen angehören, mittelbar aber die Frauen wieder bei allen Parteien be- theiligt sind. Will man aber einzelne Parteien, wie das in der Parteien- lehre Fr. Rohmers unwiderleglich erwiesen worden ist, als vorzugs- weise männlich unterscheiden, und diesen dann die andern als unmännlich (relativ weiblich) entgegensetzen, so ist es klar, dasz die liberale und die conservative männlich und nur die extremen Parteien, die radicale und absolutistische, unmännlich sind.
Einundzwanzigstes Capitel. Verhältnisz des Stats zu den Individuen. 1. Volksgenossen und Fremde.
Endlich stehen auch die Individuen in einem unmittel- baren Verhältnisz zu dem State, nicht blosz als Glieder der Familien, Stände, Classen. In der modernen Statslehre und Statsverfassung ist diese Beziehung ebenso nachdrücklich hervorgehoben und zuweilen ausschlieszlich beachtet, als die mittelbaren Beziehungen zu der Familie und den Ständen gewöhnlich zurückgesetzt sind.
Es kommen hier folgende Gegensätze in Betracht:
1) der der Einheimischen, der Volksgenossen oder Statsangehörigen und der Fremden;
2) der der Statsbürger und der übrigen Volks- genossen.
Die verschiedenen Abstufungen innerhalb des Stats- bürgerthums können erst bei der nähern Betrachtung der Verfassung zur Sprache kommen.
Der erste Gegensatz beruht vornehmlich auf dem Unter- schied der Volksrassen und ist zunächst ein persönlicher.
Einundzwanzigstes Cap. Verhältnisz des Stats etc. 1. Volksgenossen etc.
worfen als diese, die sich freier und selbständiger in ihrer Sphäre be- wegt. Wenn aber Riehl der Frau auch einen politischen Parteicharakter, den „conservativen“ beilegt, und sie eine Aristokratin von Natur nennt, so habe ich dagegen einzuwenden, dasz alle politischen Parteien dem Leben der Männer, keine anders als mittelbar dem der Frauen angehören, mittelbar aber die Frauen wieder bei allen Parteien be- theiligt sind. Will man aber einzelne Parteien, wie das in der Parteien- lehre Fr. Rohmers unwiderleglich erwiesen worden ist, als vorzugs- weise männlich unterscheiden, und diesen dann die andern als unmännlich (relativ weiblich) entgegensetzen, so ist es klar, dasz die liberale und die conservative männlich und nur die extremen Parteien, die radicale und absolutistische, unmännlich sind.
Einundzwanzigstes Capitel. Verhältnisz des Stats zu den Individuen. 1. Volksgenossen und Fremde.
Endlich stehen auch die Individuen in einem unmittel- baren Verhältnisz zu dem State, nicht blosz als Glieder der Familien, Stände, Classen. In der modernen Statslehre und Statsverfassung ist diese Beziehung ebenso nachdrücklich hervorgehoben und zuweilen ausschlieszlich beachtet, als die mittelbaren Beziehungen zu der Familie und den Ständen gewöhnlich zurückgesetzt sind.
Es kommen hier folgende Gegensätze in Betracht:
1) der der Einheimischen, der Volksgenossen oder Statsangehörigen und der Fremden;
2) der der Statsbürger und der übrigen Volks- genossen.
Die verschiedenen Abstufungen innerhalb des Stats- bürgerthums können erst bei der nähern Betrachtung der Verfassung zur Sprache kommen.
Der erste Gegensatz beruht vornehmlich auf dem Unter- schied der Volksrassen und ist zunächst ein persönlicher.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0253"n="235"/><fwplace="top"type="header">Einundzwanzigstes Cap. Verhältnisz des Stats etc. 1. Volksgenossen etc.</fw><lb/>
worfen als diese, die sich freier und selbständiger in ihrer Sphäre be-<lb/>
wegt. Wenn aber Riehl der Frau auch einen politischen Parteicharakter,<lb/>
den „<hirendition="#g">conservativen</hi>“ beilegt, und sie eine Aristokratin von Natur<lb/>
nennt, so habe ich dagegen einzuwenden, dasz alle politischen Parteien<lb/>
dem Leben der Männer, keine anders als mittelbar dem der Frauen<lb/>
angehören, mittelbar aber die Frauen wieder bei <hirendition="#g">allen</hi> Parteien be-<lb/>
theiligt sind. Will man aber einzelne Parteien, wie das in der Parteien-<lb/>
lehre Fr. <hirendition="#g">Rohmers</hi> unwiderleglich erwiesen worden ist, als <hirendition="#g">vorzugs-<lb/>
weise männlich</hi> unterscheiden, und diesen dann die andern als<lb/>
unmännlich (relativ weiblich) entgegensetzen, so ist es klar, dasz die<lb/><hirendition="#g">liberale und die conservative männlich</hi> und nur die extremen<lb/>
Parteien, <hirendition="#g">die radicale</hi> und <hirendition="#g">absolutistische</hi>, unmännlich sind.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>Einundzwanzigstes Capitel.<lb/><hirendition="#b">Verhältnisz des Stats zu den Individuen.<lb/>
1. Volksgenossen und Fremde.</hi></head><lb/><p>Endlich stehen auch die <hirendition="#g">Individuen</hi> in einem <hirendition="#g">unmittel-<lb/>
baren Verhältnisz</hi> zu dem State, nicht blosz als Glieder<lb/>
der Familien, Stände, Classen. In der modernen Statslehre<lb/>
und Statsverfassung ist diese Beziehung ebenso nachdrücklich<lb/>
hervorgehoben und zuweilen ausschlieszlich beachtet, als die<lb/>
mittelbaren Beziehungen zu der Familie und den Ständen<lb/>
gewöhnlich zurückgesetzt sind.</p><lb/><p>Es kommen hier folgende Gegensätze in Betracht:</p><lb/><p>1) der der <hirendition="#g">Einheimischen</hi>, der <hirendition="#g">Volksgenossen</hi> oder<lb/><hirendition="#g">Statsangehörigen</hi> und der <hirendition="#g">Fremden</hi>;</p><lb/><p>2) der der <hirendition="#g">Statsbürger</hi> und der <hirendition="#g">übrigen Volks-<lb/>
genossen</hi>.</p><lb/><p>Die verschiedenen <hirendition="#g">Abstufungen</hi> innerhalb des <hirendition="#g">Stats-<lb/>
bürgerthums</hi> können erst bei der nähern Betrachtung der<lb/>
Verfassung zur Sprache kommen.</p><lb/><p>Der erste Gegensatz beruht vornehmlich auf dem Unter-<lb/>
schied der Volksrassen und ist zunächst ein <hirendition="#g">persönlicher</hi>.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[235/0253]
Einundzwanzigstes Cap. Verhältnisz des Stats etc. 1. Volksgenossen etc.
worfen als diese, die sich freier und selbständiger in ihrer Sphäre be-
wegt. Wenn aber Riehl der Frau auch einen politischen Parteicharakter,
den „conservativen“ beilegt, und sie eine Aristokratin von Natur
nennt, so habe ich dagegen einzuwenden, dasz alle politischen Parteien
dem Leben der Männer, keine anders als mittelbar dem der Frauen
angehören, mittelbar aber die Frauen wieder bei allen Parteien be-
theiligt sind. Will man aber einzelne Parteien, wie das in der Parteien-
lehre Fr. Rohmers unwiderleglich erwiesen worden ist, als vorzugs-
weise männlich unterscheiden, und diesen dann die andern als
unmännlich (relativ weiblich) entgegensetzen, so ist es klar, dasz die
liberale und die conservative männlich und nur die extremen
Parteien, die radicale und absolutistische, unmännlich sind.
Einundzwanzigstes Capitel.
Verhältnisz des Stats zu den Individuen.
1. Volksgenossen und Fremde.
Endlich stehen auch die Individuen in einem unmittel-
baren Verhältnisz zu dem State, nicht blosz als Glieder
der Familien, Stände, Classen. In der modernen Statslehre
und Statsverfassung ist diese Beziehung ebenso nachdrücklich
hervorgehoben und zuweilen ausschlieszlich beachtet, als die
mittelbaren Beziehungen zu der Familie und den Ständen
gewöhnlich zurückgesetzt sind.
Es kommen hier folgende Gegensätze in Betracht:
1) der der Einheimischen, der Volksgenossen oder
Statsangehörigen und der Fremden;
2) der der Statsbürger und der übrigen Volks-
genossen.
Die verschiedenen Abstufungen innerhalb des Stats-
bürgerthums können erst bei der nähern Betrachtung der
Verfassung zur Sprache kommen.
Der erste Gegensatz beruht vornehmlich auf dem Unter-
schied der Volksrassen und ist zunächst ein persönlicher.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/253>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.