Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.
gezogen ward, oder wo er, wie in der Schweiz, freie Bauern- republiken gründete. In den meisten Ländern ward er nur als ein unterthäniger Stand behandelt, dem keine poli- tische und insbesondere keine repräsentative Rechte gebühren, der aber von der Natur bestimmt sei, vornehmlich die öffent- lichen Lasten zu tragen. Er war wesentlich ein wirthschaft- licher, nicht wie die Bürgerschaft der Städte ein Culturstand.
Vergeblich machten die deutschen Bauern in dem groszen Bauernkrieg des XVI. Jahrhunderts eine gewaltsame Anstren- gung, die Herrschaft zu brechen, die schwer auf ihnen drückte. Wenn man heute die bekannten XII Artikel liest, welche die Bauern damals verlangten, und sich erinnert, dasz dieses Verlangen die heftigste Entrüstung der damaligen Ge- bildeten so gut wie der herrschenden Aristokratie über die unerhörte Anmaszung der Bauern zur Folge hatte, so bemerkt man nicht ohne Befriedigung den mächtigen Fortschritt der Zeiten, indem die Bauern in unserm Jahrhundert überall mehr ohne Streit als Menschen- und Bürgerrechte erhalten haben, als sie damals zu fordern gewagt hatten.
Nur allmählich fing man an, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dasz die Bauern doch nicht eine blosz unterwür- fige Menschenmasse bilden, aus der man nach Willkür Sol- daten rekrutiren und der man beliebig Steuern abverlangen dürfe. Die englische Verfassung, welche den Yeomen (den probi et legales homines), wenn sie ein gewisses nicht hohes Masz von Einkünften von ihren Gütern zogen, das Recht gab, an den Grafschaftswahlen für das Unterhaus Theil zu neh- men, zeichnete sich in der Beachtung solcher Volksfreiheit wiederum aus.
Erst die neue Zeit aber machte die Segnung der vollen persönlichen Freiheit und damit zugleich der Fähigkeit zu den politischen Rechten allgemein für alle Classen der Be- völkerung. Die Philosophie des XVIII. Jahrhunderts hat zu diesem groszen Fortschritte den geistigen Anstosz gegeben,
Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.
gezogen ward, oder wo er, wie in der Schweiz, freie Bauern- republiken gründete. In den meisten Ländern ward er nur als ein unterthäniger Stand behandelt, dem keine poli- tische und insbesondere keine repräsentative Rechte gebühren, der aber von der Natur bestimmt sei, vornehmlich die öffent- lichen Lasten zu tragen. Er war wesentlich ein wirthschaft- licher, nicht wie die Bürgerschaft der Städte ein Culturstand.
Vergeblich machten die deutschen Bauern in dem groszen Bauernkrieg des XVI. Jahrhunderts eine gewaltsame Anstren- gung, die Herrschaft zu brechen, die schwer auf ihnen drückte. Wenn man heute die bekannten XII Artikel liest, welche die Bauern damals verlangten, und sich erinnert, dasz dieses Verlangen die heftigste Entrüstung der damaligen Ge- bildeten so gut wie der herrschenden Aristokratie über die unerhörte Anmaszung der Bauern zur Folge hatte, so bemerkt man nicht ohne Befriedigung den mächtigen Fortschritt der Zeiten, indem die Bauern in unserm Jahrhundert überall mehr ohne Streit als Menschen- und Bürgerrechte erhalten haben, als sie damals zu fordern gewagt hatten.
Nur allmählich fing man an, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dasz die Bauern doch nicht eine blosz unterwür- fige Menschenmasse bilden, aus der man nach Willkür Sol- daten rekrutiren und der man beliebig Steuern abverlangen dürfe. Die englische Verfassung, welche den Yeomen (den probi et legales homines), wenn sie ein gewisses nicht hohes Masz von Einkünften von ihren Gütern zogen, das Recht gab, an den Grafschaftswahlen für das Unterhaus Theil zu neh- men, zeichnete sich in der Beachtung solcher Volksfreiheit wiederum aus.
Erst die neue Zeit aber machte die Segnung der vollen persönlichen Freiheit und damit zugleich der Fähigkeit zu den politischen Rechten allgemein für alle Classen der Be- völkerung. Die Philosophie des XVIII. Jahrhunderts hat zu diesem groszen Fortschritte den geistigen Anstosz gegeben,
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Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.
gezogen ward, oder wo er, wie in der Schweiz, freie Bauern-
republiken gründete. In den meisten Ländern ward er nur
als ein unterthäniger Stand behandelt, dem keine poli-
tische und insbesondere keine repräsentative Rechte gebühren,
der aber von der Natur bestimmt sei, vornehmlich die öffent-
lichen Lasten zu tragen. Er war wesentlich ein wirthschaft-
licher, nicht wie die Bürgerschaft der Städte ein Culturstand.
Vergeblich machten die deutschen Bauern in dem groszen
Bauernkrieg des XVI. Jahrhunderts eine gewaltsame Anstren-
gung, die Herrschaft zu brechen, die schwer auf ihnen
drückte. Wenn man heute die bekannten XII Artikel liest,
welche die Bauern damals verlangten, und sich erinnert, dasz
dieses Verlangen die heftigste Entrüstung der damaligen Ge-
bildeten so gut wie der herrschenden Aristokratie über die
unerhörte Anmaszung der Bauern zur Folge hatte, so bemerkt
man nicht ohne Befriedigung den mächtigen Fortschritt der
Zeiten, indem die Bauern in unserm Jahrhundert überall
mehr ohne Streit als Menschen- und Bürgerrechte erhalten
haben, als sie damals zu fordern gewagt hatten.
Nur allmählich fing man an, sich an den Gedanken zu
gewöhnen, dasz die Bauern doch nicht eine blosz unterwür-
fige Menschenmasse bilden, aus der man nach Willkür Sol-
daten rekrutiren und der man beliebig Steuern abverlangen
dürfe. Die englische Verfassung, welche den Yeomen (den
probi et legales homines), wenn sie ein gewisses nicht hohes
Masz von Einkünften von ihren Gütern zogen, das Recht gab,
an den Grafschaftswahlen für das Unterhaus Theil zu neh-
men, zeichnete sich in der Beachtung solcher Volksfreiheit
wiederum aus.
Erst die neue Zeit aber machte die Segnung der vollen
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den politischen Rechten allgemein für alle Classen der Be-
völkerung. Die Philosophie des XVIII. Jahrhunderts hat zu
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/208>, abgerufen am 27.11.2024.
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