Bey der Zusammenziehung des Herzens (sy- stole), welche 1/3 des ganzen Pulsschlages ausma- chen soll, nähern sich die äußern Wände der Herz- kammern der Scheidewand des Herzens, welche die rechte Herzkammer von der linken trennt, welches zur vollkommenen Entleerung, wenn man die kegel- förmige Gestalt dieser Kammern erwäget, hinzurei- chen scheint.
Auch die Spitze nähert sich, wenn das Herz sich zusammenzieht, der Grundfläche, welches man so oft, sowohl bey kalt- a) als warmblütigen Thie- ren, und auch bey lebenden Menschen b) beobach- tet hat.
Die gemeine Erfahrung, daß das Herz wäh- rend der Zusammenziehung mit seiner Spitze an die Gegend der linken Brustwarze anschlägt, widerspricht diesen Erscheinungen von der Verkürzung des Her- zens nicht; denn dieses Anschlagen entsteht von dem heftigen Andrang des Blutes, das durch die Venen in die Herzkammern ein- und durch die Arterien aus- strömt, wodurch das Herz selbst auf die linke Rip- penwölbung hingedrängt wird.
a) Am deutlichsten habe ich diese Verkürzung des Herzens bey einer Art Schlange (coluber natrix) wahrgenommen, die in den umliegenden Wäldern von Göttingen zuweilen vier Fuß lang gefunden wird. Da ich eine solche Schlange lebendig öff- nete, fand ich, daß das Herz in der jedesmali- gen Erschlaffung, verglichen mit dem Zustande der Zusammenziehung, wenigstens um zwey Li- nien sich verlängerte.
§. 105.
Bey der Zusammenziehung des Herzens (sy- stole), welche 1/3 des ganzen Pulsschlages ausma- chen soll, nähern sich die äußern Wände der Herz- kammern der Scheidewand des Herzens, welche die rechte Herzkammer von der linken trennt, welches zur vollkommenen Entleerung, wenn man die kegel- förmige Gestalt dieser Kammern erwäget, hinzurei- chen scheint.
Auch die Spitze nähert sich, wenn das Herz sich zusammenzieht, der Grundfläche, welches man so oft, sowohl bey kalt- a) als warmblütigen Thie- ren, und auch bey lebenden Menschen b) beobach- tet hat.
Die gemeine Erfahrung, daß das Herz wäh- rend der Zusammenziehung mit seiner Spitze an die Gegend der linken Brustwarze anschlägt, widerspricht diesen Erscheinungen von der Verkürzung des Her- zens nicht; denn dieses Anschlagen entsteht von dem heftigen Andrang des Blutes, das durch die Venen in die Herzkammern ein- und durch die Arterien aus- strömt, wodurch das Herz selbst auf die linke Rip- penwölbung hingedrängt wird.
a) Am deutlichsten habe ich diese Verkürzung des Herzens bey einer Art Schlange (coluber natrix) wahrgenommen, die in den umliegenden Wäldern von Göttingen zuweilen vier Fuß lang gefunden wird. Da ich eine solche Schlange lebendig öff- nete, fand ich, daß das Herz in der jedesmali- gen Erschlaffung, verglichen mit dem Zustande der Zusammenziehung, wenigstens um zwey Li- nien sich verlängerte.
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§. 105.
Bey der Zusammenziehung des Herzens (sy-
stole), welche 1/3 des ganzen Pulsschlages ausma-
chen soll, nähern sich die äußern Wände der Herz-
kammern der Scheidewand des Herzens, welche die
rechte Herzkammer von der linken trennt, welches
zur vollkommenen Entleerung, wenn man die kegel-
förmige Gestalt dieser Kammern erwäget, hinzurei-
chen scheint.
Auch die Spitze nähert sich, wenn das Herz
sich zusammenzieht, der Grundfläche, welches man
so oft, sowohl bey kalt- a) als warmblütigen Thie-
ren, und auch bey lebenden Menschen b) beobach-
tet hat.
Die gemeine Erfahrung, daß das Herz wäh-
rend der Zusammenziehung mit seiner Spitze an die
Gegend der linken Brustwarze anschlägt, widerspricht
diesen Erscheinungen von der Verkürzung des Her-
zens nicht; denn dieses Anschlagen entsteht von dem
heftigen Andrang des Blutes, das durch die Venen
in die Herzkammern ein- und durch die Arterien aus-
strömt, wodurch das Herz selbst auf die linke Rip-
penwölbung hingedrängt wird.
a) Am deutlichsten habe ich diese Verkürzung des
Herzens bey einer Art Schlange (coluber natrix)
wahrgenommen, die in den umliegenden Wäldern
von Göttingen zuweilen vier Fuß lang gefunden
wird. Da ich eine solche Schlange lebendig öff-
nete, fand ich, daß das Herz in der jedesmali-
gen Erschlaffung, verglichen mit dem Zustande
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/77>, abgerufen am 24.11.2024.
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