konzentrirten Vitriolsäure; allein das Vitriolöl brauset auch mit dem reinsten Wasser, und fast mit allen wässerigten Flüßigkeiten auf, worinn man auch nicht die mindeste Spur eines Alkali entdecken kann. Er hat also zur Entdeckung des alkalischen Bestandtheiles ein sehr unsicheres Mit- tel angewandt; indem eines Theils das in diesem Falle nicht erfolgende Aufbrausen keineswegs die Abwesenheit des alkalischen Bestandtheiles erwei- set, andern Theils aber kein sicheres Kennzeichen eines vorhandenen alkalischen Bestandtheiles ab- geben kann, indem das Vitriolöl mit allen wässe- rigten Feuchtigkeiten aufbrauset.
2) Die Schlußfolge, daß kein Alkali zuge- gen sey, weil kein Aufbrausen bemerkt wird, ist übereilt; indem die Galle eine thierische Flüßig- keit ist, und aus einer ansehnlichen Menge Brenn- stoff besteht. Es kann daher leicht geschehen, wie schon Herr Doktor Ramm angemerkt hat, daß das Brennbare eine größere Verwandtschaft mit dem Alkali hat, als jede beygemischte Säu- re, und in diesem Falle findet kein Aufbrausen statt. Eben so entsteht, wenn man in eine wäs- serigte Auflösung der gemeinen Seife Eßig gießt, kein Aufbrausen, sondern eine bloße Gerinnung. Wird aber wohl jemand schließen, daß in der Seife kein Alkali vorhanden sey?
3) Die größten Scheidekünstler kommen da- rinn überein, daß das Alkali nur alsdann mit Säuren aufbrause, wenn es mit einer hinlängli- chen Menge fixer Luft geschwängert ist, und daß diese Luft desto leichter entwickelt werde, je weni- ger sie von andern Bestandtheilen gebunden ist. Es kann also in einem Körper ein Alkali vorhan-
konzentrirten Vitriolsäure; allein das Vitriolöl brauset auch mit dem reinsten Wasser, und fast mit allen wässerigten Flüßigkeiten auf, worinn man auch nicht die mindeste Spur eines Alkali entdecken kann. Er hat also zur Entdeckung des alkalischen Bestandtheiles ein sehr unsicheres Mit- tel angewandt; indem eines Theils das in diesem Falle nicht erfolgende Aufbrausen keineswegs die Abwesenheit des alkalischen Bestandtheiles erwei- set, andern Theils aber kein sicheres Kennzeichen eines vorhandenen alkalischen Bestandtheiles ab- geben kann, indem das Vitriolöl mit allen wässe- rigten Feuchtigkeiten aufbrauset.
2) Die Schlußfolge, daß kein Alkali zuge- gen sey, weil kein Aufbrausen bemerkt wird, ist übereilt; indem die Galle eine thierische Flüßig- keit ist, und aus einer ansehnlichen Menge Brenn- stoff besteht. Es kann daher leicht geschehen, wie schon Herr Doktor Ramm angemerkt hat, daß das Brennbare eine größere Verwandtschaft mit dem Alkali hat, als jede beygemischte Säu- re, und in diesem Falle findet kein Aufbrausen statt. Eben so entsteht, wenn man in eine wäs- serigte Auflösung der gemeinen Seife Eßig gießt, kein Aufbrausen, sondern eine bloße Gerinnung. Wird aber wohl jemand schließen, daß in der Seife kein Alkali vorhanden sey?
3) Die größten Scheidekünstler kommen da- rinn überein, daß das Alkali nur alsdann mit Säuren aufbrause, wenn es mit einer hinlängli- chen Menge fixer Luft geschwängert ist, und daß diese Luft desto leichter entwickelt werde, je weni- ger sie von andern Bestandtheilen gebunden ist. Es kann also in einem Körper ein Alkali vorhan-
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[404/0422]
konzentrirten Vitriolsäure; allein das Vitriolöl
brauset auch mit dem reinsten Wasser, und fast
mit allen wässerigten Flüßigkeiten auf, worinn
man auch nicht die mindeste Spur eines Alkali
entdecken kann. Er hat also zur Entdeckung des
alkalischen Bestandtheiles ein sehr unsicheres Mit-
tel angewandt; indem eines Theils das in diesem
Falle nicht erfolgende Aufbrausen keineswegs die
Abwesenheit des alkalischen Bestandtheiles erwei-
set, andern Theils aber kein sicheres Kennzeichen
eines vorhandenen alkalischen Bestandtheiles ab-
geben kann, indem das Vitriolöl mit allen wässe-
rigten Feuchtigkeiten aufbrauset.
2) Die Schlußfolge, daß kein Alkali zuge-
gen sey, weil kein Aufbrausen bemerkt wird, ist
übereilt; indem die Galle eine thierische Flüßig-
keit ist, und aus einer ansehnlichen Menge Brenn-
stoff besteht. Es kann daher leicht geschehen,
wie schon Herr Doktor Ramm angemerkt hat,
daß das Brennbare eine größere Verwandtschaft
mit dem Alkali hat, als jede beygemischte Säu-
re, und in diesem Falle findet kein Aufbrausen
statt. Eben so entsteht, wenn man in eine wäs-
serigte Auflösung der gemeinen Seife Eßig gießt,
kein Aufbrausen, sondern eine bloße Gerinnung.
Wird aber wohl jemand schließen, daß in der
Seife kein Alkali vorhanden sey?
3) Die größten Scheidekünstler kommen da-
rinn überein, daß das Alkali nur alsdann mit
Säuren aufbrause, wenn es mit einer hinlängli-
chen Menge fixer Luft geschwängert ist, und daß
diese Luft desto leichter entwickelt werde, je weni-
ger sie von andern Bestandtheilen gebunden ist.
Es kann also in einem Körper ein Alkali vorhan-
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/422>, abgerufen am 25.11.2024.
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