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Blumenbach, Johann Friedrich: Zwo Abhandlungen über die Nutritionskraft. St. Petersburg, 1789.

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So paradox es klingen möchte, so viele Aenlichkeit scheint mir doch
auch hierin die Oberhaut mit dem Schmelz der Zähne zu haben. Auch sie ist
eine Glasur womit die Natur die Haut -, so wie den Zahn mit seinem
Schmelz gegen, die äußere Luft etc. verwahrt hat, und beide sind einander so wie
in dieser Function so auch in der Textur ähnlich. Die epidermis scheint sich
nemlich eben so in Vertical dicht aneinander stehenden wenn gleich noch so kur-
zen zahrten Zäpfgen auf die eigentliche Haut (corium) zu ergießen. Man be-
merkt dich deutlich bey manchen krankhaften Verdickungen der Oberhaut wo-
durch ihr Bau anschaulicher wird: Wie zum Beispiel bey Leichdornen - und
noch weit auffallender bey der Oberhaut des Elephanten. (Zumal längst der
Stirne herab über den Anfang des Rüßels hin.).

§. 11. Was hier von der bestimmten Richtung der Endungen an den
ernährenden Gefäßgen und der davon abhängenden Regelmäßigkeit in der Tex-
tur, des nachher aus dem ergoßnen Safte verhärtenden Theils gesagt worden,
erhalt durch die Begleichung mit Reproductions-Phänomenen ein merkliches
Gewicht.

Anders wird z. B. epidermis ersetzt wenn die darunter liegende Haut
unverletzt bleibt; anders hingegen wenn dieser ihre Oberflache, und mithin die
natürlichen Endungen der den Steff zur epidermis ergießenden Gefäsgen de-
struirt sind.

Ich habe noch erst vor einigen Monaten durch eine zufällige Verlet-
zung den größten Theil epidermis an der innern Seite einer Fingerspitze verloh-
ren und ihre allmälige Wiedererzeugung mit dem Microscop genau beobachten.
Da die Haut selbst unverletzt blieben war, so ist die Reproduction der epider-
mis
mir allen ihren noch so feinen Spiralen etc. aufs vollkommenste von statten
gegangen.

Hingegen an ausgeeiterten Stellen der Haut (schon in großen Pocken-
narben) wo würkliche Substanz des corium unersetzlich verlohren gegangen (denn
wahre Haut wird, wie ich mich immer mehr überzeugt habe, beym Menschen
nie wieder reproducirt) da wird zwar die Narbe mit einer Art epidermis wieder
überzogen, die sich aber doch durch ihr ganzes mehr schuppenartiges nicht fest
anhangendes ansehn, vollends unter dem Vergrößerungsglase und durch Ver-
gleichung bey Maceration, von gesunder natürlicher epidermis unterscheidet.

Ich habe nie Gelegenheit gehabt einen solchen Fall selbst zu beobach-
ten, dergleichen sonst bey den besten Observatoren beschrieben sind, da nach dem
Verlust des vordersten Glieds eines Fingers, demohngeachtet am nächstfolgen-
den Glieds ein neuer Nagel generirt worden, und weis daher nicht wie groß die

So paradox es klingen möchte, so viele Aenlichkeit scheint mir doch
auch hierin die Oberhaut mit dem Schmelz der Zähne zu haben. Auch sie ist
eine Glasur womit die Natur die Haut –, so wie den Zahn mit seinem
Schmelz gegen, die äußere Luft ꝛc. verwahrt hat, und beide sind einander so wie
in dieser Function so auch in der Textur ähnlich. Die epidermis scheint sich
nemlich eben so in Vertical dicht aneinander stehenden wenn gleich noch so kur-
zen zahrten Zäpfgen auf die eigentliche Haut (corium) zu ergießen. Man be-
merkt dich deutlich bey manchen krankhaften Verdickungen der Oberhaut wo-
durch ihr Bau anschaulicher wird: Wie zum Beispiel bey Leichdornen – und
noch weit auffallender bey der Oberhaut des Elephanten. (Zumal längst der
Stirne herab über den Anfang des Rüßels hin.).

§. 11. Was hier von der bestimmten Richtung der Endungen an den
ernährenden Gefäßgen und der davon abhängenden Regelmäßigkeit in der Tex-
tur, des nachher aus dem ergoßnen Safte verhärtenden Theils gesagt worden,
erhalt durch die Begleichung mit Reproductions-Phänomenen ein merkliches
Gewicht.

Anders wird z. B. epidermis ersetzt wenn die darunter liegende Haut
unverletzt bleibt; anders hingegen wenn dieser ihre Oberflache, und mithin die
natürlichen Endungen der den Steff zur epidermis ergießenden Gefäsgen de-
struirt sind.

Ich habe noch erst vor einigen Monaten durch eine zufällige Verlet-
zung den größten Theil epidermis an der innern Seite einer Fingerspitze verloh-
ren und ihre allmälige Wiedererzeugung mit dem Microscop genau beobachten.
Da die Haut selbst unverletzt blieben war, so ist die Reproduction der epider-
mis
mir allen ihren noch so feinen Spiralen ꝛc. aufs vollkommenste von statten
gegangen.

Hingegen an ausgeeiterten Stellen der Haut (schon in großen Pocken-
narben) wo würkliche Substanz des corium unersetzlich verlohren gegangen (denn
wahre Haut wird, wie ich mich immer mehr überzeugt habe, beym Menschen
nie wieder reproducirt) da wird zwar die Narbe mit einer Art epidermis wieder
überzogen, die sich aber doch durch ihr ganzes mehr schuppenartiges nicht fest
anhangendes ansehn, vollends unter dem Vergrößerungsglase und durch Ver-
gleichung bey Maceration, von gesunder natürlicher epidermis unterscheidet.

Ich habe nie Gelegenheit gehabt einen solchen Fall selbst zu beobach-
ten, dergleichen sonst bey den besten Observatoren beschrieben sind, da nach dem
Verlust des vordersten Glieds eines Fingers, demohngeachtet am nächstfolgen-
den Glieds ein neuer Nagel generirt worden, und weis daher nicht wie groß die

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[13/0017] So paradox es klingen möchte, so viele Aenlichkeit scheint mir doch auch hierin die Oberhaut mit dem Schmelz der Zähne zu haben. Auch sie ist eine Glasur womit die Natur die Haut –, so wie den Zahn mit seinem Schmelz gegen, die äußere Luft ꝛc. verwahrt hat, und beide sind einander so wie in dieser Function so auch in der Textur ähnlich. Die epidermis scheint sich nemlich eben so in Vertical dicht aneinander stehenden wenn gleich noch so kur- zen zahrten Zäpfgen auf die eigentliche Haut (corium) zu ergießen. Man be- merkt dich deutlich bey manchen krankhaften Verdickungen der Oberhaut wo- durch ihr Bau anschaulicher wird: Wie zum Beispiel bey Leichdornen – und noch weit auffallender bey der Oberhaut des Elephanten. (Zumal längst der Stirne herab über den Anfang des Rüßels hin.). §. 11. Was hier von der bestimmten Richtung der Endungen an den ernährenden Gefäßgen und der davon abhängenden Regelmäßigkeit in der Tex- tur, des nachher aus dem ergoßnen Safte verhärtenden Theils gesagt worden, erhalt durch die Begleichung mit Reproductions-Phänomenen ein merkliches Gewicht. Anders wird z. B. epidermis ersetzt wenn die darunter liegende Haut unverletzt bleibt; anders hingegen wenn dieser ihre Oberflache, und mithin die natürlichen Endungen der den Steff zur epidermis ergießenden Gefäsgen de- struirt sind. Ich habe noch erst vor einigen Monaten durch eine zufällige Verlet- zung den größten Theil epidermis an der innern Seite einer Fingerspitze verloh- ren und ihre allmälige Wiedererzeugung mit dem Microscop genau beobachten. Da die Haut selbst unverletzt blieben war, so ist die Reproduction der epider- mis mir allen ihren noch so feinen Spiralen ꝛc. aufs vollkommenste von statten gegangen. Hingegen an ausgeeiterten Stellen der Haut (schon in großen Pocken- narben) wo würkliche Substanz des corium unersetzlich verlohren gegangen (denn wahre Haut wird, wie ich mich immer mehr überzeugt habe, beym Menschen nie wieder reproducirt) da wird zwar die Narbe mit einer Art epidermis wieder überzogen, die sich aber doch durch ihr ganzes mehr schuppenartiges nicht fest anhangendes ansehn, vollends unter dem Vergrößerungsglase und durch Ver- gleichung bey Maceration, von gesunder natürlicher epidermis unterscheidet. Ich habe nie Gelegenheit gehabt einen solchen Fall selbst zu beobach- ten, dergleichen sonst bey den besten Observatoren beschrieben sind, da nach dem Verlust des vordersten Glieds eines Fingers, demohngeachtet am nächstfolgen- den Glieds ein neuer Nagel generirt worden, und weis daher nicht wie groß die

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  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Zwo Abhandlungen über die Nutritionskraft. St. Petersburg, 1789, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_nutritionskraft_1789/17>, abgerufen am 27.11.2024.