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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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VII. Kalkgeschlecht.

Die Kalk-Erde (der so genannte lebendige, caustische,
gebrannte oder ungelöschte Kalk) hat brennenden Geschmack,
erhitzt sich mit Wasser; ist für sich nicht schmelzbar (aber sehr leicht
mit andern, zumal mit Thon- und Kieselerde); hat starke An-
ziehungskraft zur Kohlensäure; verbindet sich mit der Schwe-
felsäure zu Gyps, mit der Flußsäure zu Fluß etc.; und färbt
blaue Pflanzensäfte grün.

Die hierher gehörigen Fossilien sind meist nur halbhart,
theils gar weich*); sie werden im Feuer mürbe gebrannt; sind
großentheils animalischen Ursprungs; und machen eins der all-
gemeinst verbreiteten Steingeschlechter aus.

Die mancherlei Gattungen dieses Geschlechts werden am
natürlichsten nach ihrer Verbindung mit den verschiedenen Säu-
ren eingetheilt:

A) Kohlensaure Kalkarten. Chaux carbonatees.

1. Kalkspath.**)

Theils farbenlos und wasserhell, meist aber weiß; selten
farbig; mehr oder weniger durchsichtig; starkglänzend; hat
rhomboidale Textur, und größere klare Stücken zeigen auf-
fallend starke doppelte Strahlenbrechung***); daher
denn der Name Doppelspath, Spathum disdiaclasti-
cum
(ehedem irrig so genannter isländischer Krystall,
Androdamas etc.); bricht theils ungeformt, theils stalak-
titisch; theils wie stängelich zusammengehäuft; häufigst aber
auch krystallisirt; zumal in sechsseitigen Säulen als so ge-
nannte Canondrusen etc. (- tab. II. fig. 10. -);
theils verschiedentlich zugespitzt, zumal mit dreyseitiger stumpf-
winkeliger Spitze (- tab. II. fig. 11. -); oder in sechs-
seitigen Tafeln, die dann theils in die Säule übergehen,
oder in einfachen oder doppelten dreyseitigen Pyramiden (-
tab. II. fig. 1.), letztere theils so platt niedrig, daß sie

*) So wie aber die Thonerde in den gefärbten Edelsteinen etc.
ausnehmend hart verbunden ist, so kann allerdings auch der Kalk
zu einer Härte verbunden werden, daß er am Stahl Funken gibt.
s. Loquez in den Mem. de l'Acad. de Turin. T. V. p. 870. (Es
thut dieß selbst zuweilen der thierische phosphorhaltige Kalk im Schmelz
der Zähne).
**) Traite complet de la Chaux carbonatee et de l'Arra-
gonite
, par le Cte. de Bournon. Lond. 1808. III. Vol. 4.
***) s. Newton's optice, pag. 271. 356. 376. und 394. der Clar-
keschen
Ausgabe von 1719.
VII. Kalkgeschlecht.

Die Kalk-Erde (der so genannte lebendige, caustische,
gebrannte oder ungelöschte Kalk) hat brennenden Geschmack,
erhitzt sich mit Wasser; ist für sich nicht schmelzbar (aber sehr leicht
mit andern, zumal mit Thon- und Kieselerde); hat starke An-
ziehungskraft zur Kohlensäure; verbindet sich mit der Schwe-
felsäure zu Gyps, mit der Flußsäure zu Fluß ꝛc.; und färbt
blaue Pflanzensäfte grün.

Die hierher gehörigen Fossilien sind meist nur halbhart,
theils gar weich*); sie werden im Feuer mürbe gebrannt; sind
großentheils animalischen Ursprungs; und machen eins der all-
gemeinst verbreiteten Steingeschlechter aus.

Die mancherlei Gattungen dieses Geschlechts werden am
natürlichsten nach ihrer Verbindung mit den verschiedenen Säu-
ren eingetheilt:

A) Kohlensaure Kalkarten. Chaux carbonatées.

1. Kalkspath.**)

Theils farbenlos und wasserhell, meist aber weiß; selten
farbig; mehr oder weniger durchsichtig; starkglänzend; hat
rhomboidale Textur, und größere klare Stücken zeigen auf-
fallend starke doppelte Strahlenbrechung***); daher
denn der Name Doppelspath, Spathum disdiaclasti-
cum
(ehedem irrig so genannter isländischer Krystall,
Androdamas etc.); bricht theils ungeformt, theils stalak-
titisch; theils wie stängelich zusammengehäuft; häufigst aber
auch krystallisirt; zumal in sechsseitigen Säulen als so ge-
nannte Canondrusen ꝛc. (– tab. II. fig. 10. –);
theils verschiedentlich zugespitzt, zumal mit dreyseitiger stumpf-
winkeliger Spitze (– tab. II. fig. 11. –); oder in sechs-
seitigen Tafeln, die dann theils in die Säule übergehen,
oder in einfachen oder doppelten dreyseitigen Pyramiden (–
tab. II. fig. 1.), letztere theils so platt niedrig, daß sie

*) So wie aber die Thonerde in den gefärbten Edelsteinen ꝛc.
ausnehmend hart verbunden ist, so kann allerdings auch der Kalk
zu einer Härte verbunden werden, daß er am Stahl Funken gibt.
s. Loquez in den Mém. de l'Acad. de Turin. T. V. p. 870. (Es
thut dieß selbst zuweilen der thierische phosphorhaltige Kalk im Schmelz
der Zähne).
**) Traité complet de la Chaux carbonatée et de l'Arra-
gonite
, par le Cte. de Bournon. Lond. 1808. III. Vol. 4.
***) s. Newton's optice, pag. 271. 356. 376. und 394. der Clar-
keschen
Ausgabe von 1719.
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[410/0420] VII. Kalkgeschlecht. Die Kalk-Erde (der so genannte lebendige, caustische, gebrannte oder ungelöschte Kalk) hat brennenden Geschmack, erhitzt sich mit Wasser; ist für sich nicht schmelzbar (aber sehr leicht mit andern, zumal mit Thon- und Kieselerde); hat starke An- ziehungskraft zur Kohlensäure; verbindet sich mit der Schwe- felsäure zu Gyps, mit der Flußsäure zu Fluß ꝛc.; und färbt blaue Pflanzensäfte grün. Die hierher gehörigen Fossilien sind meist nur halbhart, theils gar weich *); sie werden im Feuer mürbe gebrannt; sind großentheils animalischen Ursprungs; und machen eins der all- gemeinst verbreiteten Steingeschlechter aus. Die mancherlei Gattungen dieses Geschlechts werden am natürlichsten nach ihrer Verbindung mit den verschiedenen Säu- ren eingetheilt: A) Kohlensaure Kalkarten. Chaux carbonatées. 1. Kalkspath. **) Theils farbenlos und wasserhell, meist aber weiß; selten farbig; mehr oder weniger durchsichtig; starkglänzend; hat rhomboidale Textur, und größere klare Stücken zeigen auf- fallend starke doppelte Strahlenbrechung ***); daher denn der Name Doppelspath, Spathum disdiaclasti- cum (ehedem irrig so genannter isländischer Krystall, Androdamas etc.); bricht theils ungeformt, theils stalak- titisch; theils wie stängelich zusammengehäuft; häufigst aber auch krystallisirt; zumal in sechsseitigen Säulen als so ge- nannte Canondrusen ꝛc. (– tab. II. fig. 10. –); theils verschiedentlich zugespitzt, zumal mit dreyseitiger stumpf- winkeliger Spitze (– tab. II. fig. 11. –); oder in sechs- seitigen Tafeln, die dann theils in die Säule übergehen, oder in einfachen oder doppelten dreyseitigen Pyramiden (– tab. II. fig. 1.), letztere theils so platt niedrig, daß sie *) So wie aber die Thonerde in den gefärbten Edelsteinen ꝛc. ausnehmend hart verbunden ist, so kann allerdings auch der Kalk zu einer Härte verbunden werden, daß er am Stahl Funken gibt. s. Loquez in den Mém. de l'Acad. de Turin. T. V. p. 870. (Es thut dieß selbst zuweilen der thierische phosphorhaltige Kalk im Schmelz der Zähne). **) Traité complet de la Chaux carbonatée et de l'Arra- gonite, par le Cte. de Bournon. Lond. 1808. III. Vol. 4. ***) s. Newton's optice, pag. 271. 356. 376. und 394. der Clar- keschen Ausgabe von 1719.

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  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/420>, abgerufen am 25.11.2024.