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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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rienvögeln, Hänflingen, Stieglitzen etc. überlassen zwar das
Brüten bloß ihren Weibchen, versorgen sie doch aber während
der Zeit mit Futter und ätzen sie theils aus dem Kropfe.

§. 72.

Während des Brütens geht nun im Eie selbst die große
Veränderung vor, daß das Küchelchen darin allmählich ge-
bildet, und von Tag zu Tag mehr zur Reise gebracht wird*).
Zu dieser Absicht ist nicht nur der Dotter überhaupt specifisch
leichter als das Eiweiß, sondern auch wiederum diejenige Stelle
auf seiner Oberfläche (der so genannte Hahnentritt, cica-
tricula
), neben welcher das künftige Hühnchen zu liegen kommt,
selbst noch leichter als die entgegen gesetzte Seite, so daß folg-
lich bei jeder Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem Leibe
des brütenden Vogels zugekehrt ist. Die erste Spur des neuen
Küchelchens zeiget sich immer erst eine geraume Zeit, nachdem
das Brüten seinen Anfang genommen; beim Hühnerei z. B.
kaum vor Ende des ersten Tages; so wie am Ende des zweyten
das berühmte Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch
sehr unvollkommnen Herzchens (das punctum saliens) seinen
Anfang nimmt. Zu Ende des fünften Tages sieht man schon das
ganze kleine gallertartige Geschöpf sich bewegen. Am vierzehnten
brechen die Federn aus; zu Anfang des fünfzehnten schnappt das
Hühnchen schon nach Luft; und ist am neunzehnten Tage im
Stande einen Laut von sich zu geben.

Anm. Beim Vogel im Ei ist die erste Gestalt, worin er sich
zeigt, noch weit mehr von seiner nachmahligen Form, wenn er
zum Auskriechen reif wird, verschieden, als die früheste Gestalt
des neu empfangenen Säugethiers von seiner nachherigen Bil-
dung; so daß man sagen kann, das Küchelchen im Eie gelange
erst durch eine wahre Metamorphose zu seiner vollkommenen Ge-
stalt, und das sowohl in Rücksicht einzelner Eingeweide (z. B.
des Herzens) als in der Totalbildung. (- vergl. die Abbild. n.
h. Gegenst.
tab. 64. -)

§. 73.

Unter den mancherlei zur bewundernswürdigen Oekono-
mie des bebrüteten Küchelchens dienenden Organen, sind die
beiden allerwichtigsten zwey sehr gefäßreiche Membranen, die
zumal um die Mitte der Brütezeit in ganz ausnehmender Schön-

*) Von dieser Ausbildung des bebrüteten Küchelchens, und den
zu seiner Oekonomie gehörigen Organen des Eies s. den XXVII. Ab-
schnitt des Handb. der vergl. Anatomie. Aber auch über den merkwürdigen Organismus im noch unbe-
brüteten Vogel-Eie: J. Er. Purkinje ovi ovium historia ante in-
cubationem
. Vratisl. 1825. 4.

rienvögeln, Hänflingen, Stieglitzen ꝛc. überlassen zwar das
Brüten bloß ihren Weibchen, versorgen sie doch aber während
der Zeit mit Futter und ätzen sie theils aus dem Kropfe.

§. 72.

Während des Brütens geht nun im Eie selbst die große
Veränderung vor, daß das Küchelchen darin allmählich ge-
bildet, und von Tag zu Tag mehr zur Reise gebracht wird*).
Zu dieser Absicht ist nicht nur der Dotter überhaupt specifisch
leichter als das Eiweiß, sondern auch wiederum diejenige Stelle
auf seiner Oberfläche (der so genannte Hahnentritt, cica-
tricula
), neben welcher das künftige Hühnchen zu liegen kommt,
selbst noch leichter als die entgegen gesetzte Seite, so daß folg-
lich bei jeder Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem Leibe
des brütenden Vogels zugekehrt ist. Die erste Spur des neuen
Küchelchens zeiget sich immer erst eine geraume Zeit, nachdem
das Brüten seinen Anfang genommen; beim Hühnerei z. B.
kaum vor Ende des ersten Tages; so wie am Ende des zweyten
das berühmte Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch
sehr unvollkommnen Herzchens (das punctum saliens) seinen
Anfang nimmt. Zu Ende des fünften Tages sieht man schon das
ganze kleine gallertartige Geschöpf sich bewegen. Am vierzehnten
brechen die Federn aus; zu Anfang des fünfzehnten schnappt das
Hühnchen schon nach Luft; und ist am neunzehnten Tage im
Stande einen Laut von sich zu geben.

Anm. Beim Vogel im Ei ist die erste Gestalt, worin er sich
zeigt, noch weit mehr von seiner nachmahligen Form, wenn er
zum Auskriechen reif wird, verschieden, als die früheste Gestalt
des neu empfangenen Säugethiers von seiner nachherigen Bil-
dung; so daß man sagen kann, das Küchelchen im Eie gelange
erst durch eine wahre Metamorphose zu seiner vollkommenen Ge-
stalt, und das sowohl in Rücksicht einzelner Eingeweide (z. B.
des Herzens) als in der Totalbildung. (– vergl. die Abbild. n.
h. Gegenst.
tab. 64. –)

§. 73.

Unter den mancherlei zur bewundernswürdigen Oekono-
mie des bebrüteten Küchelchens dienenden Organen, sind die
beiden allerwichtigsten zwey sehr gefäßreiche Membranen, die
zumal um die Mitte der Brütezeit in ganz ausnehmender Schön-

*) Von dieser Ausbildung des bebrüteten Küchelchens, und den
zu seiner Oekonomie gehörigen Organen des Eies s. den XXVII. Ab-
schnitt des Handb. der vergl. Anatomie. Aber auch über den merkwürdigen Organismus im noch unbe-
brüteten Vogel-Eie: J. Er. Purkinje ovi ovium historia ante in-
cubationem
. Vratisl. 1825. 4.
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[97/0107] rienvögeln, Hänflingen, Stieglitzen ꝛc. überlassen zwar das Brüten bloß ihren Weibchen, versorgen sie doch aber während der Zeit mit Futter und ätzen sie theils aus dem Kropfe. §. 72. Während des Brütens geht nun im Eie selbst die große Veränderung vor, daß das Küchelchen darin allmählich ge- bildet, und von Tag zu Tag mehr zur Reise gebracht wird *). Zu dieser Absicht ist nicht nur der Dotter überhaupt specifisch leichter als das Eiweiß, sondern auch wiederum diejenige Stelle auf seiner Oberfläche (der so genannte Hahnentritt, cica- tricula), neben welcher das künftige Hühnchen zu liegen kommt, selbst noch leichter als die entgegen gesetzte Seite, so daß folg- lich bei jeder Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem Leibe des brütenden Vogels zugekehrt ist. Die erste Spur des neuen Küchelchens zeiget sich immer erst eine geraume Zeit, nachdem das Brüten seinen Anfang genommen; beim Hühnerei z. B. kaum vor Ende des ersten Tages; so wie am Ende des zweyten das berühmte Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch sehr unvollkommnen Herzchens (das punctum saliens) seinen Anfang nimmt. Zu Ende des fünften Tages sieht man schon das ganze kleine gallertartige Geschöpf sich bewegen. Am vierzehnten brechen die Federn aus; zu Anfang des fünfzehnten schnappt das Hühnchen schon nach Luft; und ist am neunzehnten Tage im Stande einen Laut von sich zu geben. Anm. Beim Vogel im Ei ist die erste Gestalt, worin er sich zeigt, noch weit mehr von seiner nachmahligen Form, wenn er zum Auskriechen reif wird, verschieden, als die früheste Gestalt des neu empfangenen Säugethiers von seiner nachherigen Bil- dung; so daß man sagen kann, das Küchelchen im Eie gelange erst durch eine wahre Metamorphose zu seiner vollkommenen Ge- stalt, und das sowohl in Rücksicht einzelner Eingeweide (z. B. des Herzens) als in der Totalbildung. (– vergl. die Abbild. n. h. Gegenst. tab. 64. –) §. 73. Unter den mancherlei zur bewundernswürdigen Oekono- mie des bebrüteten Küchelchens dienenden Organen, sind die beiden allerwichtigsten zwey sehr gefäßreiche Membranen, die zumal um die Mitte der Brütezeit in ganz ausnehmender Schön- *) Von dieser Ausbildung des bebrüteten Küchelchens, und den zu seiner Oekonomie gehörigen Organen des Eies s. den XXVII. Ab- schnitt des Handb. der vergl. Anatomie. Aber auch über den merkwürdigen Organismus im noch unbe- brüteten Vogel-Eie: J. Er. Purkinje ovi ovium historia ante in- cubationem. Vratisl. 1825. 4.

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  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/107>, abgerufen am 23.11.2024.