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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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men, andere auf dem Wasser, sehr wenige bloß auf der Erde:
aber kein einziger Vogel (so wie der Maulwurf in der vorigen,
und andere Geschöpfe in den beiden letztern Thier-Classen) bloß
unter der Erde. Die Bildung der Füße ist auch bei den Vö-
geln, so wie bei den Säugethieren, ihrem verschiedenen Auf-
enthalt angemessen*).

§. 62.

Sehr viele Vögel verändern ihren Wohnplatz zu
gewissen Jahrszeiten; die meisten zwar bloß in sofern, daß sie
nur wenige Meilen weil in die benachbarten Gegenden streichen,
und bald darauf in ihre alte Heimath zurückkehren; andere aber,
wie die Hausschwalben, die Kraniche, Störche etc. so, daß sie
im Herbst große Wallfahrten, weit übers Meer und über einen
beträchtlichen Theil der Erdkugel weg, anstellen, und den Win-
ter bis zur Rückkehr im folgenden Frühjahre in wärmern Zo-
nen zubringen**).

§. 63.

Kein Vogel hat wahre Zähne, sondern diese Thiere müssen
ihre Speise entweder mit dem Schnabel zerbeißen, oder ganz
schlucken. Bei denjenigen samenfressenden Vögeln, die ihre Kör-
ner ganz, unzerbissen einschlucken, gelangen diese nicht sogleich
in den Magen, sondern werden vorher im drüsenreichen Kro-
pfe
(ingluvies, prolobus) eingeweicht, und von da nur all-
mählig an den Magen überlassen, der bei diesen Thieren äu-
ßerst musculös, und so stark ist, daß er sogar nach Reaumur's
u. a. merkwürdigen Versuchen, verschluckte Haselnüsse und Oli-
venkerne zu zerdrücken und Münzen so glatt wie Papier abzu-
scheuern vermag. Sehr viele Vögel verschlucken aber auch über-
dieß noch kleine Kieselsteinchen, die ebenfalls die Zermalmung
und nachherige Verdauung der Speisen befördern***). Verschie-
dene fleischfressende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvö-

*) Die Kunstnamen dieser verschiedenen Bildung der Vogelfüße
sind in Forsteri enchiridion p. 15. und in Illiger's Terminolo-
gie S. 187. erklärt, und im IIIten Theil von Bechstein's ornitho-
log. Taschenb. durch treffliche Abbildungen erläutert.
**) s. Dr. Jenner in den philosoph. Transact. for. 1824.
P. I. pag. 11.
***) Ueber den Zweck und Nutzen weßhalb diese Vögel solche
Steinchen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen sehr
verschieden. - Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus Stupi-
dität. - Nach meinen Untersuchungen ist es ein unentbehrliches Hülfs-
mittel, um die eingeschluckten Körner dadurch zu tödten und ih-
rer Lebenskraft zu berauben, die sonst der Digestionskraft
widersteht.

men, andere auf dem Wasser, sehr wenige bloß auf der Erde:
aber kein einziger Vogel (so wie der Maulwurf in der vorigen,
und andere Geschöpfe in den beiden letztern Thier-Classen) bloß
unter der Erde. Die Bildung der Füße ist auch bei den Vö-
geln, so wie bei den Säugethieren, ihrem verschiedenen Auf-
enthalt angemessen*).

§. 62.

Sehr viele Vögel verändern ihren Wohnplatz zu
gewissen Jahrszeiten; die meisten zwar bloß in sofern, daß sie
nur wenige Meilen weil in die benachbarten Gegenden streichen,
und bald darauf in ihre alte Heimath zurückkehren; andere aber,
wie die Hausschwalben, die Kraniche, Störche ꝛc. so, daß sie
im Herbst große Wallfahrten, weit übers Meer und über einen
beträchtlichen Theil der Erdkugel weg, anstellen, und den Win-
ter bis zur Rückkehr im folgenden Frühjahre in wärmern Zo-
nen zubringen**).

§. 63.

Kein Vogel hat wahre Zähne, sondern diese Thiere müssen
ihre Speise entweder mit dem Schnabel zerbeißen, oder ganz
schlucken. Bei denjenigen samenfressenden Vögeln, die ihre Kör-
ner ganz, unzerbissen einschlucken, gelangen diese nicht sogleich
in den Magen, sondern werden vorher im drüsenreichen Kro-
pfe
(ingluvies, prolobus) eingeweicht, und von da nur all-
mählig an den Magen überlassen, der bei diesen Thieren äu-
ßerst musculös, und so stark ist, daß er sogar nach Reaumur's
u. a. merkwürdigen Versuchen, verschluckte Haselnüsse und Oli-
venkerne zu zerdrücken und Münzen so glatt wie Papier abzu-
scheuern vermag. Sehr viele Vögel verschlucken aber auch über-
dieß noch kleine Kieselsteinchen, die ebenfalls die Zermalmung
und nachherige Verdauung der Speisen befördern***). Verschie-
dene fleischfressende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvö-

*) Die Kunstnamen dieser verschiedenen Bildung der Vogelfüße
sind in Forsteri enchiridion p. 15. und in Illiger's Terminolo-
gie S. 187. erklärt, und im IIIten Theil von Bechstein's ornitho-
log. Taschenb. durch treffliche Abbildungen erläutert.
**) s. Dr. Jenner in den philosoph. Transact. for. 1824.
P. I. pag. 11.
***) Ueber den Zweck und Nutzen weßhalb diese Vögel solche
Steinchen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen sehr
verschieden. – Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus Stupi-
dität. – Nach meinen Untersuchungen ist es ein unentbehrliches Hülfs-
mittel, um die eingeschluckten Körner dadurch zu tödten und ih-
rer Lebenskraft zu berauben, die sonst der Digestionskraft
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[93/0103] men, andere auf dem Wasser, sehr wenige bloß auf der Erde: aber kein einziger Vogel (so wie der Maulwurf in der vorigen, und andere Geschöpfe in den beiden letztern Thier-Classen) bloß unter der Erde. Die Bildung der Füße ist auch bei den Vö- geln, so wie bei den Säugethieren, ihrem verschiedenen Auf- enthalt angemessen *). §. 62. Sehr viele Vögel verändern ihren Wohnplatz zu gewissen Jahrszeiten; die meisten zwar bloß in sofern, daß sie nur wenige Meilen weil in die benachbarten Gegenden streichen, und bald darauf in ihre alte Heimath zurückkehren; andere aber, wie die Hausschwalben, die Kraniche, Störche ꝛc. so, daß sie im Herbst große Wallfahrten, weit übers Meer und über einen beträchtlichen Theil der Erdkugel weg, anstellen, und den Win- ter bis zur Rückkehr im folgenden Frühjahre in wärmern Zo- nen zubringen **). §. 63. Kein Vogel hat wahre Zähne, sondern diese Thiere müssen ihre Speise entweder mit dem Schnabel zerbeißen, oder ganz schlucken. Bei denjenigen samenfressenden Vögeln, die ihre Kör- ner ganz, unzerbissen einschlucken, gelangen diese nicht sogleich in den Magen, sondern werden vorher im drüsenreichen Kro- pfe (ingluvies, prolobus) eingeweicht, und von da nur all- mählig an den Magen überlassen, der bei diesen Thieren äu- ßerst musculös, und so stark ist, daß er sogar nach Reaumur's u. a. merkwürdigen Versuchen, verschluckte Haselnüsse und Oli- venkerne zu zerdrücken und Münzen so glatt wie Papier abzu- scheuern vermag. Sehr viele Vögel verschlucken aber auch über- dieß noch kleine Kieselsteinchen, die ebenfalls die Zermalmung und nachherige Verdauung der Speisen befördern ***). Verschie- dene fleischfressende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvö- *) Die Kunstnamen dieser verschiedenen Bildung der Vogelfüße sind in Forsteri enchiridion p. 15. und in Illiger's Terminolo- gie S. 187. erklärt, und im IIIten Theil von Bechstein's ornitho- log. Taschenb. durch treffliche Abbildungen erläutert. **) s. Dr. Jenner in den philosoph. Transact. for. 1824. P. I. pag. 11. ***) Ueber den Zweck und Nutzen weßhalb diese Vögel solche Steinchen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen sehr verschieden. – Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus Stupi- dität. – Nach meinen Untersuchungen ist es ein unentbehrliches Hülfs- mittel, um die eingeschluckten Körner dadurch zu tödten und ih- rer Lebenskraft zu berauben, die sonst der Digestionskraft widersteht.

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  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/103>, abgerufen am 03.12.2024.