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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830.

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Stimme (vox) verwechselt werden darf (§. 25.), als
welche auch den ganz jungen und selbst den stummge-
bornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei-
den ausschließlichen Vorzügen das große ausschließliche
Eigenthum der Menschenspecies, wodurch sie über die
ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das
Vermögen sich selbst zu vervollkommnen

(§. 37.)



Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfsbe-
dürftiges
Geschöpf. Kein anderes Thier außer ihm
bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät erst sein
Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehen,
keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst
eine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur
Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch
fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können;
daher denn bei dieser Hülfsbedürftigkeit und bei die-
sen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na-
türliche Bestimmung des Menschen zur gesellschaft-
lichen Verbindung
. - Nicht ganz so allgemein läßt
sich hingegen vor der Hand noch entscheiden, ob in
allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der ge-
bornen Knäbchen und Mädchen, und die Dauer der
Zeit der Fortpflanzungsfähigkeit bei beiden Geschlechtern
so gleich sei, daß der Mensch überall so wie in Eu-
ropa
zur Monogamie bestimmt werde*).

Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind beide
unbeschränkt; er bewohnt die ganze bewohnbare Erde,
und nährt sich mit den vielartigsten Stoffen aus dem
weitesten Umfang der organisirten Schöpfung. Und in
Verhältniß zu seiner mäßigen körperlichen Größe, und
in Vergleich mit andern Säugethieren erreicht er ein
ausnehmend hohes Alter.



Es gibt nur eine Gattung (species) im Menschenge-
schlecht; und alle uns bekannten Völker aller Zeiten und
aller Himmelsstriche können von einer gemeinschaftlichen
Stammrasse abstammen**). Alle National-Verschieden-

*) Doch vergl. auch Hrn. Staatsrath Hufeland über die
Gleichzahl beider Geschlechter im Menschengeschlecht. Berl. 1820. 8.
**) Ich habe dies in der 3ten Ausgabe der Schrift: de gene-
ris humani varietate nativa
weiter ausgeführt.

Stimme (vox) verwechselt werden darf (§. 25.), als
welche auch den ganz jungen und selbst den stummge-
bornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei-
den ausschließlichen Vorzügen das große ausschließliche
Eigenthum der Menschenspecies, wodurch sie über die
ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das
Vermögen sich selbst zu vervollkommnen

(§. 37.)



Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfsbe-
dürftiges
Geschöpf. Kein anderes Thier außer ihm
bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät erst sein
Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehen,
keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst
eine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur
Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch
fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können;
daher denn bei dieser Hülfsbedürftigkeit und bei die-
sen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na-
türliche Bestimmung des Menschen zur gesellschaft-
lichen Verbindung
. – Nicht ganz so allgemein läßt
sich hingegen vor der Hand noch entscheiden, ob in
allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der ge-
bornen Knäbchen und Mädchen, und die Dauer der
Zeit der Fortpflanzungsfähigkeit bei beiden Geschlechtern
so gleich sei, daß der Mensch überall so wie in Eu-
ropa
zur Monogamie bestimmt werde*).

Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind beide
unbeschränkt; er bewohnt die ganze bewohnbare Erde,
und nährt sich mit den vielartigsten Stoffen aus dem
weitesten Umfang der organisirten Schöpfung. Und in
Verhältniß zu seiner mäßigen körperlichen Größe, und
in Vergleich mit andern Säugethieren erreicht er ein
ausnehmend hohes Alter.



Es gibt nur eine Gattung (species) im Menschenge-
schlecht; und alle uns bekannten Völker aller Zeiten und
aller Himmelsstriche können von einer gemeinschaftlichen
Stammrasse abstammen**). Alle National-Verschieden-

*) Doch vergl. auch Hrn. Staatsrath Hufeland über die
Gleichzahl beider Geschlechter im Menschengeschlecht. Berl. 1820. 8.
**) Ich habe dies in der 3ten Ausgabe der Schrift: de gene-
ris humani varietate nativa
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[55/0073] Stimme (vox) verwechselt werden darf (§. 25.), als welche auch den ganz jungen und selbst den stummge- bornen Kindern zukommt. Und so folgt aus jenen bei- den ausschließlichen Vorzügen das große ausschließliche Eigenthum der Menschenspecies, wodurch sie über die ganze übrige thierische Schöpfung erhoben wird, das Vermögen sich selbst zu vervollkommnen (§. 37.) Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfsbe- dürftiges Geschöpf. Kein anderes Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr spät erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehen, keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst eine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hülfe, Cultur und Erziehung entwickeln können; daher denn bei dieser Hülfsbedürftigkeit und bei die- sen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine na- türliche Bestimmung des Menschen zur gesellschaft- lichen Verbindung. – Nicht ganz so allgemein läßt sich hingegen vor der Hand noch entscheiden, ob in allen Welttheilen die Proportion in der Anzahl der ge- bornen Knäbchen und Mädchen, und die Dauer der Zeit der Fortpflanzungsfähigkeit bei beiden Geschlechtern so gleich sei, daß der Mensch überall so wie in Eu- ropa zur Monogamie bestimmt werde *). Sein Aufenthalt und seine Nahrung sind beide unbeschränkt; er bewohnt die ganze bewohnbare Erde, und nährt sich mit den vielartigsten Stoffen aus dem weitesten Umfang der organisirten Schöpfung. Und in Verhältniß zu seiner mäßigen körperlichen Größe, und in Vergleich mit andern Säugethieren erreicht er ein ausnehmend hohes Alter. Es gibt nur eine Gattung (species) im Menschenge- schlecht; und alle uns bekannten Völker aller Zeiten und aller Himmelsstriche können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse abstammen **). Alle National-Verschieden- *) Doch vergl. auch Hrn. Staatsrath Hufeland über die Gleichzahl beider Geschlechter im Menschengeschlecht. Berl. 1820. 8. **) Ich habe dies in der 3ten Ausgabe der Schrift: de gene- ris humani varietate nativa weiter ausgeführt.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/73>, abgerufen am 24.11.2024.