es leichter, daß durch künstliche Befruchtung ver- schiedener Gattungen Bastarde hervor gebracht wer- den können, die fruchtbaren Samen tragen (- s. oben Seite 26. -). Hingegen bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastarden aus der Vermischung vom Rindvieh und Pferden oder Eseln, und von Kaninchen und Hühnern, oder vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hof- fentlich keiner weitern Widerlegung.
Anm. Eben in der gedachten notorischen Erfahrung, daß im freyen Natur-Zustande jener Geschöpfe nur die von einer und eben derselben Species sich mit einander gatten, liegt der natürliche Grund, warum das Wort Species im Deutschen am aller- natürlichsten durch Gattung übersetzt wird. (- davon mit mehrerem in der Vorrede -).
§. 15.
Rassen und Spielarten (varietates) sind diejenigen Abweichungen von der ursprüngli- chen specifiken Gestaltung der einzelnen Gattun- gen organisirter Körper, so diese durch die all- mähliche Ausartung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauern Sinne ein sol- cher durch Degeneration entstandener Charakter, der sich durch die Fortpflanzung unausbleiblich und nothwendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen In- dianern Mestissen zeugen: welches hingegen bey den Spielarten keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn blauäugige Blonde mit braun- äugigen Brünetten Kinder zeugen*)
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen
es leichter, daß durch künstliche Befruchtung ver- schiedener Gattungen Bastarde hervor gebracht wer- den können, die fruchtbaren Samen tragen (– s. oben Seite 26. –). Hingegen bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastarden aus der Vermischung vom Rindvieh und Pferden oder Eseln, und von Kaninchen und Hühnern, oder vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hof- fentlich keiner weitern Widerlegung.
Anm. Eben in der gedachten notorischen Erfahrung, daß im freyen Natur-Zustande jener Geschöpfe nur die von einer und eben derselben Species sich mit einander gatten, liegt der natürliche Grund, warum das Wort Species im Deutschen am aller- natürlichsten durch Gattung übersetzt wird. (– davon mit mehrerem in der Vorrede –).
§. 15.
Rassen und Spielarten (varietates) sind diejenigen Abweichungen von der ursprüngli- chen specifiken Gestaltung der einzelnen Gattun- gen organisirter Körper, so diese durch die all- mähliche Ausartung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauern Sinne ein sol- cher durch Degeneration entstandener Charakter, der sich durch die Fortpflanzung unausbleiblich und nothwendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen In- dianern Mestissen zeugen: welches hingegen bey den Spielarten keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn blauäugige Blonde mit braun- äugigen Brünetten Kinder zeugen*)
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen
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es leichter, daß durch künstliche Befruchtung ver-
schiedener Gattungen Bastarde hervor gebracht wer-
den können, die fruchtbaren Samen tragen (–
s. oben Seite 26. –). Hingegen bedürfen die
fabelhaften Sagen von vermeinten Bastarden aus
der Vermischung vom Rindvieh und Pferden oder
Eseln, und von Kaninchen und Hühnern, oder
vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hof-
fentlich keiner weitern Widerlegung.
Anm. Eben in der gedachten notorischen Erfahrung,
daß im freyen Natur-Zustande jener Geschöpfe
nur die von einer und eben derselben Species sich
mit einander gatten, liegt der natürliche Grund,
warum das Wort Species im Deutschen am aller-
natürlichsten durch Gattung übersetzt wird. (–
davon mit mehrerem in der Vorrede –).
§. 15.
Rassen und Spielarten (varietates)
sind diejenigen Abweichungen von der ursprüngli-
chen specifiken Gestaltung der einzelnen Gattun-
gen organisirter Körper, so diese durch die all-
mähliche Ausartung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauern Sinne ein sol-
cher durch Degeneration entstandener Charakter,
der sich durch die Fortpflanzung unausbleiblich und
nothwendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit
den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen In-
dianern Mestissen zeugen: welches hingegen bey
den Spielarten keine nothwendige Folge ist;
wie z. B. wenn blauäugige Blonde mit braun-
äugigen Brünetten Kinder zeugen *)
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten
hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Ausg. Göttingen, 1815, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1815/39>, abgerufen am 24.11.2024.
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