weit leichter für das was sie sind*) richtig aner- kennen und von andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden und angeben kann**). - So sagte z. B. Linne: "nullum characterem hactenus eruere potui, vnde Homo a Simia internoscatur." Nun glaube ich zwar in diesem Buche solche äußere Charaktere der Humanität angegeben zu haben, wodurch sich der Mensch von den noch so menschen- ähnlichen Affen (wie man sie nennt); so wie über- haupt von allen andern Säugethieren unverkenn- bar auszeichnet. Aber auch ohne dieselben wird doch hoffentlich nie ein Naturforscher in praxi in Verlegenheit gekommen seyn, Menschen und Affen etwa zu verwechseln. - Außerdem aber können ferner Geschöpfe aus noch so verschiedenen Classen manche theils auffallende und unerwartete Aehn- lichkeit mit einander haben, ohne daß dadurch die dessen ohngeachtet unverkennbare Verschiedenheit zwischen diesen Classen selbst wegfallen dürste. Man theilt z. B. die Thiere sehr natürlich in warm- blütige und kaltblütige; und rechnet eben so na- türlicher Weise die Säugthiere zu jenen und hin- gegen die Insecten zu diesen; ohne je deßhalb irre zu werden, daß die Bienen in ihrem Stocke so ganz ohne Vergleich wärmer sind, als etwa ein Igel während seines Winterschlafs. - So gibt es in der Classe der Gewürme Geschlechter, wie z. B.
*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung. Videmus enim, omnes rationes, quibus natura explicari solet, modos esse tantummodo imaginandi, nec vllius rei naturam, sed tantum imaginationis constitu- tionem indicare. Spinoza.
**)"Facilius plerumque est rem praesentem discer- nere, quam verbis exacte definire". Gaubius."Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei- dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, son- dern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fällen zu finden." J. Aug. Unzer.
weit leichter für das was sie sind*) richtig aner- kennen und von andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden und angeben kann**). – So sagte z. B. Linné: „nullum characterem hactenus eruere potui, vnde Homo a Simia internoscatur.” Nun glaube ich zwar in diesem Buche solche äußere Charaktere der Humanität angegeben zu haben, wodurch sich der Mensch von den noch so menschen- ähnlichen Affen (wie man sie nennt); so wie über- haupt von allen andern Säugethieren unverkenn- bar auszeichnet. Aber auch ohne dieselben wird doch hoffentlich nie ein Naturforscher in praxi in Verlegenheit gekommen seyn, Menschen und Affen etwa zu verwechseln. – Außerdem aber können ferner Geschöpfe aus noch so verschiedenen Classen manche theils auffallende und unerwartete Aehn- lichkeit mit einander haben, ohne daß dadurch die dessen ohngeachtet unverkennbare Verschiedenheit zwischen diesen Classen selbst wegfallen dürste. Man theilt z. B. die Thiere sehr natürlich in warm- blütige und kaltblütige; und rechnet eben so na- türlicher Weise die Säugthiere zu jenen und hin- gegen die Insecten zu diesen; ohne je deßhalb irre zu werden, daß die Bienen in ihrem Stocke so ganz ohne Vergleich wärmer sind, als etwa ein Igel während seines Winterschlafs. – So gibt es in der Classe der Gewürme Geschlechter, wie z. B.
*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung. Videmus enim, omnes rationes, quibus natura explicari solet, modos esse tantummodo imaginandi, nec vllius rei naturam, sed tantum imaginationis constitu- tionem indicare. Spinoza.
**)„Facilius plerumque est rem praesentem discer- nere, quam verbis exacte definire”. Gaubius.„Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei- dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, son- dern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fällen zu finden.” J. Aug. Unzer.
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000031"><body><divn="1"><divn="2"><prendition="#l1em #small"><pbfacs="#f0025"xml:id="pb007_0001"n="7"/>
weit leichter für das was sie sind<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.<lb/>
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich<lb/>
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf<lb/>
wohl keiner Erinnerung. <hirendition="#aq">Videmus enim, omnes<lb/>
rationes, quibus natura explicari solet, modos<lb/>
esse tantummodo imaginandi, nec vllius rei<lb/>
naturam, sed tantum imaginationis constitu-<lb/>
tionem indicare. <hirendition="#k">Spinoza</hi></hi>.</p></note> richtig aner-<lb/>
kennen und von andern unterscheiden, als ihre<lb/>
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden<lb/>
und angeben kann<noteanchored="true"place="foot"n="**)"><p><qtype="preline">„<hirendition="#aq">Facilius plerumque est rem praesentem discer-<lb/>
nere, quam verbis exacte definire</hi>”</q>. <hirendition="#k"><hirendition="#aq">Gaubius</hi></hi>.</p><p><qtype="preline">„Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-<lb/>
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, son-<lb/>
dern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen<lb/>
Fällen zu finden.”</q> J. Aug. Unzer.</p></note>. – So sagte z. B. Linné:<lb/><qtype="preline">„<hirendition="#aq">nullum characterem hactenus eruere potui,<lb/>
vnde Homo a Simia internoscatur</hi>.”</q> Nun<lb/>
glaube ich zwar in diesem Buche solche äußere<lb/>
Charaktere der Humanität angegeben zu haben,<lb/>
wodurch sich der Mensch von den noch so menschen-<lb/>
ähnlichen Affen (wie man sie nennt); so wie über-<lb/>
haupt von allen andern Säugethieren unverkenn-<lb/>
bar auszeichnet. Aber auch ohne dieselben wird<lb/>
doch hoffentlich nie ein Naturforscher <hirendition="#aq">in praxi</hi> in<lb/>
Verlegenheit gekommen seyn, Menschen und Affen<lb/>
etwa zu verwechseln. – Außerdem aber können<lb/>
ferner Geschöpfe aus noch so verschiedenen Classen<lb/>
manche theils auffallende und unerwartete Aehn-<lb/>
lichkeit mit einander haben, ohne daß dadurch die<lb/>
dessen ohngeachtet unverkennbare Verschiedenheit<lb/>
zwischen diesen Classen selbst wegfallen dürste.<lb/>
Man theilt z. B. die Thiere sehr natürlich in warm-<lb/>
blütige und kaltblütige; und rechnet eben so na-<lb/>
türlicher Weise die Säugthiere zu jenen und hin-<lb/>
gegen die Insecten zu diesen; ohne je deßhalb irre<lb/>
zu werden, daß die Bienen in ihrem Stocke so<lb/>
ganz ohne Vergleich wärmer sind, als etwa ein<lb/>
Igel während seines Winterschlafs. – So gibt es<lb/>
in der Classe der Gewürme Geschlechter, wie z. B.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[7/0025]
weit leichter für das was sie sind *) richtig aner-
kennen und von andern unterscheiden, als ihre
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden
und angeben kann **). – So sagte z. B. Linné:
„nullum characterem hactenus eruere potui,
vnde Homo a Simia internoscatur.” Nun
glaube ich zwar in diesem Buche solche äußere
Charaktere der Humanität angegeben zu haben,
wodurch sich der Mensch von den noch so menschen-
ähnlichen Affen (wie man sie nennt); so wie über-
haupt von allen andern Säugethieren unverkenn-
bar auszeichnet. Aber auch ohne dieselben wird
doch hoffentlich nie ein Naturforscher in praxi in
Verlegenheit gekommen seyn, Menschen und Affen
etwa zu verwechseln. – Außerdem aber können
ferner Geschöpfe aus noch so verschiedenen Classen
manche theils auffallende und unerwartete Aehn-
lichkeit mit einander haben, ohne daß dadurch die
dessen ohngeachtet unverkennbare Verschiedenheit
zwischen diesen Classen selbst wegfallen dürste.
Man theilt z. B. die Thiere sehr natürlich in warm-
blütige und kaltblütige; und rechnet eben so na-
türlicher Weise die Säugthiere zu jenen und hin-
gegen die Insecten zu diesen; ohne je deßhalb irre
zu werden, daß die Bienen in ihrem Stocke so
ganz ohne Vergleich wärmer sind, als etwa ein
Igel während seines Winterschlafs. – So gibt es
in der Classe der Gewürme Geschlechter, wie z. B.
*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf
wohl keiner Erinnerung. Videmus enim, omnes
rationes, quibus natura explicari solet, modos
esse tantummodo imaginandi, nec vllius rei
naturam, sed tantum imaginationis constitu-
tionem indicare. Spinoza.
**) „Facilius plerumque est rem praesentem discer-
nere, quam verbis exacte definire”. Gaubius.
„Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, son-
dern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen
Fällen zu finden.” J. Aug. Unzer.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/25>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.