Zum Wachsthum der organisirten Körper gehört auch ihre Reproductions-Kraft, oder die merkwürdige Eigenschaft, daß sich verstüm- melte oder völlig verlorne Theile ihres Körpers von selbst wieder ergänzen. Diese bewunderns- werthe Einrichtungen in der organisirten Schöpfung sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: und ist folglich auch, nebst der Ernährung überhaupt, einer der größten Vorzüge, wodurch die Ma- schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei- ten über die größten Kunstwerke der Menschen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfe- dern und Räder, wenn sie verbogen, verstüm- melt und abgenutzt würden, von selbst wieder herzustellen: eine Kraft, die hingegen der Schöpfer jedem Thier und jeder Pflanze - nur in verschiedenem Maße - beygelegt hat.
Viele organisirte Körper verlieren zu be- stimmten Zeiten, gewisse Theile ihres Körpers von freyen Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häu- tung der Schlangen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dieß die ge- wöhnliche Reproduction nennen.
§. 19.
Zum Wachsthum der organisirten Körper gehört auch ihre Reproductions-Kraft, oder die merkwürdige Eigenschaft, daß sich verstüm- melte oder völlig verlorne Theile ihres Körpers von selbst wieder ergänzen. Diese bewunderns- werthe Einrichtungen in der organisirten Schöpfung sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: und ist folglich auch, nebst der Ernährung überhaupt, einer der größten Vorzüge, wodurch die Ma- schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei- ten über die größten Kunstwerke der Menschen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfe- dern und Räder, wenn sie verbogen, verstüm- melt und abgenutzt würden, von selbst wieder herzustellen: eine Kraft, die hingegen der Schöpfer jedem Thier und jeder Pflanze – nur in verschiedenem Maße – beygelegt hat.
Viele organisirte Körper verlieren zu be- stimmten Zeiten, gewisse Theile ihres Körpers von freyen Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häu- tung der Schlangen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dieß die ge- wöhnliche Reproduction nennen.
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000030"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0054"xml:id="pb030_0001"n="30"/><headrendition="#c">§. 19.</head><lb/><p>Zum Wachsthum der organisirten Körper<lb/>
gehört auch ihre Reproductions-Kraft, oder<lb/>
die merkwürdige Eigenschaft, daß sich verstüm-<lb/>
melte oder völlig verlorne Theile ihres Körpers<lb/>
von selbst wieder ergänzen. Diese bewunderns-<lb/>
werthe Einrichtungen in der organisirten Schöpfung<lb/>
sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend<lb/>
Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: und ist<lb/>
folglich auch, nebst der Ernährung überhaupt,<lb/>
einer der größten Vorzüge, wodurch die Ma-<lb/>
schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei-<lb/>
ten über die größten Kunstwerke der Menschen<lb/>
erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger<lb/>
keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfe-<lb/>
dern und Räder, wenn sie verbogen, verstüm-<lb/>
melt und abgenutzt würden, von selbst wieder<lb/>
herzustellen: eine Kraft, die hingegen der<lb/>
Schöpfer jedem Thier und jeder Pflanze –<lb/>
nur in verschiedenem Maße – beygelegt hat.</p><p>Viele organisirte Körper verlieren zu be-<lb/>
stimmten Zeiten, gewisse Theile ihres Körpers<lb/>
von freyen Stücken, die ihnen nachher wieder<lb/>
reproducirt werden; wohin das Abwerfen der<lb/>
Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häu-<lb/>
tung der Schlangen, der Raupen, das Schälen<lb/>
der Krebse, das Entblättern der Gewächse<lb/>
u. s. w. gehört. Man könnte dieß die ge-<lb/>
wöhnliche Reproduction nennen.</p></div></div></body></text></TEI>
[30/0054]
§. 19.
Zum Wachsthum der organisirten Körper
gehört auch ihre Reproductions-Kraft, oder
die merkwürdige Eigenschaft, daß sich verstüm-
melte oder völlig verlorne Theile ihres Körpers
von selbst wieder ergänzen. Diese bewunderns-
werthe Einrichtungen in der organisirten Schöpfung
sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend
Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: und ist
folglich auch, nebst der Ernährung überhaupt,
einer der größten Vorzüge, wodurch die Ma-
schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei-
ten über die größten Kunstwerke der Menschen
erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger
keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfe-
dern und Räder, wenn sie verbogen, verstüm-
melt und abgenutzt würden, von selbst wieder
herzustellen: eine Kraft, die hingegen der
Schöpfer jedem Thier und jeder Pflanze –
nur in verschiedenem Maße – beygelegt hat.
Viele organisirte Körper verlieren zu be-
stimmten Zeiten, gewisse Theile ihres Körpers
von freyen Stücken, die ihnen nachher wieder
reproducirt werden; wohin das Abwerfen der
Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häu-
tung der Schlangen, der Raupen, das Schälen
der Krebse, das Entblättern der Gewächse
u. s. w. gehört. Man könnte dieß die ge-
wöhnliche Reproduction nennen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 8. Aufl. Göttingen, 1807, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1807/54>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.