ihre Backenzähne wie mit sägeförmigen Queer- furchen ausgeschnitten sind, und die Kronen der- selben nicht horizontal liegen, sondern schräg- ausgeschlägelt sind, so daß an denen im Ober- kiefer die Außenseite, an denen im untern aber die nach der Zunge hingerichtete innere Seite die höchste ist. Dabey haben sie einen schmalen Unterkiefer, der eine sehr freye Seitenbewegung hat, wodurch denn, wie der Augenschein lehrt, der Mechanismus dieser sonderbaren Verrichtung von dieser Seite bewirkt wird.
Anm. 1. Bey denjenigen ruminantibus, die zugleich gespaltene Klauen haben (pecora), kommt nun außerdem noch der vierfache Magen hinzu, dessen innerer Bau und Mechanismus überaus merkwür- dig ist. Das zum ersten Mahl geschluckte noch bald rohe Futter gelangt nähmlich in den ungeheuern ersten Magen (rumen, magnus venter, franz. le double, l'herbier, la panse, der Pansen, Wanst), als in ein Magazin, worin es nur ein wenig durch- weicht wird. Von da wird eine kleine Portion dieses Futters nach der andern mittelst des zweyten Magens (reticulum, franz. le bonnet, le reseau, die Haube, Mütze, das Garn), der gleichsam nur ein Anhang des ersten ist, aufgefaßt und wieder durch den Schlund hinauf getrieben. Nun wird der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich aus dem Schlunde in den dritten (echinus, cen- tipellio, omasus, franz. le feuillet, le pseautier, das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei- tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in den vierten (abomasus, franz. la eaillette der Laab, die Ruthe, der Fettmagen) gelangt, der dem Magen andrer Säugethiere am nächsten kommt.
Anm. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende Thiere überhaupt passende Haupt-Nutzen der Rumination scheint mir noch gänzlich unbekannt. -
ihre Backenzähne wie mit sägeförmigen Queer- furchen ausgeschnitten sind, und die Kronen der- selben nicht horizontal liegen, sondern schräg- ausgeschlägelt sind, so daß an denen im Ober- kiefer die Außenseite, an denen im untern aber die nach der Zunge hingerichtete innere Seite die höchste ist. Dabey haben sie einen schmalen Unterkiefer, der eine sehr freye Seitenbewegung hat, wodurch denn, wie der Augenschein lehrt, der Mechanismus dieser sonderbaren Verrichtung von dieser Seite bewirkt wird.
Anm. 1. Bey denjenigen ruminantibus, die zugleich gespaltene Klauen haben (pecora), kommt nun außerdem noch der vierfache Magen hinzu, dessen innerer Bau und Mechanismus überaus merkwür- dig ist. Das zum ersten Mahl geschluckte noch bald rohe Futter gelangt nähmlich in den ungeheuern ersten Magen (rumen, magnus venter, franz. le double, l'herbier, la panse, der Pansen, Wanst), als in ein Magazin, worin es nur ein wenig durch- weicht wird. Von da wird eine kleine Portion dieses Futters nach der andern mittelst des zweyten Magens (reticulum, franz. le bonnet, le reseau, die Haube, Mütze, das Garn), der gleichsam nur ein Anhang des ersten ist, aufgefaßt und wieder durch den Schlund hinauf getrieben. Nun wird der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich aus dem Schlunde in den dritten (echinus, cen- tipellio, omasus, franz. le feuillet, le pseautier, das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei- tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in den vierten (abomasus, franz. la eaillette der Laab, die Ruthe, der Fettmagen) gelangt, der dem Magen andrer Säugethiere am nächsten kommt.
Anm. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende Thiere überhaupt passende Haupt-Nutzen der Rumination scheint mir noch gänzlich unbekannt. –
<TEI><textxml:id="blume000027"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0074"xml:id="pb050_0001"n="50"/>
ihre Backenzähne wie mit sägeförmigen Queer-<lb/>
furchen ausgeschnitten sind, und die Kronen der-<lb/>
selben nicht horizontal liegen, sondern schräg-<lb/>
ausgeschlägelt sind, so daß an denen im Ober-<lb/>
kiefer die Außenseite, an denen im untern aber die<lb/>
nach der Zunge hingerichtete innere Seite die<lb/>
höchste ist. Dabey haben sie einen schmalen<lb/>
Unterkiefer, der eine sehr freye Seitenbewegung<lb/>
hat, wodurch denn, wie der Augenschein lehrt,<lb/>
der Mechanismus dieser sonderbaren Verrichtung<lb/>
von dieser Seite bewirkt wird.</p><prendition="#indent-1 #small">Anm. 1. Bey denjenigen <hirendition="#aq">ruminantibus</hi>, die zugleich<lb/>
gespaltene Klauen haben (<hirendition="#aq">pecora</hi>), kommt nun<lb/>
außerdem noch der vierfache Magen hinzu, dessen<lb/>
innerer Bau und Mechanismus überaus merkwür-<lb/>
dig ist. Das zum ersten Mahl geschluckte noch bald<lb/>
rohe Futter gelangt nähmlich in den ungeheuern<lb/>
ersten Magen (<hirendition="#aq">rumen, magnus venter</hi>, franz.<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#aq">le double, l'herbier, la panse,</hi></hi> der Pansen, Wanst),<lb/>
als in ein Magazin, worin es nur ein wenig durch-<lb/>
weicht wird. Von da wird eine kleine Portion<lb/>
dieses Futters nach der andern mittelst des zweyten<lb/>
Magens (<hirendition="#aq">reticulum</hi>, franz. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">le bonnet, le reseau,</hi></hi><lb/>
die Haube, Mütze, das Garn), der gleichsam nur<lb/>
ein Anhang des ersten ist, aufgefaßt und wieder<lb/>
durch den Schlund hinauf getrieben. Nun wird<lb/>
der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte<lb/>
Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder<lb/>
durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich<lb/>
aus dem Schlunde in den dritten (<hirendition="#aq">echinus, cen-<lb/>
tipellio, omasus,</hi> franz. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">le feuillet, le pseautier,</hi></hi><lb/>
das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei-<lb/>
tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in<lb/>
den vierten (<hirendition="#aq">abomasus</hi>, franz. <hirendition="#i"><hirendition="#aq">la eaillette</hi></hi> der<lb/>
Laab, die Ruthe, der Fettmagen) gelangt, der dem<lb/>
Magen andrer Säugethiere am nächsten kommt.</p><prendition="#indent-1 #small">Anm. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende<lb/>
Thiere überhaupt passende Haupt-Nutzen der<lb/>
Rumination scheint mir noch gänzlich unbekannt. –</p></div><divn="2"></div></div></body></text></TEI>
[50/0074]
ihre Backenzähne wie mit sägeförmigen Queer-
furchen ausgeschnitten sind, und die Kronen der-
selben nicht horizontal liegen, sondern schräg-
ausgeschlägelt sind, so daß an denen im Ober-
kiefer die Außenseite, an denen im untern aber die
nach der Zunge hingerichtete innere Seite die
höchste ist. Dabey haben sie einen schmalen
Unterkiefer, der eine sehr freye Seitenbewegung
hat, wodurch denn, wie der Augenschein lehrt,
der Mechanismus dieser sonderbaren Verrichtung
von dieser Seite bewirkt wird.
Anm. 1. Bey denjenigen ruminantibus, die zugleich
gespaltene Klauen haben (pecora), kommt nun
außerdem noch der vierfache Magen hinzu, dessen
innerer Bau und Mechanismus überaus merkwür-
dig ist. Das zum ersten Mahl geschluckte noch bald
rohe Futter gelangt nähmlich in den ungeheuern
ersten Magen (rumen, magnus venter, franz.
le double, l'herbier, la panse, der Pansen, Wanst),
als in ein Magazin, worin es nur ein wenig durch-
weicht wird. Von da wird eine kleine Portion
dieses Futters nach der andern mittelst des zweyten
Magens (reticulum, franz. le bonnet, le reseau,
die Haube, Mütze, das Garn), der gleichsam nur
ein Anhang des ersten ist, aufgefaßt und wieder
durch den Schlund hinauf getrieben. Nun wird
der wiedergekaute, zum zweyten Mahl geschluckte
Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder
durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich
aus dem Schlunde in den dritten (echinus, cen-
tipellio, omasus, franz. le feuillet, le pseautier,
das Buch, der Psalter, der Blättermagen) gelei-
tet, wo er von da endlich zur völligen Verdauung in
den vierten (abomasus, franz. la eaillette der
Laab, die Ruthe, der Fettmagen) gelangt, der dem
Magen andrer Säugethiere am nächsten kommt.
Anm. 2. Der allgemeine, auf alle wiederkauende
Thiere überhaupt passende Haupt-Nutzen der
Rumination scheint mir noch gänzlich unbekannt. –
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herstellung der Imagedateien des Quelldokuments durch die Utrecht University Library und die Thüringer
Universitäts- und Landesbibliothek Jena.
Anmerkungen zur Transkription:
Bei der Zeichenerkennung wurde nach dem von der Akademie gelieferten Dokument "Buchstabenmuster_Blumenbach.doc" modernisiert.
In Absprache mit der Akademie wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:
Bogensignaturen und Kustoden
Kolumnentitel
Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizeriung von titleParts verzeichtet.
Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q
ausgezeichnet. Eine Ausnahme bilden Zitate, bei denen das Anführungszeichen zu Beginn
jeder Zeile wiederholt wird. Hier wurden die Wiederholungen des öffenenden Zeichens
nicht übernommen, sondern jeweils nur das öffnende und das schließende Zeichen.
Das umschließende Element q wurde für diese Zitate über das Attribut
type mit dem Wert preline gekennzeichnet.
Weiche und harte Zeilentrennungen wurden als 002D übernommen. Weiche
Zeilentrennungen wurden über die Ergänzung eines Attributwertes von den harten
Trennungen unterscheiden: lb type="inWord". Erstreckt sich die
Worttrennung über einen Seitenumbruch steht das Element pb direkt
hinter dem schließenden lb type="inWord" bzw. lb.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 6. Aufl. Göttingen, 1799, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1799/74>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.