Die Pflanzen sind zwar ebenfalls organi- sirte Körper, aber bloß belebt, so daß sie ihren Nahrungssaft ohne mittelst der Wurzeln ohne will- kührliche Bewegung einsaugen.
Die Mineralien endlich sind unbelebte und unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens- kraft nach den bloß physischen und chemischen Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, etc. entstehen.
Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist, zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge- macht worden.
Manche haben zwar die Kluft zwischen den organisirten und unorganisirten Körpern aner- kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen Thieren und Gewächsen zugeben wollen:
Andre hingegen haben die beliebten Meta- phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba- ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w. statt fänden.
Was das erste betrifft, so sollte man zwar überhaupt nicht vergessen, was so oft bey Gegen- ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie weit leichter für das was sie sind*) richtig aner- kennen und von andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden und angeben kann**). - So sagte z. B. Linne:
*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung.
**)"Facilius plerumque est rem praesentem discernere, quam verbis exacte definire". Gaubius. "Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei- dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl- len zu finden." J. Aug. Unzer.
Die Pflanzen sind zwar ebenfalls organi- sirte Körper, aber bloß belebt, so daß sie ihren Nahrungssaft ohne mittelst der Wurzeln ohne will- kührliche Bewegung einsaugen.
Die Mineralien endlich sind unbelebte und unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens- kraft nach den bloß physischen und chemischen Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, ꝛc. entstehen.
Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist, zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge- macht worden.
Manche haben zwar die Kluft zwischen den organisirten und unorganisirten Körpern aner- kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen Thieren und Gewächsen zugeben wollen:
Andre hingegen haben die beliebten Meta- phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba- ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w. statt fänden.
Was das erste betrifft, so sollte man zwar überhaupt nicht vergessen, was so oft bey Gegen- ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie weit leichter für das was sie sind*) richtig aner- kennen und von andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden und angeben kann**). – So sagte z. B. Linné:
*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung.
**)„Facilius plerumque est rem praesentem discernere, quam verbis exacte definire“. Gaubius. „Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei- dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl- len zu finden.“ J. Aug. Unzer.
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000026"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0028"xml:id="pb006_0001"n="6"/><p>Die Pflanzen sind zwar ebenfalls organi-<lb/>
sirte Körper, aber bloß belebt, so daß sie ihren<lb/>
Nahrungssaft ohne mittelst der Wurzeln ohne will-<lb/>
kührliche Bewegung einsaugen.</p><p>Die Mineralien endlich sind unbelebte und<lb/>
unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens-<lb/>
kraft nach den bloß physischen und chemischen<lb/>
Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, ꝛc. entstehen.</p><prendition="#indent-1 #small">Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist,<lb/>
zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge-<lb/>
macht worden.</p><prendition="#l1em #small">Manche haben zwar die Kluft zwischen den<lb/>
organisirten und unorganisirten Körpern aner-<lb/>
kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen<lb/>
Thieren und Gewächsen zugeben wollen:</p><prendition="#l1em #small">Andre hingegen haben die beliebten Meta-<lb/>
phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu<lb/>
dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba-<lb/>
ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w.<lb/>
statt fänden.</p><prendition="#l1em #small">Was das erste betrifft, so sollte man zwar<lb/>
überhaupt nicht vergessen, was so oft bey Gegen-<lb/>
ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie<lb/>
weit leichter für das was sie sind<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.<lb/>
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich<lb/>
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf<lb/>
wohl keiner Erinnerung.</p></note> richtig aner-<lb/>
kennen und von andern unterscheiden, als ihre<lb/>
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden<lb/>
und angeben kann<noteanchored="true"place="foot"n="**)"><p><qtype="preline">„<hirendition="#aq">Facilius plerumque est rem praesentem discernere,<lb/>
quam verbis exacte definire</hi>“</q>. <hirendition="#k"><hirendition="#aq">Gaubius</hi></hi>.<lb/><qtype="preline">„Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-<lb/>
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern<lb/>
nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl-<lb/>
len zu finden.“</q> J. Aug. Unzer.</p></note>. – So sagte z. B. Linné:<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[6/0028]
Die Pflanzen sind zwar ebenfalls organi-
sirte Körper, aber bloß belebt, so daß sie ihren
Nahrungssaft ohne mittelst der Wurzeln ohne will-
kührliche Bewegung einsaugen.
Die Mineralien endlich sind unbelebte und
unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens-
kraft nach den bloß physischen und chemischen
Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, ꝛc. entstehen.
Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist,
zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge-
macht worden.
Manche haben zwar die Kluft zwischen den
organisirten und unorganisirten Körpern aner-
kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen
Thieren und Gewächsen zugeben wollen:
Andre hingegen haben die beliebten Meta-
phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu
dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba-
ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w.
statt fänden.
Was das erste betrifft, so sollte man zwar
überhaupt nicht vergessen, was so oft bey Gegen-
ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie
weit leichter für das was sie sind *) richtig aner-
kennen und von andern unterscheiden, als ihre
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden
und angeben kann **). – So sagte z. B. Linné:
*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf
wohl keiner Erinnerung.
**) „Facilius plerumque est rem praesentem discernere,
quam verbis exacte definire“. Gaubius.
„Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern
nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl-
len zu finden.“ J. Aug. Unzer.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/28>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.