nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) als welche auch den ganz jungen und selbst den stummgebohrnen Kindern zukommt, verwechselt werden darf (§. 46.). Daß die Rede hingegen eine bloße Folge der Vernunft und nicht etwa der besondern Organisation der mensch- lichen Sprachwerkzeuge sey, erhellt aus den bekannten Beyspielen der Papagayen, Raben etc. die allerhand Worte ganz vernehmlich nachsprechen lernen. Die Stimme ist den Thieren wie ihr Instinct angeboren: die Sprache hingegen entwickelt sich erst mit der Ver- nunft, da dann die Seele ihre erlangten Begriffe, der Zunge zum Aussprechen überträgt. Es gibt eben so wenig ein sprachloses, als ein vernunftloses Volk auf unserer Erde, und wir haben nun die Wörterbücher der Eskimos, der Hottentotten und anderer Nationen, denen die leichtgläubigen Reisenden der alten Zeit die Rede abzusprechen wagten.
Der Mensch ist für sich ein wehrloses hülfsbedürfti- ges Geschöpf. Kein andres Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr späte erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehn, keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst eine gro- ßen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hül- fe, durch Cultur und Erziehung entwickeln können; da- her denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine natür- liche Bestimmung des Menschen zum geselligen Um- gang. Nicht ganz so allgemein läßt sich hingegen vor
nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) als welche auch den ganz jungen und selbst den stummgebohrnen Kindern zukommt, verwechselt werden darf (§. 46.). Daß die Rede hingegen eine bloße Folge der Vernunft und nicht etwa der besondern Organisation der mensch- lichen Sprachwerkzeuge sey, erhellt aus den bekannten Beyspielen der Papagayen, Raben ꝛc. die allerhand Worte ganz vernehmlich nachsprechen lernen. Die Stimme ist den Thieren wie ihr Instinct angeboren: die Sprache hingegen entwickelt sich erst mit der Ver- nunft, da dann die Seele ihre erlangten Begriffe, der Zunge zum Aussprechen überträgt. Es gibt eben so wenig ein sprachloses, als ein vernunftloses Volk auf unserer Erde, und wir haben nun die Wörterbücher der Eskimos, der Hottentotten und anderer Nationen, denen die leichtgläubigen Reisenden der alten Zeit die Rede abzusprechen wagten.
Der Mensch ist für sich ein wehrloses hülfsbedürfti- ges Geschöpf. Kein andres Thier außer ihm bleibt so lange Kind, keins kriegt so sehr späte erst sein Gebiß, lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehn, keins wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst eine gro- ßen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hül- fe, durch Cultur und Erziehung entwickeln können; da- her denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine natür- liche Bestimmung des Menschen zum geselligen Um- gang. Nicht ganz so allgemein läßt sich hingegen vor
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nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) als welche
auch den ganz jungen und selbst den stummgebohrnen
Kindern zukommt, verwechselt werden darf (§. 46.).
Daß die Rede hingegen eine bloße Folge der Vernunft
und nicht etwa der besondern Organisation der mensch-
lichen Sprachwerkzeuge sey, erhellt aus den bekannten
Beyspielen der Papagayen, Raben ꝛc. die allerhand
Worte ganz vernehmlich nachsprechen lernen. Die
Stimme ist den Thieren wie ihr Instinct angeboren:
die Sprache hingegen entwickelt sich erst mit der Ver-
nunft, da dann die Seele ihre erlangten Begriffe, der
Zunge zum Aussprechen überträgt. Es gibt eben so
wenig ein sprachloses, als ein vernunftloses Volk auf
unserer Erde, und wir haben nun die Wörterbücher
der Eskimos, der Hottentotten und anderer Nationen,
denen die leichtgläubigen Reisenden der alten Zeit die
Rede abzusprechen wagten.
Der Mensch ist für sich ein wehrloses hülfsbedürfti-
ges Geschöpf. Kein andres Thier außer ihm bleibt so
lange Kind, keins kriegt so sehr späte erst sein Gebiß,
lernt so sehr spät erst auf seinen Füßen stehn, keins
wird so sehr spät mannbar u. s. w. Selbst eine gro-
ßen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime,
die sich nicht von selbst, sondern erst durch fremde Hül-
fe, durch Cultur und Erziehung entwickeln können; da-
her denn bey dieser Hülfsbedürftigkeit und bey diesen
zahllosen dringenden Bedürfnissen die allgemeine natür-
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gang. Nicht ganz so allgemein läßt sich hingegen vor
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/69>, abgerufen am 22.11.2024.
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