Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

ihre Erhaltung zu sorgen*), in einem tiefen Win-
terschlaf zubringen. Sie verkriechen sich, wenn
diese Zeit kommt, an sichre schaurige Orte; wie die
Murmelthiere, Hamster, Ameisen etc. in ihre
Nester, die Fledermäuse in Hölen, die Frösche und
einige Fische in Sümpfe, die Schlangen und Schne-
cken ins Gebüsch u. s. w. und fallen mit einbrechen-
der Kälte in eine Art von Erstarrung, aus der
sie erst durch die erwärmenden Blicke der Früh-
lingssonne wieder erweckt werden. Diese Er-
starrung ist so stark, daß die warmblütigen Thiere
während dieses Todtenschlafs nur unmerkliche
Wärme übrig behalten, und daß die Puppen
vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre Ver-
wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro-
ren sind, daß sie, dem Leben des darin schlafen-
den Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder
Glas klingen, wenn man sie auf die Erde fallen
läßt. Der Winterschlaf ist aber auch bey einer-
ley Thieren nach Verschiedenheit des Clima, oder
der Witterung bald länger bald kürzer. In har-
ten Wintern liegt z. B. das Murmelthier lange und
tief in seiner Höle unter der Erde verborgen, in
gelinden Wintern machts kein so tiefes Nest
und kommt im Frühjahr zeitiger wieder zum
Vorschein.

*) Ergo in hyemes aliis prouisum pabulum, aliis pro cibo
somnus
. plinivs.

ihre Erhaltung zu sorgen*), in einem tiefen Win-
terschlaf zubringen. Sie verkriechen sich, wenn
diese Zeit kommt, an sichre schaurige Orte; wie die
Murmelthiere, Hamster, Ameisen ꝛc. in ihre
Nester, die Fledermäuse in Hölen, die Frösche und
einige Fische in Sümpfe, die Schlangen und Schne-
cken ins Gebüsch u. s. w. und fallen mit einbrechen-
der Kälte in eine Art von Erstarrung, aus der
sie erst durch die erwärmenden Blicke der Früh-
lingssonne wieder erweckt werden. Diese Er-
starrung ist so stark, daß die warmblütigen Thiere
während dieses Todtenschlafs nur unmerkliche
Wärme übrig behalten, und daß die Puppen
vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre Ver-
wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro-
ren sind, daß sie, dem Leben des darin schlafen-
den Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder
Glas klingen, wenn man sie auf die Erde fallen
läßt. Der Winterschlaf ist aber auch bey einer-
ley Thieren nach Verschiedenheit des Clima, oder
der Witterung bald länger bald kürzer. In har-
ten Wintern liegt z. B. das Murmelthier lange und
tief in seiner Höle unter der Erde verborgen, in
gelinden Wintern machts kein so tiefes Nest
und kommt im Frühjahr zeitiger wieder zum
Vorschein.

*) Ergo in hyemes aliis prouisum pabulum, aliis pro cibo
somnus
. plinivs.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000024">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0053" xml:id="pb033_0001" n="33"/>
ihre Erhaltung zu sorgen<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p><hi rendition="#aq">Ergo in hyemes aliis prouisum                         pabulum, aliis pro <hi rendition="#i">cibo<lb/>
somnus</hi>. <hi rendition="#k">plinivs</hi>.</hi></p></note>, in einem tiefen Win-<lb type="inWord"/>
terschlaf zubringen. Sie verkriechen sich, wenn<lb/>
diese                         Zeit kommt, an sichre schaurige Orte; wie die<lb/>
Murmelthiere, Hamster,                         Ameisen &#xA75B;c. in ihre<lb/>
Nester, die Fledermäuse in Hölen, die Frösche                         und<lb/>
einige Fische in Sümpfe, die Schlangen und Schne-<lb/>
cken ins Gebüsch u. s. w. und fallen mit einbrechen-<lb/>
der                         Kälte in eine Art von Erstarrung, aus der<lb/>
sie erst durch die erwärmenden                         Blicke der Früh-<lb/>
lingssonne wieder erweckt werden. Diese                         Er-<lb/>
starrung ist so stark, daß die warmblütigen                         Thiere<lb/>
während dieses Todtenschlafs nur unmerkliche<lb/>
Wärme übrig                         behalten, und daß die Puppen<lb/>
vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre                         Ver-<lb/>
wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro-<lb type="inWord"/>
ren sind, daß sie, dem Leben des darin schlafen-<lb type="inWord"/>
den Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder<lb/>
Glas klingen,                         wenn man sie auf die Erde fallen<lb/>
läßt. Der Winterschlaf ist aber auch                         bey einer-<lb/>
ley Thieren nach Verschiedenheit des Clima,                         oder<lb/>
der Witterung bald länger bald kürzer. In har-<lb/>
ten Wintern liegt z. B. das Murmelthier lange und<lb/>
tief in seiner Höle                         unter der Erde verborgen, in<lb/>
gelinden Wintern machts kein so tiefes                         Nest<lb/>
und kommt im Frühjahr zeitiger wieder zum<lb/>
Vorschein.</p>
        </div>
        <div n="2">
</div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0053] ihre Erhaltung zu sorgen *), in einem tiefen Win- terschlaf zubringen. Sie verkriechen sich, wenn diese Zeit kommt, an sichre schaurige Orte; wie die Murmelthiere, Hamster, Ameisen ꝛc. in ihre Nester, die Fledermäuse in Hölen, die Frösche und einige Fische in Sümpfe, die Schlangen und Schne- cken ins Gebüsch u. s. w. und fallen mit einbrechen- der Kälte in eine Art von Erstarrung, aus der sie erst durch die erwärmenden Blicke der Früh- lingssonne wieder erweckt werden. Diese Er- starrung ist so stark, daß die warmblütigen Thiere während dieses Todtenschlafs nur unmerkliche Wärme übrig behalten, und daß die Puppen vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre Ver- wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro- ren sind, daß sie, dem Leben des darin schlafen- den Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder Glas klingen, wenn man sie auf die Erde fallen läßt. Der Winterschlaf ist aber auch bey einer- ley Thieren nach Verschiedenheit des Clima, oder der Witterung bald länger bald kürzer. In har- ten Wintern liegt z. B. das Murmelthier lange und tief in seiner Höle unter der Erde verborgen, in gelinden Wintern machts kein so tiefes Nest und kommt im Frühjahr zeitiger wieder zum Vorschein. *) Ergo in hyemes aliis prouisum pabulum, aliis pro cibo somnus. plinivs.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/53
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/53>, abgerufen am 22.12.2024.