völlig, verlohrne Theile ihres Körpers von selbst wieder ergänzen. Sie gehört zu den weisesten Einrichtungen in der Natur, und sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: sie ist folglich auch nebst der Ernährung überhaupt, einer der grösten Vorzüge, wodurch die Ma- schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei- tem über die grösten Kunstwerke der Menschen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger keine Kraft mittheilen können ihre Triebfedern und Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt und abgenutzt würden, von selbst wieder her- zustellen: eine Kraft, die hingegen die All- macht jedem Thier und jeder Pflanze - nur in verschiedenem Maaße - beygelegt hat. Viele organisirte K. verlieren zu bestimmten Zeiten, gewisse Theile ihres Körpers von freyen Stük- ken, die ihnen nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häutung der Schlangen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern der Pflanzen u. s. w. gehört. Man könnte dieß die natürliche Reproduction nennen. Die andre hingegen ist die ausserordentliche von der hier eigentlich die Rede ist, da nemlich den organisirten K. zu- mal den Thieren Wunden, Beinbrüche etc. ge- heilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und verlohrne Theile wieder ersetzt werden. Der
völlig, verlohrne Theile ihres Körpers von selbst wieder ergänzen. Sie gehört zu den weisesten Einrichtungen in der Natur, und sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: sie ist folglich auch nebst der Ernährung überhaupt, einer der grösten Vorzüge, wodurch die Ma- schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei- tem über die grösten Kunstwerke der Menschen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger keine Kraft mittheilen können ihre Triebfedern und Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt und abgenutzt würden, von selbst wieder her- zustellen: eine Kraft, die hingegen die All- macht jedem Thier und jeder Pflanze – nur in verschiedenem Maaße – beygelegt hat. Viele organisirte K. verlieren zu bestimmten Zeiten, gewisse Theile ihres Körpers von freyen Stük- ken, die ihnen nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mausern der Vögel, die Häutung der Schlangen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern der Pflanzen u. s. w. gehört. Man könnte dieß die natürliche Reproduction nennen. Die andre hingegen ist die ausserordentliche von der hier eigentlich die Rede ist, da nemlich den organisirten K. zu- mal den Thieren Wunden, Beinbrüche ꝛc. ge- heilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und verlohrne Theile wieder ersetzt werden. Der
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000023"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0033"xml:id="pb021_0001"n="21"/>
völlig, verlohrne Theile ihres Körpers von<lb/>
selbst wieder ergänzen. Sie gehört zu den<lb/>
weisesten Einrichtungen in der Natur, und<lb/>
sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend<lb/>
Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: sie<lb/>
ist folglich auch nebst der Ernährung überhaupt,<lb/>
einer der grösten Vorzüge, wodurch die Ma-<lb/>
schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei-<lb/>
tem über die grösten Kunstwerke der Menschen<lb/>
erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger<lb/>
keine Kraft mittheilen können ihre Triebfedern<lb/>
und Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt<lb/>
und abgenutzt würden, von selbst wieder her-<lb/>
zustellen: eine Kraft, die hingegen die All-<lb/>
macht jedem Thier und jeder Pflanze – nur in<lb/>
verschiedenem Maaße – beygelegt hat. Viele<lb/>
organisirte K. verlieren zu bestimmten Zeiten,<lb/>
gewisse Theile ihres Körpers von freyen Stük-<lb/>
ken, die ihnen nachher wieder reproducirt<lb/>
werden; wohin das Abwerfen der Geweihe,<lb/>
das Mausern der Vögel, die Häutung der<lb/>
Schlangen, der Raupen, das Schälen der<lb/>
Krebse, das Entblättern der Pflanzen u. s. w.<lb/>
gehört. Man könnte dieß die natürliche<lb/>
Reproduction nennen. Die andre hingegen ist<lb/>
die ausserordentliche von der hier eigentlich<lb/>
die Rede ist, da nemlich den organisirten K. zu-<lb/>
mal den Thieren Wunden, Beinbrüche ꝛc. ge-<lb/>
heilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und<lb/>
verlohrne Theile wieder ersetzt werden. Der<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[21/0033]
völlig, verlohrne Theile ihres Körpers von
selbst wieder ergänzen. Sie gehört zu den
weisesten Einrichtungen in der Natur, und
sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend
Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: sie
ist folglich auch nebst der Ernährung überhaupt,
einer der grösten Vorzüge, wodurch die Ma-
schinen aus der Hand des Schöpfers bey wei-
tem über die grösten Kunstwerke der Menschen
erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger
keine Kraft mittheilen können ihre Triebfedern
und Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt
und abgenutzt würden, von selbst wieder her-
zustellen: eine Kraft, die hingegen die All-
macht jedem Thier und jeder Pflanze – nur in
verschiedenem Maaße – beygelegt hat. Viele
organisirte K. verlieren zu bestimmten Zeiten,
gewisse Theile ihres Körpers von freyen Stük-
ken, die ihnen nachher wieder reproducirt
werden; wohin das Abwerfen der Geweihe,
das Mausern der Vögel, die Häutung der
Schlangen, der Raupen, das Schälen der
Krebse, das Entblättern der Pflanzen u. s. w.
gehört. Man könnte dieß die natürliche
Reproduction nennen. Die andre hingegen ist
die ausserordentliche von der hier eigentlich
die Rede ist, da nemlich den organisirten K. zu-
mal den Thieren Wunden, Beinbrüche ꝛc. ge-
heilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und
verlohrne Theile wieder ersetzt werden. Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/33>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.