Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 90.

Die Classification der Vögel ist weniger
Schwierigkeiten unterworfen, als der Säuge-
thiere ihre. Ihre Bildung ist, im Ganzen
genommen, nicht so mannichfaltig, sondern
einfacher: und gewisse Theile ihres Körpers,
wie der Schnabel und die Füsse, die sich auf
ihre ganze Lebensart, Nahrung etc. beziehen,
bestimmen schon an sich so viel vom ganzen Ha-
bitus der Vögel, daß man, dem natürlichen
System unbeschadet, schon davon die Charak-
tere der Ordnungen und Geschlechter entlehnen
kan. Die mehresten Ornithologen haben da-
her auch ihre Classification auf die Verschieben-
hell des einen oder des andern von den genann-
ten Theilen gegründet; Klein z. B. auf die
Bildung der Zehen, Möhring auf die Be-
deckung der Füsse, Brisson auf beides in
Verbindung mit der Beschaffenheit des Schna-
bels u. s. w. Linne nimmt in dem Plan
seines Systems der Vögel auch auf die Bil-
dung mehrerer Theile zugleich, und so ziem-
lich auf den ganzen Habitus, Rücksicht: nur
scheint er sich in der Ausführung zuweilen
vergessen zu haben: wenigstens begreift man
nicht, wie Papagey, Colibrit und Krähe bey
ihm eine Ordnung verbunden, hingegen der
Dudu und Casuar in zwey Ordnungen von ein-
ander gerissen, und mehr Verbindungen oder
Trennungen dieser Art zugelassen werden durften.

§. 90.

Die Classification der Vögel ist weniger
Schwierigkeiten unterworfen, als der Säuge-
thiere ihre. Ihre Bildung ist, im Ganzen
genommen, nicht so mannichfaltig, sondern
einfacher: und gewisse Theile ihres Körpers,
wie der Schnabel und die Füsse, die sich auf
ihre ganze Lebensart, Nahrung ꝛc. beziehen,
bestimmen schon an sich so viel vom ganzen Ha-
bitus der Vögel, daß man, dem natürlichen
System unbeschadet, schon davon die Charak-
tere der Ordnungen und Geschlechter entlehnen
kan. Die mehresten Ornithologen haben da-
her auch ihre Classification auf die Verschieben-
hell des einen oder des andern von den genann-
ten Theilen gegründet; Klein z. B. auf die
Bildung der Zehen, Möhring auf die Be-
deckung der Füsse, Brisson auf beides in
Verbindung mit der Beschaffenheit des Schna-
bels u. s. w. Linne nimmt in dem Plan
seines Systems der Vögel auch auf die Bil-
dung mehrerer Theile zugleich, und so ziem-
lich auf den ganzen Habitus, Rücksicht: nur
scheint er sich in der Ausführung zuweilen
vergessen zu haben: wenigstens begreift man
nicht, wie Papagey, Colibrit und Krähe bey
ihm eine Ordnung verbunden, hingegen der
Dudu und Casuar in zwey Ordnungen von ein-
ander gerissen, und mehr Verbindungen oder
Trennungen dieser Art zugelassen werden durften.

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000023">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0186" xml:id="pb174_0001" n="174"/>
          <head rendition="#c">§. 90.</head><lb/>
          <p>Die Classification der Vögel ist weniger<lb/>
Schwierigkeiten unterworfen, als der Säuge-<lb/>
thiere ihre. Ihre Bildung ist, im Ganzen<lb/>
genommen, nicht so mannichfaltig, sondern<lb/>
einfacher: und gewisse Theile ihres Körpers,<lb/>
wie der Schnabel und die Füsse, die sich auf<lb/>
ihre ganze Lebensart, Nahrung &#xA75B;c. beziehen,<lb/>
bestimmen schon an sich so viel vom ganzen Ha-<lb/>
bitus der Vögel, daß man, dem natürlichen<lb/>
System unbeschadet, schon davon die Charak-<lb/>
tere der Ordnungen und Geschlechter entlehnen<lb/>
kan. Die mehresten Ornithologen haben da-<lb/>
her auch ihre Classification auf die Verschieben-<lb/>
hell des einen oder des andern von den genann-<lb/>
ten Theilen gegründet; Klein z. B. auf die<lb/>
Bildung der Zehen, Möhring auf die Be-<lb/>
deckung der Füsse, Brisson auf beides in<lb/>
Verbindung mit der Beschaffenheit des Schna-<lb/>
bels u. s. w. Linne nimmt in dem Plan<lb/>
seines Systems der Vögel auch auf die Bil-<lb/>
dung mehrerer Theile zugleich, und so ziem-<lb/>
lich auf den ganzen Habitus, Rücksicht: nur<lb/>
scheint er sich in der Ausführung zuweilen<lb/>
vergessen zu haben: wenigstens begreift man<lb/>
nicht, wie Papagey, Colibrit und Krähe bey<lb/>
ihm eine Ordnung verbunden, hingegen der<lb/>
Dudu und Casuar in zwey Ordnungen von ein-<lb/>
ander gerissen, und mehr Verbindungen oder<lb/>
Trennungen dieser Art zugelassen werden durften.</p>
        </div>
        <div n="2">
</div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0186] §. 90. Die Classification der Vögel ist weniger Schwierigkeiten unterworfen, als der Säuge- thiere ihre. Ihre Bildung ist, im Ganzen genommen, nicht so mannichfaltig, sondern einfacher: und gewisse Theile ihres Körpers, wie der Schnabel und die Füsse, die sich auf ihre ganze Lebensart, Nahrung ꝛc. beziehen, bestimmen schon an sich so viel vom ganzen Ha- bitus der Vögel, daß man, dem natürlichen System unbeschadet, schon davon die Charak- tere der Ordnungen und Geschlechter entlehnen kan. Die mehresten Ornithologen haben da- her auch ihre Classification auf die Verschieben- hell des einen oder des andern von den genann- ten Theilen gegründet; Klein z. B. auf die Bildung der Zehen, Möhring auf die Be- deckung der Füsse, Brisson auf beides in Verbindung mit der Beschaffenheit des Schna- bels u. s. w. Linne nimmt in dem Plan seines Systems der Vögel auch auf die Bil- dung mehrerer Theile zugleich, und so ziem- lich auf den ganzen Habitus, Rücksicht: nur scheint er sich in der Ausführung zuweilen vergessen zu haben: wenigstens begreift man nicht, wie Papagey, Colibrit und Krähe bey ihm eine Ordnung verbunden, hingegen der Dudu und Casuar in zwey Ordnungen von ein- ander gerissen, und mehr Verbindungen oder Trennungen dieser Art zugelassen werden durften.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/186
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/186>, abgerufen am 25.11.2024.