durch den Gebrauch seiner Vernunft, die ihn zum Herrn der übrigen Schöpfung macht, nach seiner Willkür ungemein viel am Naturell der Thiere abändern, so daß wir uns keines der oben genannten Stücke entsinnen, was nicht Men- schenkunst an diesen oder jenen Thieren gleich- sam umzuschaffen vermocht hätte. Der Mensch hat sich ganze Gattungen anderer Thiere unter- jocht, sie aus der Wildnis genommen, und zu Hausthieren gemacht. Er hat Elephanten und Raubthiere gebändigt, und zu seinen Diensten oder zu seiner Belustigung abgerichtet; hat Spinnen gezähmt, Adler und Seemöven an blosses Brod gewöhnt; und hat die Antipathie der Thiere zu dämpfen, und Hunde, Katzen, Mäuse, Sperlinge etc.*) zu gemeinschaftlichen Tischgenossen zu machen gewußt.
§. 39.
Die Anzal der Gattungen von Thieren zu bestimmen, kennen wir unsre Erde noch zu we- nig. Von dem was wir wissen, auf das was uns noch davon unbekannt ist, zu schliessen, kann man ihrer ohngefähr dreyßigtausend anneh- men. Da wir so viele Thiere blos versteint, und noch nicht in Natur kennen, so haben eini- ge berühmte Männer geschlossen, daß wol manche Gattungen ja ganze Geschlechter ausgestorben seyn möchten. Dagegen läßt sich nun zwar
*)cappelleriihist. Pilati montis. p. 150.
durch den Gebrauch seiner Vernunft, die ihn zum Herrn der übrigen Schöpfung macht, nach seiner Willkür ungemein viel am Naturell der Thiere abändern, so daß wir uns keines der oben genannten Stücke entsinnen, was nicht Men- schenkunst an diesen oder jenen Thieren gleich- sam umzuschaffen vermocht hätte. Der Mensch hat sich ganze Gattungen anderer Thiere unter- jocht, sie aus der Wildnis genommen, und zu Hausthieren gemacht. Er hat Elephanten und Raubthiere gebändigt, und zu seinen Diensten oder zu seiner Belustigung abgerichtet; hat Spinnen gezähmt, Adler und Seemöven an blosses Brod gewöhnt; und hat die Antipathie der Thiere zu dämpfen, und Hunde, Katzen, Mäuse, Sperlinge ꝛc.*) zu gemeinschaftlichen Tischgenossen zu machen gewußt.
§. 39.
Die Anzal der Gattungen von Thieren zu bestimmen, kennen wir unsre Erde noch zu we- nig. Von dem was wir wissen, auf das was uns noch davon unbekannt ist, zu schliessen, kann man ihrer ohngefähr dreyßigtausend anneh- men. Da wir so viele Thiere blos versteint, und noch nicht in Natur kennen, so haben eini- ge berühmte Männer geschlossen, daß wol manche Gattungen ja ganze Geschlechter ausgestorben seyn möchten. Dagegen läßt sich nun zwar
*)cappelleriihist. Pilati montis. p. 150.
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durch den Gebrauch seiner Vernunft, die ihn
zum Herrn der übrigen Schöpfung macht, nach
seiner Willkür ungemein viel am Naturell der
Thiere abändern, so daß wir uns keines der oben
genannten Stücke entsinnen, was nicht Men-
schenkunst an diesen oder jenen Thieren gleich-
sam umzuschaffen vermocht hätte. Der Mensch
hat sich ganze Gattungen anderer Thiere unter-
jocht, sie aus der Wildnis genommen, und zu
Hausthieren gemacht. Er hat Elephanten und
Raubthiere gebändigt, und zu seinen Diensten
oder zu seiner Belustigung abgerichtet; hat
Spinnen gezähmt, Adler und Seemöven an
blosses Brod gewöhnt; und hat die Antipathie
der Thiere zu dämpfen, und Hunde, Katzen,
Mäuse, Sperlinge ꝛc. *) zu gemeinschaftlichen
Tischgenossen zu machen gewußt.
§. 39.
Die Anzal der Gattungen von Thieren zu
bestimmen, kennen wir unsre Erde noch zu we-
nig. Von dem was wir wissen, auf das was
uns noch davon unbekannt ist, zu schliessen,
kann man ihrer ohngefähr dreyßigtausend anneh-
men. Da wir so viele Thiere blos versteint,
und noch nicht in Natur kennen, so haben eini-
ge berühmte Männer geschlossen, daß wol manche
Gattungen ja ganze Geschlechter ausgestorben
seyn möchten. Dagegen läßt sich nun zwar
*) cappellerii hist. Pilati montis. p. 150.
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/65>, abgerufen am 03.01.2025.
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