von der Ziege; daher wir Pennant's Behaup- tung, daß unsere Hausziegen vom Steinbock ur- sprünglich abstammeten, unmöglich beypflichten können. Wenn der Steinbock ganz jung gefan- gen wird, so ist er leicht zu zähmen, und läßt sich, wie man im Walliserlande versucht hat, mit den Heerden der Hausziegen auf die Weide führen. Den, den wir lebendig gesehen haben, war im Grindelwalde gefangen, und selbst in der ganzen Schweiz als eine grosse Seltenheit herum geführt worden. Er war überaus flink und mun- ter, aber doch ganz kirre, und gegen seinen Herrn sehr schmeichelnd.
4. +. Rupicapra. die Gemse. C. mento im- berbi, cornibus erectis uncinatis.
Faesi Erdbeschr. der Eidgenossenschaft, Th. I. S. 34. u. f.
Ridinger Entw. ein. Th. N. 72.
Die Gemse hat einerley Vaterland mit der vo- rigen Gattung, doch wagt sie sich nie auf die äußersten Felsenspitzen, die der Steinbock be- wohnt, sondern hält sich mehr in den mittlern Berggegenden, und zwar theils auf kahlen Stein- klippen, theils im Gehölze und Buschwerk auf. Die Gemsen, die blos auf den Klippen wohnen, sind kleiner und dunkler von Farbe, als die so auch ins Gebüsch gehen. Jene nennt man in der Schweiz Gratthiere, diese Waldthiere. In ihrer übrigen Oekonomie sind aber beide Arten einan- der gleich. Sie leben in Gesellschaft, sind furcht- samer im Klettern und Springen als der Stein- bock, und stellen auf der Weide einen aus ihrem Mittel auf die Wache, der das Vorthier oder die Vorgeyß genannt wird, und der beym mindesten Geräusch durch einen besondern Ton
von der Ziege; daher wir Pennant's Behaup- tung, daß unsere Hausziegen vom Steinbock ur- sprünglich abstammeten, unmöglich beypflichten können. Wenn der Steinbock ganz jung gefan- gen wird, so ist er leicht zu zähmen, und läßt sich, wie man im Walliserlande versucht hat, mit den Heerden der Hausziegen auf die Weide führen. Den, den wir lebendig gesehen haben, war im Grindelwalde gefangen, und selbst in der ganzen Schweiz als eine grosse Seltenheit herum geführt worden. Er war überaus flink und mun- ter, aber doch ganz kirre, und gegen seinen Herrn sehr schmeichelnd.
4. †. Rupicapra. die Gemse. C. mento im- berbi, cornibus erectis uncinatis.
Faesi Erdbeschr. der Eidgenossenschaft, Th. I. S. 34. u. f.
Ridinger Entw. ein. Th. N. 72.
Die Gemse hat einerley Vaterland mit der vo- rigen Gattung, doch wagt sie sich nie auf die äußersten Felsenspitzen, die der Steinbock be- wohnt, sondern hält sich mehr in den mittlern Berggegenden, und zwar theils auf kahlen Stein- klippen, theils im Gehölze und Buschwerk auf. Die Gemsen, die blos auf den Klippen wohnen, sind kleiner und dunkler von Farbe, als die so auch ins Gebüsch gehen. Jene nennt man in der Schweiz Gratthiere, diese Waldthiere. In ihrer übrigen Oekonomie sind aber beide Arten einan- der gleich. Sie leben in Gesellschaft, sind furcht- samer im Klettern und Springen als der Stein- bock, und stellen auf der Weide einen aus ihrem Mittel auf die Wache, der das Vorthier oder die Vorgeyß genannt wird, und der beym mindesten Geräusch durch einen besondern Ton
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von der Ziege; daher wir Pennant's Behaup-
tung, daß unsere Hausziegen vom Steinbock ur-
sprünglich abstammeten, unmöglich beypflichten
können. Wenn der Steinbock ganz jung gefan-
gen wird, so ist er leicht zu zähmen, und läßt
sich, wie man im Walliserlande versucht hat,
mit den Heerden der Hausziegen auf die Weide
führen. Den, den wir lebendig gesehen haben,
war im Grindelwalde gefangen, und selbst in der
ganzen Schweiz als eine grosse Seltenheit herum
geführt worden. Er war überaus flink und mun-
ter, aber doch ganz kirre, und gegen seinen Herrn
sehr schmeichelnd.
4. †. Rupicapra. die Gemse. C. mento im-
berbi, cornibus erectis uncinatis.
Faesi Erdbeschr. der Eidgenossenschaft, Th.
I. S. 34. u. f.
Ridinger Entw. ein. Th. N. 72.
Die Gemse hat einerley Vaterland mit der vo-
rigen Gattung, doch wagt sie sich nie auf die
äußersten Felsenspitzen, die der Steinbock be-
wohnt, sondern hält sich mehr in den mittlern
Berggegenden, und zwar theils auf kahlen Stein-
klippen, theils im Gehölze und Buschwerk auf.
Die Gemsen, die blos auf den Klippen wohnen,
sind kleiner und dunkler von Farbe, als die so auch
ins Gebüsch gehen. Jene nennt man in der
Schweiz Gratthiere, diese Waldthiere. In ihrer
übrigen Oekonomie sind aber beide Arten einan-
der gleich. Sie leben in Gesellschaft, sind furcht-
samer im Klettern und Springen als der Stein-
bock, und stellen auf der Weide einen aus ihrem
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/140>, abgerufen am 28.11.2024.
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