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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779.

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bey Tannenzapfen und Fichtenäpfeln darben.
Das Vorgeben vieler Naturforscher, daß die Eich-
hörnchen den Winter durchschliefen, ist irrig;
hingegen hat sich neuerlich die alte Sage bestäti-
get, daß sie auf Stücken Baumrinde bey Wind-
stille übers Wasser schiffen, und mit dem Schwan-
ze gleichsam rudern. In Verhältnis ihrer Grösse
haben sie ungemeine Stärke, so daß ein altes
Eichhörnchen Lasten von vielen Pfunden fortzu-
schleppen vermag. Wenn sie recht zufrieden sind,
klatschen sie mit der Zunge; im Zorn aber ist
ihre Stimme ein murksen. Die vortheilhafte
Gestalt, die schönen Augen, die ausnehmende
Lebhaftigkeit, die grosse Reinlichkeit, und andere
empfelende Qualitäten, machen die Eichhörnchen
ohne Widerrede zu den artigsten und amüsante-
sten Europäischen Thieren. So wild sie von Na-
tur scheinen, so leicht lassen sie sich doch, zumal
in ihrer Jugend, zu ausserordentlich zahmen und
sanften Geschöpfen umbilden. Wir haben ein
Eichhörnchen gekannt, was dem Rufe seiner Ge-
bieterin folgte, sich auf ihr Geheis zur Ruhe
legte, sich zuweilen in benachbarte Gärten, selbst
jenseits eines kleinen Flusses verirrte, und doch
wieder den Weg nach Hause fand.

Ganz Europa, fast ganz Asien und das nörd-
liche America, ist das Vaterland der Eichhörn-
chen. Die Nordischen, zumal an den Ufern des
Obi und am Baikal-See, werden im Winter grau,
und geben dann das bekannte Grauwerk, pe-
tit gris
; das Büffon mit Unrecht von einer be-
sondern grossen Nordamerikanischen Gattung ab-
leitet. Zuweilen finden sich auch schwarze Eich-
hörnchen; sehr selten aber Schneeweisse mit Rosen-
rothen Augen, die doch, wie die Negres blancs,
und wie die weissen Mäuse, Patienten, und keine
besondern Varietäten sind.

bey Tannenzapfen und Fichtenäpfeln darben.
Das Vorgeben vieler Naturforscher, daß die Eich-
hörnchen den Winter durchschliefen, ist irrig;
hingegen hat sich neuerlich die alte Sage bestäti-
get, daß sie auf Stücken Baumrinde bey Wind-
stille übers Wasser schiffen, und mit dem Schwan-
ze gleichsam rudern. In Verhältnis ihrer Grösse
haben sie ungemeine Stärke, so daß ein altes
Eichhörnchen Lasten von vielen Pfunden fortzu-
schleppen vermag. Wenn sie recht zufrieden sind,
klatschen sie mit der Zunge; im Zorn aber ist
ihre Stimme ein murksen. Die vortheilhafte
Gestalt, die schönen Augen, die ausnehmende
Lebhaftigkeit, die grosse Reinlichkeit, und andere
empfelende Qualitäten, machen die Eichhörnchen
ohne Widerrede zu den artigsten und amüsante-
sten Europäischen Thieren. So wild sie von Na-
tur scheinen, so leicht lassen sie sich doch, zumal
in ihrer Jugend, zu ausserordentlich zahmen und
sanften Geschöpfen umbilden. Wir haben ein
Eichhörnchen gekannt, was dem Rufe seiner Ge-
bieterin folgte, sich auf ihr Geheis zur Ruhe
legte, sich zuweilen in benachbarte Gärten, selbst
jenseits eines kleinen Flusses verirrte, und doch
wieder den Weg nach Hause fand.

Ganz Europa, fast ganz Asien und das nörd-
liche America, ist das Vaterland der Eichhörn-
chen. Die Nordischen, zumal an den Ufern des
Obi und am Baikal-See, werden im Winter grau,
und geben dann das bekannte Grauwerk, pe-
tit gris
; das Büffon mit Unrecht von einer be-
sondern grossen Nordamerikanischen Gattung ab-
leitet. Zuweilen finden sich auch schwarze Eich-
hörnchen; sehr selten aber Schneeweisse mit Rosen-
rothen Augen, die doch, wie die Negres blancs,
und wie die weissen Mäuse, Patienten, und keine
besondern Varietäten sind.

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[78/0100] bey Tannenzapfen und Fichtenäpfeln darben. Das Vorgeben vieler Naturforscher, daß die Eich- hörnchen den Winter durchschliefen, ist irrig; hingegen hat sich neuerlich die alte Sage bestäti- get, daß sie auf Stücken Baumrinde bey Wind- stille übers Wasser schiffen, und mit dem Schwan- ze gleichsam rudern. In Verhältnis ihrer Grösse haben sie ungemeine Stärke, so daß ein altes Eichhörnchen Lasten von vielen Pfunden fortzu- schleppen vermag. Wenn sie recht zufrieden sind, klatschen sie mit der Zunge; im Zorn aber ist ihre Stimme ein murksen. Die vortheilhafte Gestalt, die schönen Augen, die ausnehmende Lebhaftigkeit, die grosse Reinlichkeit, und andere empfelende Qualitäten, machen die Eichhörnchen ohne Widerrede zu den artigsten und amüsante- sten Europäischen Thieren. So wild sie von Na- tur scheinen, so leicht lassen sie sich doch, zumal in ihrer Jugend, zu ausserordentlich zahmen und sanften Geschöpfen umbilden. Wir haben ein Eichhörnchen gekannt, was dem Rufe seiner Ge- bieterin folgte, sich auf ihr Geheis zur Ruhe legte, sich zuweilen in benachbarte Gärten, selbst jenseits eines kleinen Flusses verirrte, und doch wieder den Weg nach Hause fand. Ganz Europa, fast ganz Asien und das nörd- liche America, ist das Vaterland der Eichhörn- chen. Die Nordischen, zumal an den Ufern des Obi und am Baikal-See, werden im Winter grau, und geben dann das bekannte Grauwerk, pe- tit gris; das Büffon mit Unrecht von einer be- sondern grossen Nordamerikanischen Gattung ab- leitet. Zuweilen finden sich auch schwarze Eich- hörnchen; sehr selten aber Schneeweisse mit Rosen- rothen Augen, die doch, wie die Negres blancs, und wie die weissen Mäuse, Patienten, und keine besondern Varietäten sind.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/100>, abgerufen am 28.11.2024.