Schlüsselbeine mangeln ihnen, damit die Füße von beyden Seiten einander besser ausweichen, und mit- hin die Last des Körpers leichter und fester tragen können. Uiberdieß haben die vierfüßigen Thiere ent- weder ein längeres Brustbein, oder mehrere Rippen, welche weiter an den Rand des Hüftbeines (Crista ilei) herabgehen, um die Eingeweide des Unterlei- bes in der Lage des horizontalen Rumpfes zu halten. Dies alles aber verhält sich anders bey dem zweyfü- ßigen Menschen. Seine Brust ist flacher, die Schul- tern durch die Schlüsselbeine weit von einander abge- sondert, der Brustknochen kurz, der Unterleib mehr als bey den genannten Thieren der beinernen Stützen entblößt, und anderes der Art mehr, was keinem, der auch nur wenige Skelette vier- besonders lang- füßiger Thiere, etwas aufmerksam mit dem mensch- lichen vergleicht, wird entgehen können, was denn alles zeigt, wie unpassend der Bau des Menschen zum Gange auf Vieren sey, daß er nicht anders als unsicher, schwankend, äußerst beschwerlich und er- müdend für ihn seyn könnte *).
§. 6. B) Das menschliche Becken breit und flach.
Dem bisher gesagten giebt die Betrachtung des menschlichen Beckens die größte Bekräftigung, dessen ganz besondere Bildung ebenfalls ein unterscheidendes Kennzeichen ist, wodurch sich der Mensch wunderbar weit von den Menschenähnlichen Affen, und im
Allge-
*) Mehreres hierüber siehe in Ger. Vrolik unter Seb. Just. Brugmanns Präs. vertheidigter Dissert. de ho- mine ad statum gressumque erectum per corporis fabri- cam disposito. Leiden 1795. 8.
Schluͤſſelbeine mangeln ihnen, damit die Fuͤße von beyden Seiten einander beſſer ausweichen, und mit- hin die Laſt des Koͤrpers leichter und feſter tragen koͤnnen. Uiberdieß haben die vierfuͤßigen Thiere ent- weder ein laͤngeres Bruſtbein, oder mehrere Rippen, welche weiter an den Rand des Huͤftbeines (Criſta ilei) herabgehen, um die Eingeweide des Unterlei- bes in der Lage des horizontalen Rumpfes zu halten. Dies alles aber verhaͤlt ſich anders bey dem zweyfuͤ- ßigen Menſchen. Seine Bruſt iſt flacher, die Schul- tern durch die Schluͤſſelbeine weit von einander abge- ſondert, der Bruſtknochen kurz, der Unterleib mehr als bey den genannten Thieren der beinernen Stuͤtzen entbloͤßt, und anderes der Art mehr, was keinem, der auch nur wenige Skelette vier- beſonders lang- fuͤßiger Thiere, etwas aufmerkſam mit dem menſch- lichen vergleicht, wird entgehen koͤnnen, was denn alles zeigt, wie unpaſſend der Bau des Menſchen zum Gange auf Vieren ſey, daß er nicht anders als unſicher, ſchwankend, aͤußerſt beſchwerlich und er- muͤdend fuͤr ihn ſeyn koͤnnte *).
§. 6. B) Das menſchliche Becken breit und flach.
Dem bisher geſagten giebt die Betrachtung des menſchlichen Beckens die groͤßte Bekraͤftigung, deſſen ganz beſondere Bildung ebenfalls ein unterſcheidendes Kennzeichen iſt, wodurch ſich der Menſch wunderbar weit von den Menſchenaͤhnlichen Affen, und im
Allge-
*) Mehreres hieruͤber ſiehe in Ger. Vrolik unter Seb. Juſt. Brugmanns Praͤſ. vertheidigter Diſſert. de ho- mine ad ſtatum greſſumque erectum per corporis fabri- cam diſpoſito. Leiden 1795. 8.
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Schluͤſſelbeine mangeln ihnen, damit die Fuͤße von
beyden Seiten einander beſſer ausweichen, und mit-
hin die Laſt des Koͤrpers leichter und feſter tragen
koͤnnen. Uiberdieß haben die vierfuͤßigen Thiere ent-
weder ein laͤngeres Bruſtbein, oder mehrere Rippen,
welche weiter an den Rand des Huͤftbeines (Criſta
ilei) herabgehen, um die Eingeweide des Unterlei-
bes in der Lage des horizontalen Rumpfes zu halten.
Dies alles aber verhaͤlt ſich anders bey dem zweyfuͤ-
ßigen Menſchen. Seine Bruſt iſt flacher, die Schul-
tern durch die Schluͤſſelbeine weit von einander abge-
ſondert, der Bruſtknochen kurz, der Unterleib mehr
als bey den genannten Thieren der beinernen Stuͤtzen
entbloͤßt, und anderes der Art mehr, was keinem,
der auch nur wenige Skelette vier- beſonders lang-
fuͤßiger Thiere, etwas aufmerkſam mit dem menſch-
lichen vergleicht, wird entgehen koͤnnen, was denn
alles zeigt, wie unpaſſend der Bau des Menſchen
zum Gange auf Vieren ſey, daß er nicht anders als
unſicher, ſchwankend, aͤußerſt beſchwerlich und er-
muͤdend fuͤr ihn ſeyn koͤnnte *).
§. 6.
B) Das menſchliche Becken breit und flach.
Dem bisher geſagten giebt die Betrachtung des
menſchlichen Beckens die groͤßte Bekraͤftigung, deſſen
ganz beſondere Bildung ebenfalls ein unterſcheidendes
Kennzeichen iſt, wodurch ſich der Menſch wunderbar
weit von den Menſchenaͤhnlichen Affen, und im
Allge-
*) Mehreres hieruͤber ſiehe in Ger. Vrolik unter Seb.
Juſt. Brugmanns Praͤſ. vertheidigter Diſſert. de ho-
mine ad ſtatum greſſumque erectum per corporis fabri-
cam diſpoſito. Leiden 1795. 8.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/58>, abgerufen am 22.02.2025.
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